Welche Rolle sollte Rendite in
Wohnungsgenossenschaften spielen? Betriebswirtschaftlich bedeutet
Rendite den Gewinn, den eine bestimmte Investition im
Betrachtungszeitraum abwirft, also Gewinn in Prozent der eingesetzten
Summe. Ist es das eigene Kapital, das eingesetzt wird, spricht man
von Eigenkapitalrendite, ist es aufgenommenes Kapital, also Kredite,
spricht man von Fremdkapitalrendite und betrachtet man beides
zusammen, addiert es also, ergibt sich die Gesamtkapitalrendite.
Insoweit kann man sowohl Einzelinvesitionen wie zum Beispiel den Bau
einer Wohnanlage betrachten als auch ganze Unternehmen, diese mittels
Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung.
Da Gewinnerzielung in Genossenschaften
kein Selbstzweck ist und nicht gleichrangig mit dem Ziel der
Nutzenmaximierung für die Mitglieder ist, machen Gewinne nur
insoweit Sinn, wie Sie für die langfristige wirtschaftliche
Förderung der Mitglieder sinnvoll sind, indem sich das Unternehmen
durch Aufbau von zusätzlichem Eigenkapital - also der Zuführung
von Gewinnen eines Jahres in die Bilanz - so gut weiterentwickeln kann,
dass der langfristige Nutzen für die Mitglieder maximiert wird.
Mitglieder sind dabei jeweils die aktuellen Mitglieder, keine fiktiven, künftigen. Würde man zum Beispiel die Expansion in andere
geographische Regionen damit rechtfertigen, dass die künftigen
Wohnungsnutzer ebenfalls Mitglieder würden, würde das bedeuten,
dass man bereits jetzt Geld nicht mit Blick auf die eigenen
Mitglieder ausgibt bzw. auszugeben plant. Dies ist grundsätzlich
nicht möglich. Würde es doch getan, wäre das ein sicheres Zeichen,
dass die jeweilige Genossenschaft keine Genossenschaft mehr im Sinne
des Genossenschaftsgesetzes und vor allem der Genossenschaftsidee
ist, sondern nur noch dem Anschein nach.
Die Höhe der Beträge, die jährlich
als Gewinne erwirtschaftet und in die Eigenkapital-Rücklagen
eingestellt werden, sollten sich daran orientieren, wie viel
Eigenkapital für künftige Bautätigkeiten benötigt wird. Dazu muss
man den konkreten Bedarf der eigenen Mitglieder kennen hinsichtlich
Menge an nachgefragtem Wohnraum, Lage, Ausgestaltung und Preis. Als
Erfolgskontrolle sollte die Quote der Wohnungen, die von eigenen
Mitgliedern bei Erstbezug eines Neubaus angemietet werden, ermittelt und im
folgeden jährlichen Geschäftsbericht veröffentlicht werden.
Mitunter ist das Argument zu hören,
dass es wohnungswirtschaftlich geboten sei, mit einer bestimmten
Eigenkapitalrendite zu rechnen und dass diese bei mindestens 4,5%
läge und sich auch Wohnungsgenossenschaften danach ausrichten
müssten, weil sie ja auch wohnungswirtschaftlich solide agieren
müssen. Gerade in den aktuellen Zeiten, wenn die Zinsen für
Fremdkapital in Europa unter zwei Prozent gefallen sind, macht es
einen großen Unterschied, ob ich Nutzungsentgelte (Mieten) so
kalkuliere, dass beim Eigenkapital 4,5% erwirtschaftet werden müssen
oder 2-2,5%. Mir selbst liegt keine betriebswirtschaftliche
Herleitung vor, die zum Ergebnis kommt, dass 4,5% Eigenkapitalrendite
wohnungswirtschaftlich geboten ist. Falls jemand eine kennt,
wäre ich sehr interessiert, sie inhaltlich zu prüfen. Ein Blick in
die Schweiz zeigt allerdings, dass dort eine gesetztliche Regelung
existiert, die von allen Vermietern, seien es gewinnorientierte oder
gemeinwohlorientierte, verlangt, dass sie Wohnungen zu einer
sogenannten Kostenmiete anbieten. Diese wird so kalkuliert, dass zum
einen natürlich die Zinsen für aufgenomme Kredite in Ansatz
genommen werden dürfen und dass analog dazu Erträge für
bereitgestelltes Eigenkapital in Ansatz gebracht werden darf. Dieses
muss sich aber in der Höhe am üblichen Marktzins für Fremdkapital
orientieren und darf diesen nicht um mehr als 0,5 Prozentpunkte
übersteigen:
"Der zulässige Mietzins ergibt
sich aus den durch die vermietende Partei zu tragenden
Liegenschaftskosten (Fremdkapitalkosten, Unterhaltskosten und
Betriebskosten) und der Nettorendite auf dem eingesetzten
Eigenkapital. Das Eigenkapital entspricht der Differenz zwischen den
Anlagekosten und dem Fremdkapital. Auf dem jeweils aktualisierten
Eigenkapital darf nach geltender Rechtspraxis eine Rendite erzielt
werden, die den mietrechtlichen Referenzzinssatz um nicht mehr als
ein halbes Prozent übersteigt. "
Quelle:
Aus wohnungsgenossenschaftlicher Sicht
ist dies der maxmiale Prozentsatz, der für eine Eigenkapitalrendite angesetzt werden
sollte. Kann und darf eine Genossenschaft darunter bleiben?
