Sonntag, 11. Mai 2025

Hinweise zum Stand der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre (ABWL)

Ich plädiere hier auf dem Blog für eine bedarfswirtschaftliche Betriebwirtschaftslehre als 2. Säule innerhalb der allgemeinen BWL. Dafür ist es sinnvoll den Forschung- und Lehrsansatz ABWL selbst einzuordnen. Wolfgang Weber (verstorben 2019) schreibt 2018 in dem 1. Band zu einer Tagung des VHB,Verband der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V., zur Ideengeschichte der BWL (1), dass die ABWL eine Besonderheit der deutschprachigen BWL sei. Für den anglo-amerkanischen Raum sei eine weitgehende Zersplitterung der betriebswirtschaftlichen Teilgebiete typisch (S.28 er zitiert dafür (2)). Die Suche nach einer einheitlichen Perspektive und die Zusammenführung der Teilgebiete in Gesamtdarstelllungen sei dort nicht üblich. Aus den weiteren Aussagen Webers und der Literatur, die er dazu anführt, wird deutlich, dass die ABWL schon beginnend in den 1980er Jahren in einer sich bis heute verstärkenden Krise steckt, wenn nicht sogar um ihre Existenz ringt. Nach Weber sei  die ABWL mit der Identifizierung des Allgemeinen noch auf der Suche (s.32). Das kann ich bestätigen. Es gibt Autoren, die den Betriebsbegriff auch auf den Privathaushalt (!) ausdehnen, siehe mein Artikel zu Marcus Schweitzers und Marcel Schweitzers Artikel (3), (4)  und andererseits die Tendenz BWL mit gewinn- bzw renditeemaximierender Ausrichtung gleichzusetzen, zum Beispiel in der Investitionsrechnung. Deshalb kann die klare Strukturierung der ABWL mit einer gewinnmaximierenden erwerbswirtschaftlichen Säule und einer  Nutzer-nutzenmaximierenden bedarfswirtschaftlichen Säule hier wesentliche Klarheit schaffen. Dies kann  die ABWL womöglich insgesamt aus ihrem Schattendasein herausführen oder zumindest ein wichtiger Grundstein dafür sein, Weber schreibt es sei geboten, an der Diskussion in der BWL in den 1950er, 60er, 70er und 80er Jahre anzuknüpfen. Er zählt viele Autoren/Texte als positive Beispiele auf, unter anderem "die Darstellung des theoretischen Angebotes für die Betriebswirtschaftslehre insgesamt" von Schwaiger und Meyer, 2009 (5). Ich gebe Weber hier ausdrücklich recht. Wie ich letzten Sonntag schrieb, beschäftige ich mich gerade mit der bedarfswirtschaftichen Dissertation von Hans Schüler aus dem Jahr 1958, an die, soweit ich das sehe, noch nicht angeknüpft wurde. (6), (7) Ich werde mir das Buch von Schwaiger und Meyer näher ansehen und prüfen, wie die Autoren sich zu meinem Vorschlag stellen.

Literatur

(1) Wolfgang Weber, Allgemeine versus Spezielle Betriebswirtschaftslehre, in Wenzel Matiaske, Wolfgang Weber (Hrsg.), Ideengeschichte der BWL - ABWL, Organisation, Personal, Rechnungswesen und Steuern, Wiesbaden, 2018

(2) H.M. Schoenfeld, Betriebswirtschaftslehre im anglo-amerikanischen Raum, in  E. Groschla, W. Wittmann (Hrsg.) Handwörterbuch der Betriebswirtschaft,  4. Aufl. , Stuttgart 1974, S. 747-759

(3) Frank Giebel, Meine Auseinandersetzung mit "Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre unter Rationalitätsaspekten - Grundfragen der Betriebswirtschaftslehre" von Marcell Schweitzer und Marcus Schweitzer, Blog liberal und kooperativ, 2020

(4)  Marcell Schweitzer und Marcus Schweitzer. "Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre unter Rationalitätsaspekten - Grundfragen der Betriebsirtschaftslehre" in: Alexander Baumeister, Marcell Schweitzer, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre - Theorie und Politik des Wirtschaftens in Unternehmen, Berlin, 11. Auflage, 2015

(5) Manfred Schwaiger, Anton Meyer (Hrsg.), Theorien und Methoden der Betriebswirtschaft. Handbuch für Wissenschaftler und Studierende, München, 2009

(6) Frank Giebel, Zwei Hinweise zur Schaffung einer bedarfswirtschaftlichen Lehr- und Forschungsinstitution, Blog liberal und kooperativ, 2025

(7) Hans Schüler,  Probleme der Erfolgsmessung bei bedarfswirtschaftlichen Unternehmen, im besonderen bei Wohnungsunternehmen, Dissertation Universität Köln 1958 bei G. Weisser u. Korref. E. Gutenberg, veröffentlicht, Göttingen, 1959

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