Mittwoch, 9. Dezember 2015

Rundumschlag

Gute politische Antworten liegen in der Regel in der Mitte. Doch wo ist die Mitte? Merkel ist als Kanzlerin per se in der Rolle, diese Mitte zu suchen und zu halten, um an der Macht bleiben zu können. Bisher hat sie es immer verstanden, diese Mitte zu halten sowohl in der Euro-Frage, bei der Abwendung von der Atomkraft, bei der Abschaffung der Wehrpflicht, bei der Mietpreisbremse oder beim Mindestlohn. Aus meiner Sicht hätte es im Bereich Eurokrise für Europa eine bessere politische Antwort gegeben, die Ergänzung des Euro um nationale Parallelwährungen in einigen süd- und nordeuropäischen Ländern, aber offensichtlich war dafür nicht genügend Mut vorhanden bzw. die derzeitige Lösung immer noch akzeptabel genug. Persönliche Präferenzen spielten für Merkel nur eine untergeordnete Rolle. Aktuell bekennt sie sich zu einer Einwanderungspolitik ohne Obergrenze in Übereinstimmung mit SPD und Grünen und versucht innerparteiliche Opposition durch kleinere Zugeständnisse zu integrieren. Wie schon beim Euro nimmt Merkel in Kauf, daß sich dadurch mit der AfD eine Partei rechts von CDU/CSU etabliert. Mittelfristig ist Deutschland damit wahrscheinlich auf SPD/CDU/CSU-Regierungen festgelegt.

Gute politische Antworten liegen zwar in der Mitte, um diese bestimmen zu können, bedarf es aber eines öffentlichen Diskurses, bei dem alle Seiten zu Wort kommen. In den USA nimmt Trump zur Zeit dezidiert provokante Gegenpositionen zu Obama ein und überflügelt damit seine innerparteilichen republikanischen Konkurrenten. Das heißt, die Amerikaner wollen diesen offenen Diskurs, der teilweise beleidigend ist lieber als einen eingehegten politisch-korrekten Diskurs. Ich halte es für wahrscheinlich, daß im Endeffekt Hillary Clinton gewählt werden wird, weil ihre Politik mehrheitsfähiger sein wird, auch weil der Anteil der hispanischen Einwanderer das frühere Pari zwischen Republikanern und Demokraten zu den Demokraten verschoben hat, aber auch kritische Töne waren damit Teil der öffentlichen Meinungsbildung. Daß jemand wie Trump mit so provokanten, teilweise sexistischen und ausländerfeindlichen Äußerungen soviel Zustimmung erfährt, ist ein Zeichen dafür, daß andere Kandidaten zu sehr davor zurückgeschreckt sind, auch strittige Themen in ihrer ganzen Komplexität aufzugreifen.

Auch in Deutschland und in Europa insgesamt ist unsere Diskursfähigkeit teilweise schwach. Dies zeigt sich an der Schwierigkeit, die viele damit haben, Parteien wie die AfD, den Front National oder auch Bewegungen wie Pegida als Teil des öffentlichen Diskurses zu akzeptieren. Es wird oft damit gearbeitet, nicht auf der Sachebene zu diskutieren, sondern die Personen mit der Nazikeule anzugreifen (aktuelle Beispiele Holger Zastrow in der FAZ http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/afd-die-neue-voelkische-bewegung-13937439.html und nachgelegt von Friederike Haupt http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/rechtsextremismus/alternative-fuer-deutschland-die-voelkische-bewegung-stellt-sich-vor-13950691.html oder Jakob Augstein im Spiegel http://www.spiegel.de/politik/deutschland/rechtes-denken-in-europa-die-voelkische-revolution-kolumne-a-1066432.html# ), von gewaltbereiten linksradikalen und antidemokratischen Aktivisten wie der Antifa ganz abgesehen. Dadurch entsteht natürlich das genaue Gegenteil dessen was beabsichtigt wird: Immer mehr Menschen erkennen, dass in der Sache der Diskurs einseitig wird und ergreifen Partei für die Positionen, die nicht ausreichend vorkommen. Aktuell erhalten Bewegungen, Parteien und Medien, die konservative Werte vertreten, deshalb europaweit Zulauf.