Grundsätzlich ja. Letztlich handelt es sich ja um eine
Eigentümergemeinschaft, die sich nur auf ein sinnvolles Verfahren
einigen muss, zu welchen Beträgen sie die Nutzung der Wohnungen an
ihre Mitglieder innerhalb eines gemeinsamen Geschäftsbetriebes
möglich macht, so, dass sie dies auch langfristig gut tun kann.
Hierfür ist wie oben hergeleitet Rendite keine sehr sinnvolle
Kennzahl und es ist viel sinnvoller, darauf zu achten, dass jedes
Jahr in absoluten Beträgen so viel Eigenkapital gebildet wird, dass
künftige Bautägigkeiten in einem sinnvollen Mix von Fremd- und
Eigenkapital finanziert werden können. Dazu bedarf es neben einer
sehr genauen Kenntnis der Bedarfe der eigenen Mitglieder einer
ausreichend genauen Liquiditätsplanung über einen längeren
Zeitraum, der auch quantitativ Neubauvorhaben und gebenenfalls
Ersatzbauten berücksichtigt. Ich halte hier einen Zehnjahreszeitraum
für nicht übertrieben. Selbst ein 20-Jahreszeitraum wäre etwas, was
eine Unternehmensführung dahingehend prüfen sollte, ob sie damit zu sinnvollen, d.h. ausreichend genauen
Aussagen zu einem vertretbaren Aufwand kommt.
Noch zwei weitergehende Hinweise:
Es wäre interessant zu erfahren, wie der wichtigste Prüfungsverband von Wohnungsgenossenschaften, der GDW und seine Unterverbände zur Frage der Rendite, auch zu den 4,5% stehen.
Im Zusammenhang mit der Diskussion über den Berliner Mietendeckel, scheint mir die Schweizer Lösung der Kostenmiete vom Grundsatz her viel geeigneter, zu nachhaltig verträglichen Entwicklungen im Bereich Wohnen in Metropolen zu kommen, als die Preishammermethode der staatlichen Preisbestimmung, wie er mit dem Berliner Mietendeckel versucht wird. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich gerne mehr über das Schweizer System lernen, was daran gut funktioniert, was nicht und im Austausch mit anderen schauen, was man für andere Metropolen übernehmen kann. Es ist schade, dass von Seiten des GDW hier kein Initiative kam, die Kostenmiete ins Spiel zu bringen. Da der GDW aber eben nicht nur Genossenschaften vertritt, ist dies letztlich verständlich. Dies zeigt einmal mehr, dass es wichtig wäre, wenn Wohnungsgenossenschaften sich bundesweit in einem eigenen Verband vernetzen und eigenes Know How aufbauen. Letztlich heist dass ja nicht, dass sie nicht auch im GDW Mitglied sein können mit Blick auf Fragen, die alle Wohnungsunternehmen gleichermassen betreffen. Ein solcher Verband könnte zum Beispiel zu Fragen wie dem Mietendeckel oder auch zum Thema Erbaugrundstücke und Vergabe öffentlicher Grundstücke eigene Akzente setzen, die uns als Gesellschaft insgesamt deutlich weiter bringen.