Wo stehen wir in Europa heute?
Erstens haben sich traditionelle
deutsche Interessen an einer stabilen Währung und soliden
Haushaltspolitik offenkundig in Europa nicht durchsetzen können.
Rückblickend betrachtet muss sagen, dass eine gegenteilige
Erwartungshaltung sehr ambitioniert war. Unabhängig von den
Europäischen Verträgen und den politischen Akteuren und
Institutionen ist das europäische Projekt so weit fortgeschritten,
dass es soviel Masse hat, dass es quasi einfach weiter fährt.
Das heisst wir werden wohl eher eine
Weichwährung in Europa bekommen, bzw. kein Geld mit der Funktion
der Wertaufbewahrung, sondern eher ein Zahlungsmittel mit der
Funktion Kauf/Verkauf und Zahlungen zu ermöglichen. Deutsche werden
sich dem weiter anpassen, wie sie das bereits seit einigen Jahren tun,
insofern sie Immobilien und andere Sachwerte kaufen. Das Sparbuch und
die klassische Lebensversicherung haben ausgedient.
Etwas offener scheint die Frage, ob
Europa bereits eine Transferunion ist und bleibt. Hier muss
sich zeigen, wie die politische Willensbildung erfolgt.
Wie ist das insgesamt zu bewerten? Mit
einem Zahlungsmittel anstelle einer Währung kann man auch als
Deutscher leben. Letztlich ist hier wohl eine Mehrheit bereit dies als Nachteil für die europäische
Integration zu akzeptieren, quasi ein praktischer Kurs in „savoir
vivre“. Man kann sicher versuchen, das Zahlungmittel etwas stabiler
zu machen, aber ob dies ins Gewicht fällt, muss sich zeigen.
Vom übergeordneten Standpunkt aus
betrachtet gilt:
1. Der Wunsch nach einem vereinten
friedlichen Europa mit guten demokratischen Institutionen auf allen
Ebenen kann und sollte weiter verfolgt werden. Die Frage, wie die
Institutionen und die Politiken auszugestalten sind, damit in Europa
Ziele wie Freiheit, Lebensqualität und Wohlstand, soziale
Gerechtigkeit/Fairness und soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit
möglichst gut erreicht werden, ist im politischen Prozess zu
konkretisieren.
2. Es ist ziemlich transparent
geworden, dass Demokratie kein Automatismus ist und dass auch unsere
politischen Institutionen anfällig sind, an demokratischer Qualität
einzubüßen und letztlich in ihrer Qualität durch die Wachsamkeit
und die Beteiligung der Menschen immer wieder gestärkt werden
müssen. Das heisst, es hat sich gezeigt, dass Demokratie letztlich
nicht komplett deligiert werden kann, übrigens auch nicht an die
Piraten. Jeder Mensch, der sich politisch engagiert und
verantwortlich fühlt, ist grundsätzlich ein Gewinn für die
Gesellschaft.
Ein differenzierter Artikel zur Zukunft Europas hier:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/gastbeitrag-zur-zukunft-europas-der-grosse-preis-11886472.html