Montag, 12. Oktober 2020

ökologische Marktwirtschaft mittels unterschiedlicher Umsatzsteuersätze

Zur Transformation des Wirtschaftssystems in Deutschland und Europa hin zu einer ökologisch-sozialen marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung schlage ich vor, Preisbeeinflussungen vorzunehmen durch unterschiedlich hoch ausgestaltete Umsatzsteuersätze für unterschiedliche Produktgruppen. Diese sollten sich danach richten, wie nachhaltig die Herstellung und der Verbrauch der jeweiligen Produktgruppen sind.

Dabei schlage ich ein stufenweises Anpassungsystem mit einem 5-Jahreszeitraum vor, um Produzenten die Möglichkeit zu geben, sich den steuerlichen Faktoren anzupassen und ihre Produktion auf nachhaltigere Produkte und Verfahren umzustellen. Es ist darauf zu achten, dass der Fiskus genug Geld einnimmt, aber nicht zu viel Kaufkraft abschöpft. Gegebenfalls muss nachgesteuert werden, ohne die Steuerungswirkung ggü. der Nachhaltigkeit zu vernachlässigen. Losbasierte Bürgerräte sollten in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Konkrete Beispiele            

Produktkategorie  /  Jahr 2021  /  nach 5 Jahren

pflanzliche Biolebensmittel   /   0%   /   5%

tierische Biomilch u.ä.  /   5%  /   7% (wie jetzt)

Biofleisch  / 10%  /  20%

pflanzliche Lebensmittel /  7% (wie jetzt)  / 15%

Milch   /  8%  /  20%

Fleisch    /   10%  /   30%-40%

Flugbenzin (zur Zeit 0%) /  25% /   50%

Schiffsdiesel (zur Zeit 0%?)   /  5%  /  25%

Es ist dabei auch zu untersuchen inwieweit Kosten für eine stufenweise sich erhöhende CO2 Abgabe bereits preistreibend wirken.


Einordnungsvorschläge für Potentiale nachhaltigen Wirtschaftens

Mir wurde gestern ein Kapitel ab Seite 52 aus dem Buch von Walter Kahlenborn / Jens Clausen / Siegfried Behrendt / Edgar Göll (Hg.) "Auf dem Weg zu einer Green Economy - Wie die sozialökologische Transformation gelingen kann" zur Lektüre empfohlen. 

Es kann kostenlose hier heruntergeladen werden.

Die Autoren schlagen drei Transformationswege hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft vor:

Effizienz, Konstistenz und Suffizienz. 

Nach meinem Verständnis bedeutet Effizienz planetare Ressourcen deutlich effizienter als bisher einzusetzen. Konsistenz bedeutet, sie im Einklang mit der Gesamtsituation einzusetzen. Suffizienz bedeutet, sich dabei mit dem zu begnügen, was man wirklich braucht.

Zu Effizienz ist eine Marktwirtschaft grundsätzlich in der Lage. Es ist sozusagen systemimmanent.

Konsistenz lässt sich mit einer ökologischen Marktwirtschaft erreichen. Dazu benötigt es allerdings nach meiner Erfahrung Bürgerinnenversammlungen als gängige Praxis, um den Einfluss von Lobbygruppen von gewinnorientierten Unternehmen auszugleichen und sicherzustellen, dass zum Beispiel die Emissionen von CO2 ausreichend hoch bepreist wwerden.

Näheres zu Bürgerinnenversammlungen findet sich bei Mehr Demokratie eV und extinction rebellion

Suffizienz korrespondiert gut mit Unternehmen, die nicht auf Erwerb und Gewinnmaximierung ausgerichtet sind, sondern auf Versorgung mit Grundbedürfnissen. Siehe zum Beispiel die Unterscheidung von Max Weber zu Erwerbswirtschaft und Bedarfswirtschaft. Genossenschaften sind nach meinem Dafürhalten beispielsweise die ideale bedarfswirtschaftliche Unternehmensform für die Grundversorgung mit Wohnraum, der ein sehr relevanter Sektor beim Klimaschutz darstellt. Dennoch ist die Unternehemensform allein kein Garant, dass sich eine passende Praxis herausstellt.  Großgenossenschaften können aber wie Gesellschaften insgesamt über das Pendant von Bürgerinnenversammlungen als Mitgliederjurys ihrem Potential gerecht werden.

Insoweit lassen sich alle drei Bereiche Effizienz, Konstistenz und Suffizienz potentiell innerhalb unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung verwirklichen. Man muss also nicht auf Errungenschaften wie die Gewerbefreiheit und die freie Wahl der Unternehmensform verzichten. 

Dennoch halte ich es noch ein weiten Weg hin zu eine nachhaltigen Praxis zu finden. Ob die Zeit dafür reicht, dass die Gesellschaften Staaten und Unternehmen, Menschen sich in diese Richtung wandeln, bleibt abzuwarten. Sonst käme es, wie die Autoren pointiert formulieren, zu einer Transformation by Desaster statt einer Transformation by Design (Seite 52). So oder so sind wir Menschen eine Weggemeinschaft.

Mein Forschungsinteresse liegt auf der Betriebswirtschaftslehre. Wenn diese anerkennt, dass sie zwei Säulen hat als Unternehmenslehre, eine ertrags-/erwerbswirtschaftliche/gewinnorientierte und eine subsistente/bedarfswirtschaftliche/nutzenorientierte, dann kann sie weiterbestehen bzw. auf dieser Basis weiter entwickelt werden.