Zur Frage einer zweiten bedarfswirtschaftlich-nutzenmaximierenden Säule in der ABWL ergänzend zu einer erwerbswirtschaftlich-gewinnmaximierenden war es für mich inspirierend, in die Habilitationsschrift von Michaela Haase "Institutionenökonomische Betriebswirtschaftstheorie: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre auf sozial- und institutionentheoretischer Grundlage" zu sehen [Gabler Verlag, 2000]:
Haase schildert im Kapitel 2 "Ausgangssituation" eine Krise in der ABWL unter anderem dahingehend, dass in der Lehre und Forschung Spezialisierungen nach Branchen und betrieblichen Funktionen dominieren, aber auch hinsichtlich der Frage, ob sie Teil der Wirtschaftswissenschaft sei oder Teil einer Verhaltenswissenschaft, welche selbst wieder in ihrer Ausrichtung umstritten sei.
Sieht man die ABWL als Teil der Wirtschaftswissenschaft an, die Theoriebildung betreibt, um der Praxis relevante normative Aussagen zur Verfügung stellen zu können, kann man fragen, zu welchen Aussagen die ABWL seit und mit Erich Gutenberg gefunden hat und ob diese den Aufwand lohnen, wozu diese dienen können als allgemeiner Orientierungsrahmen und/oder weitergehend, ob sie immer noch eine gewisse Originalität haben. Eine Aussage bei Gutenberg war zum Beispiel, dass, wenn in einer Marktwirtschaft Produktionsfaktoren relativ breit verfügbar sind, und es viele potentielle Konkurrenten gibt, der Engpass zur Gewinnerzielung weniger in der Leistungserstellung als beim Absatz der Leistung an die Kunden liegt und dass deshalb das Produktionsprogramm dem Absatzplan folgen sollte und nicht umgekehrt. Dies gilt aber nur insoweit die Produkte verschiedener Unternehmen sich nur wenig unterscheiden und auch durch eine weitere Entwicklung wenig unterscheidbar gemacht werden können. Aktuell gibt es sicher wieder sehr viele Chancen, Produkte dadurch unterscheidbar zu machen, dass sie klimaneutral hergestellt werden und sichergestellt wird, dass in Vorstufen der Herstellung ebenfalls Klimaneutralität, sorgsamer Umgang mit Ressourcen, hohe Umweltschutzstandards aber auch gute Arbeitsbedingungen erfüllt werden. Bei der bei Haase diskutierten Spannung zwischen einer relativ aussagearmen ABWLund deren Verdrängung durch funktionale und sektorale BWLs fehlt erstaunlicherweise die Beobachtung, dass es unternehmensmorphologische unterschiedliche Verhältnisse in der BWL gibt, nämlich ob eben Unternehmen hauptsächlich auf Gewinnerzielung und Rendite ausgerichtet sind wie normale GmbHs und Aktiengesellschaften oder einen eher gemeinnützigen Charakter haben wie öffentliche Unternehmen, Stiftungsunternehmen, Unternehmen sozialer Träger wie zum Beispiel von Kirchen oder auch Genossenschaften als Selbsthilfevereine. Dass dies in der Diskussion in obigem Buch nicht vorkommt, könnte darauf hindeuten, dass die mögliche Stärkung der ABWL durch ein Zwei-Säulen-Modell hier auch in Bezug auf inhaltliche Aussagen wieder mehr Gewicht verleiht, weil sowohl die Gewinnmaximierung als auch die Nutzenmaximierung aus Nutzersicht zwei gleichberechtigte Zielgrößen darstellen, an der sich dann weitere normative Aussagen der ABWL orientieren können.
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