Mittwoch, 18. Juni 2014

rechtliche Betreuung von der Politik seit Jahren vernachlässigt und unterfinanziert

Als rechtlicher Betreuer möchte ich hiermit auf aktuellen Mißstände im Betreuungswesen in Deutschland aufmerksam machen.

Rechtliche Betreuung ist die Besorgung von Rechtsgeschäften für Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung, die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist. Dazu zählen Entscheidungen im gesundheitlichen Bereich zu Operationen und zu intensivmedizinischen lebensverlängernden Maßnahmen, die Vertretuung gegenüber Sozialbehörden, der Hartz IV-Behörde,  Vermietern, Kranken-und Pflegekassen, der GEZ und Trägern der Behindertenhilfe und Seniorenheimen, die Organisation und Kontrolle von Pflegediensten oder die Regelung von Finanz-,  Vermögens- und Schuldenangelegenheiten. In vielen Fällen leisten dies Angehörige ehrenamtlich. In schwierigen Fällen oder wenn sich keine ehrenamtliche Person finden lässt, leisten dies selbständige vom Gericht kontrollierte Berufsbetreuer, die von kommunalen Fachbehörden nach Eignung und Kenntnissen ausgewählt und begleitet werden.

Da Menschen immer älter werden und der Anteil der an Demenz Erkrankten in der Altersgruppe über 80 Jahre gleich blieb, stieg in den letzten Jahren der Bedarf rechtlicher Betreuungen Jahr für Jahr. Dadurch stiegen die Kosten für berufsmäßig geführte Betreuungen, die bis auf Klienten mit eigenem Vermögen aus den Haushalten der Bundesländer bezahlt werden. Die Politik versuchte diese Kostensteigerung zu deckeln, indem sie

1. einen äußerst knapp bemessene Zeitpauschale einführte,
2. einen Stundensatz vorgab, der viel niedriger angesetzt war, als dass er für eine qualitativ angemessene Arbeit in oft sehr anspruchsvollen Situationen angemessen war und
3. den Stundensatz über einen sehr langen Zeitraum nicht an die allgemeine Lohnentwicklung anpasste.

Im Ergebnis führte das dazu, daß rechtliche Betreuer/innen ihre Klienten nicht mehr ausreichend gut betreuen können, da sie ihr Zeitbudget nur noch für die allerwichtigsten Dinge einsetzen können. Da Verwaltungstätigkeiten oft nicht vermeidbar sind, müssen deshalb oft die persönlichen Besuche stark eingeschränkt werden. Auskömmlich leben können Berufsbetreuer in der Regel nicht mehr, der Aufbau einer Altersvorsorge ist oft nicht mehr möglich. Manche Berufsbetreuer powern sich über Jahre aus, indem sie mehr Betreuungen übernehmen, als sie eigentlich leisten können und scheiden irgendwann mit einem Burn-Out aus. Andere bescheiden sich mit einem unangemessenen Lebensunterhalt und verzichten auf eine Altersvorsorge. Die Betreuten selbst sind aufgrund ihrer Behinderung das schwächste Glied in der Kette und haben die geringste Chance auf ihren Bedarf an einer angemessenen Betreuung gegenüber der Öffentlichkeit hinzuweisen oder noch als zu berücksichtigende Wählergruppe von Politikern ernst genommen zu werden.

Es gibt einen Berufsverband der Berufsbetreuer, bdb e.V., der versucht auf diese Mißstände gegenüber Politikern auf Bundes- und Länderebene hinzuweisen. Außer allgemeinen Lippenbekenntnissen über die Wichtigkeit von rechtlicher Betreuung kam von der Politik aber keine Unterstützung. Anders als zum Beispiel die Ärtzetlobby sind Berufsbetreuer nur eine vergleichsweise kleine Gruppe, die man aus Politikersicht als Wählergruppe vernachlässigen kann und die Mißstände sind schwer zu kommunizieren, sodaß sich hier kaum zivilgesellschaftlicher Druck aufbaut. Während Ärzte in Krankenhäusern schon mal streiken und Praxen schließen, hätte es kaum eine in der Öffentlichkeit bemerkbare Wirkung, wenn rechtliche Betreuer Angelegenheiten ihrer Klienten nicht mehr bearbeiten.

Ich arbeite seit 14 Jahren als Berufsbetreuer mit einer Ausbildung als Diplom-Betriebswirt (FH) , weil ich in diesem Beruf für andere Menschen meine Qualitäten als Notfallmanager sehr gut einbringen kann, sehr viel Dankbarkeit von meinen Klienten erfahre und meinen Beruf als Berufung erlebe. Ich weiß nicht, was man tun kann, um an den Mißständen etwas zu ändern, außer auf sie aufmerksam zu machen.