Samstag, 10. Oktober 2020

verblüffende Erkennntis gefunden bei Max Weber

Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Dann ist es klug, Abstand zu nehmen. Seit einigen Tagen habe ich versucht innerhalb der Wirtschaftswissenschaften zu recherchieren, welche Bedeutung in der Betriebswirtschaftslehre bzw in the "theory of the firm" die Gewinnmaximierung hat.  Hintergund war meine Erkenntnis, dass in der genossenschaftlichen Betriebswirtschaftslehre das Kalkül der Nutzenmaximierung für die Mitglieder gelten solle und gerade keine Gewinnmaximierung, auch wenn dies in der Praxis anders ist.

Meine Agenda dahinter war zu schauen, ob im Rahmen einer allgemeinen Betriebswirtschaftslehre es Sinn machen würde, eine zweite Säule einzuführen, neben einem Gewinnmaximierungskalkül für erwerbswirtschaftliche Unternehmensformen wie Aktiengesellschaften und GmbHs ein gleichberechtigtes Nutzenmaximierungskalkül für subsistenz- bzw. bedarfswirtschaftliche Unternehmensformen wie Genossenschaften und wirtschaftliche Vereine. Unter dem Erhalt der Gewerbefreiheit und der freien Wahl der Unternehmensform könnte so auch der normative wirtschaftswissenschaftliche Boden bereitet werden für eine stärke Verbreitung von bedarfsorientierter Unternehmensführung. Diese hätte in viel größeres Potential aus sich heraus zu einer nachhaltigen, das Leben auf diesem Planeten schützenden Unternehmensführung beizutragen, als auf Wachstum ausgelegte gewinnmaximierende Unternehmen in der Lage sind. Diese müssten sozusagen immer gezähmt werden durch eine ökologisch-soziale marktwirtschaftliche Ordnungspolitik. Solange diese suboptimal funktioniert und zum Beispiel zu leicht dem Druck von finanziell und personell gut ausgestatteten Lobbygruppen nachgibt und sich losbasierte Bürgerräte noch nicht als Korrektiv in der Praxis etabliert haben, passiert genau das, was derzeit passiert, dass im Bereich Klimaschutz und Artenschutz wir den Planenten an die Wand fahren.

Während sich bei einer ersten sehr groben Betrachtung unter wirtschaftswissenschaftlichen Autoren eine relativ große Bandbreite dazu ergab inwieweit Gewinnmaximierung für Unternehmen grundlegend oder strittig ist, siehe , fand ich erstaunliche Klarheit in "Wirtschaft und Gesellschaft" von Max Weber, der als Soziologe offenkundig über den notwendigen Abstand verfügte :)

 https://www.textlog.de/7766.html

"Gegenüber der Wirtschaft zur Deckung des eigenen Bedarfs ist die zweite Art des Wirtschaftens Wirtschaft zum Erwerb: die Ausnutzung des spezifisch ökonomischen Sachverhalts: [der] Knappheit begehrter Güter, zur Erzielung eigenen Gewinns an Verfügung über diese Güter."

Damit stellt Weber die Erwerbswirtschaft der Bedarfsdeckungswirtschaft gegenüber. Maja Göpel https://www.econstor.eu/handle/10419/182324 verweist auf Seite 58 pdf in "The Great Mindshift: How a New Economic Paradigm and Sustainability Transformations go Hand in Hand" auf Karl Polanyi aus seinem Buch "The Great Transformation. The Political and Economic Origins of our Times" entsprechend: "To Polanyi, the most powerful of those ideas was the substitution of the economic motive of subsistence with that of gain."

Inwieweit Ideen in der Praxis wirken oder nicht wird in der rational orientierten  Wirtschaftswissenschaft nicht primär untersucht.

Das Besondere an der genossenschaftlichen Unternehmensform in der Ausprägung als Fördergenossenschaften - zum Beispiel bei Wohnungsgenossenschaften, Energiegenossenschaften und Konsumgenossenschaften - und ihrer Betriebswirtschaftslehre ist, dass dadurch die Kunden die Mitglieder sind und zugleich die Unternehmenseigentümer und Kapitalgeber. Damit wird  Bedarfsdeckungsfunktion zum primären Unternehmensziel. Es verbindet sozusagen im Rahmen der Mikroökonomik die utility maximization/ Nutzenmaximierung der Konsumenten mit der Unternehmerökonomie.

Siehe theory of the firm mit Gewinnmaximierung ggü theory of the consumer mit Nutzenmaximierung als Teil der Mikroökonomie:A. Mas-Colell, M.D. Whinston, J.R.Green "Microeconomics, Oxford University Press, New York 1995, S. 50 "maximizing a consumption bundle" und S. 135 "We assume throughout this chapter that the firm's objective is to maximize its profit".."this is precisely total revenue minus total cost".

Es gibt dann kein für sich stehendes, nach oben offenes und damit nicht nachhaltiges Gewinn- oder Erwerbsziel mehr. Dies ist auf der einen Seite vielleicht weniger inspirierend oder weniger faszinierend als die Gewinnmaximieruing, da damit die Tür ins Unermessliche, in fantastische unbegreiflicher Reichtümer auch disruptive Veränderungen und Wandel damit geschlossen wird, wie sich dies zum Beipiel als Aussicht bei Aktiengesellschaften bietet. Man denke hier an Amazon, an dem man sich selbst als Kleinaktionöär hätte beteiligen können als schon klar war, dass es operativ funktioniert und das mittlerweile einen Marktwert von 1,3 Billionen Euro (Stand 07.10.2020) erreicht hat. Auf der anderen Seite passt es zu unserer Realtität, dass unser Planet als solcher endlich ist und solange wir darauf leben wollen, es gilt, das als Menschheit anzunehmen mit und seinen Resourcen und unseren Mitlebewesen sowohl aller anderen Menschen aber auch der Pflanzen und Tiere so umzugehen, dass wir anerkennen, dass sie unsere Mitgeschöpfe sind und ebenfalls berechtigte Interessen haben.

Was die Betriebswirtschaftslehre von Max Weber lernen kann, ist, die Einteilung von Unternehmen in wie weit sie sich primär erwerbswirtschaftliche Ziele oder Bedarfsdeckungsziele setzten.


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