"Bei Staatenbünden liegt die staatliche
Souveränität immer noch bei den einzelnen Staaten. Bei der
Gründung eines föderalen Gesamtstaates hingegen geben die
nachmaligen Gliedstaaten
– wie etwa in Deutschland und Österreich die
Länder/Bundesländer,
in der Schweiz die Kantone
oder in den USA
die Bundesstaaten
(states)
– ihre Souveränität teilweise an den Bund
ab"
Bei einem föderalen Europa würde also
staatliche Souveränität an eine europäisch Exekutive, Legislative
und Judikative abgegeben.
"Dies äußert
sich insbesondere dadurch, dass im Bundesstaat der Bund die
sogenannte Kompetenz-Kompetenz
(oder auch Kompetenzhoheit) besitzt. Diese ermöglicht es ihm, die
Kompetenzen zur Wahrnehmung neuer Staatsaufgaben aus seiner
eigenen Machtfülle heraus an sich zu binden. Die Gliedstaaten
können die Erfüllung von Staatsaufgaben nur in dem Maße selbst
leisten, wie ihnen die dafür nötigen Kompetenzen vom Bund
zugestanden werden. In Staatenbünden hingegen entscheiden die
einzelnen Staaten, ob sie dem Bund Kompetenzen überlassen wollen."
Aha, letztlich muss klar sein, wer das
Sagen hat.
In einer Demokratie mit einer
Verfassung sollte die Souveränität vom Volk ausgehen.
These 1: Solange sich in Europa die
überwiegende Mehrzahl der Menschen in ihrer Identität noch mehr als
Teil eines Staatsvolkes als als Teil des europäischen Volkes
begreifen, solange geht von den einzelnen Völkern die Souveränität
aus und solange sollte die Kompetenz-Kompetenz auf
nationalstaatlicher Ebene verbleiben.
These2: Langfristig ist die Vision
eines zentral verfassten Europas, legitimiert durch ein europäisches
Staatsvolk, dennoch sinnvoll.
These 3: Auch wenn die
Kompetenz-Kompetenz auf nationaler Ebene verbleibt, ist es sinnvoll
und möglich eine demokratisch verfasste europäische Föderation zu
schaffen, bei der eine europäische Exekutive, Legislative und
Judikative in einigen Politikbereichen die wichtigste Ebene
darstellt.
These 4: Um dort hinzugelangen, sollten
wir einen europaweiten Diskurs führen und die bestehende Europäische
Union auf dem jetzigen Stand fortführen, aber nicht versuchen
kurzfristig weiter Souveränität nach Brüssel abzugeben. Sollte der
Euro nicht mehr zu halten sein und die Euro-Zone (17 Staaten)
zerbrechen, sollten wir auf der Ebene der Europäischen Union (27
Staaten) auf der derzeitigen Vertragsbasis weiter zusammenarbeiten.
weitere Fragen:
Ist die Tatsache, dass in Europa viele
Sprachen gesprochen werden, die für die Menschen identitätsstiftend
sind, ein Hinderungsgrund, um langfristig zu einem europäischen
Staatsvolk als souveräner verfassungsgebender Ausgangspunkt für
eine europäische Föderation mit Bundesstaatscharakter zu gelangen?
Es erschwert sicher die Sache, ist aber kein absoluter
Hinderungsgrund. Die Schweiz zeigt, dass eine nationale Identität
auch bei mehreren Sprachen möglich ist. In der Schweiz gibt es aber
einen Gründungsmythos, der identitätsstiftend ist und eine
gemeinsame Geschichte. Und es gab wohl einen sehr großen Druck sich
gegen übermächtige Gegner zusammenzuschließen. Ich denke mit den
Erfahrungen aus dem 2. Weltkrieg und der historischen Entwicklung der
Europäischen Union, mit den „Gründervätern“ De Gaulle und
Adenauer haben auch wir eine identitätsstiftende Geschichte als
Europäer, eingebettet in den weiten historischen Kontext der
europäischen Geschichte mit der griechisch/römischen Zivilisation
und dem christlich-jüdischen Erbe. Ich denke aber, dass zu unserer
Geschichte kurz-und mittelfristig eher eine europäischen Föderation
passt, bei der die Kompetenz-Kompetenz noch auf nationalstaatlicher
Ebene liegt, als dazu bereits jetzt einen föderalen Bundesstaat nach
amerikanischem Vorbild zu gestalten. Ich glaube ein guter Umgang mit
der aktuellen Finanz-und Eurozonenkrise kann aber dazu beitragen in
diesem Sinne weiter zusammenzuwachsen. Das hiese für mich aber eher
Euroaustritte und Staatsinsolvenzen zuzulassen und dabei die
Erfahrung zu machen, dass uns das in Europa eben nicht
auseinanderreisst!
Würde in einem europäischen Bundesstaat
sich letztlich eine gemeinsame Amts- und Geschäftssprache
durchsetzen, was bei globaler Perspektive wohl Englisch wäre?
Ich
vermute ja und für mich persönlich wäre es in Ordnung, da ich
zwei Jahre in England gelebt habe. Ich vermute aber, dass es bei der
Mehrheit der Europäer dazu eher Vorbehalte gibt. Vielleicht entschärft sich aber bis dahin dieses Problem durch technische Hilfsmittel wie spracherkennungsbasierte simultane Übersetzungsprogramme auf Smartphones oder ähnlichem.