Bei Peira ist ein Artikel http://peira.org/aufrecht-in-den-untergang/ erschienen, den ich dort wie hier kommentiere:
Nach dem Lesen war ich hin- und hergeworfen zwischen Zustimmung und Ablehnung.
Der Autor betreibt nahe zu 100% Dekonstruktion, nimmst das System auseinander
und begründest das gut. Das ist in der Tat sinnvoll. Politische
Antworten der Piraten wie BGE sind für ihn subversiv also Teil der
Dekonstruktion und nicht konstruktiv. Für mich ist das BGE sehr
konstruktiv und seine Sichtweise neu aber nicht falsch. Ein Dilemma
einer neuen politischen Partei, die sich aus der Wahrnehmung gebildet
hat, dass etwas schief läuft, ist immer, wie schnell sie konstruktive
Lösungsansätze miteinbringt und damit sogar politisch durchdringt und
damit hilft ein System zu stabilisieren, das sie eigentlich kritisiert
und damit eine schärfere Systemkrise verhindert, die eigentlich
hilfreich wäre, um größere und nachhaltigere Veränderungen zu
ermöglichen. Das kommt zu dem banalen aber ebenfalls wichtigen Aspekt
hinzu, dass man oft Einigung erzielen kann, dass ein System schlecht
ist, dass das aber nicht bedeutet, dass die Änderungsvorschläge zu einer
besseren Welt führen würden, es kann immer noch schlimmer werden und
Einigkeit in der Problemanalyse heißt noch lange nicht Einigkeit in der
Lösungskonzeption. In der weiteren Analyse kommt der Autor zu der Bewertung,
dass Kräfte in der Partei, die an Lösungen arbeiten und die als Partei
in den parlamentarischen Prozess einbringen, reaktionär sind und aus der
Partei zu entfernen sind. Für eine politische Partei ist das
progressives Absurdistan.
Wie gehen wir aber mit so einer schwierigen Situation jetzt um, als
einzelne Menschen und als Piratenpartei/-bewegung, wie können wir
gleichzeitig subversiv in Bezug auf das derzeitige System sein und
konstruktiv als politische Partei an der Willensbildung teilnehmen, auf
Basis der freiheitlich demokratischen Grundordnung?
Ich glaube zu einer jungen Partei gehört beides, Dekonstruktion und
Konstruktion, dazu gehört, die Widersprüche, die das mit sich bringt,
auszuhalten und als Teil des Prozessen zu begreifen, als etwas
positives, lebendiges. Dazu gehört, unterschiedliche Anteile von beidem
bei einzelnen Piraten zu akzeptieren und das als wertvollen Teil des
Ganzen wahrzunehmen.
Das ganze hat sogar schon einen Namen, Ambiguitätstoleranz http://de.wikipedia.org/wiki/Ambiguit%C3%A4tstoleranz, passt gut zur Nerdkultur und der Realität des Internet, ist geistesgeschichtlich in der Tradition der Aufklärung etwas unter die Räder gekommen, aber durchaus wieder auf dem Vormarsch und hatte zum Beispiel in Blütezeiten des Isam eine gute Basis (siehe zum Beispiel Thomas Bauer, Die Kultur der Ambiguität, eine andere Geschichte des Islam).
Auf der konkreten Ebene zeigt BGE, dass das
wunderbar klappt, die einen finden das subversiv, die anderen
konstruktiv, mache finden beides und alle können zufrieden sein.
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