Wo könnte denn in der Einwanderungsfrage die politisch sinnvolle Antwort in der Mitte liegen, die sich als Mitte eines Diskurses versteht, der sowohl einwanderungsfreundliche als auch einwanderungskritische Positionen als Teil des Diskurses zulässt?

Und vor allem wo liegt diese politische mittige Antwort nicht nur für Deutschland sondern für Europa als Ganzes?

Mein Vorschlag dazu lautet wie folgt:

Die Integration von Millionen Migranten aus in weiten Teilen patriachalen, autoritären, vormodernen Gesellschaften stellt eine riesige Herausforderung für Europa dar. Wir können und wir werden das schaffen, weil die Werte der Aufklärung die bessere Basis ist um zusammenzuleben und diese selbst in der Auseinandersetzung mit autoritären vormodernen Weltanschaungen hervorgegangen ist. Die Antworten der Aufklärung werden sich als die  besseren Antworten langfristig global durchsetzen. Aber es wird sehr anstrengend und mit vielen Rückschlägen verbunden sein. Gewalt von radikalen Ausländerfeinden wird genauso wenig 100%ig vermeidbar sein wie Gewalt von islamischen Fundamentalisten und Europa die nächsten Jahre oder gar Jahrzehnte begleiten. Ein Rückgang dieser Gewalt wird nur dann gelingen, wenn wir aktiv für unsere Werte eintreten, falls diese verletzt oder mißachtet werden. Dabei wird Zivilcourage von Menschen abverlangt werden, die nicht so gut gebildet sind und in sozial schwachen Verhältnissen leben. Es wird immer wieder Auswüchse von Parallelgesellschaften geben und Wohngebiete geben, die drohen zu no-go-areas zu werden, Jeder, der sich davon überfordert fühlt, und sich lieber abschotten will, hat mein Verständnis. Jeder, der diese Aufgabe kleinredet oder für eine Selbstverständlichkeit hält, redet naiven Stuss. Auch Parteien, die sich für Abschottung einsetzen, sind Stimmen im demokratischen Diskurs, die es zu respektieren gilt. Dennoch ist es richtig, diesen Weg der Integration zu gehen. Die Welt wächst zusammen. Langfristig werden wir alle davon profitieren. Alle Kulturen sind grundsätzlich anschlussfähig an Demokratie und Aufklärung, weil diese Anschlußfähigkeit nicht nur in jedem Menschen angelegt ist, sondern seinem Potential weit besser entspricht als Rückständigkeit, Gewalt und Intoleranz. Bei manchen Denkgebäuden wie dem Islam muss noch viel auf der Strecke bleiben, bis er zu unserer offenen pluralistischen demokratischen Gesellschaft passt, zum Beispiel die sakrosankte Stellung von Mohamed und dem Koran und der Anspruch des Islam seit seiner Entstehung unter Mohamed eine Gesellschaft politisch zu prägen statt als eine Stimme unter vielen zu wirken und grundsätzlich die Trennung von Staat und Religion zu akzeptieren. 

Dienstag, 10. November 2015

In einem Finger treffen sich Zen-Buddhismus, Juden- und Christentum

Heute passierte mir etwas Erstaunliches.

Ich habe mich seit einiger Zeit mit dem Thema Beten beschäftigt und neben selbst geschriebenen Texten mich auch eines Satzes aus dem "Vater Unser" angenommen, mit dem ich bisher wenig anfangen konnte: "Deine Name werde geheiligt". Ich fand es 1. unlogisch, anzunehmen, daß die Schöpferin allen Seins darauf wert legt, daß ich Sie heilige, 2. fand ich Namen etwas Äußerliches und vergleichsweise Unwichtiges und 3. kenne ich gar keinen besonderen Namen für Gott, der sich mir zu "Heiligen" aufdrängt. Gab es 4. bei den Juden nicht sogar eine Tradition den Namen Gottes nicht auszusprechen, um ihn nicht zu entheiligen? Alles sehr merkwürdig. Es kam hinzu, daß ein liberaler Rabbi mir berichtete, daß er mit einem katholischen Priester gerade an einem Buch über das Vater Unser schrieb, da es viele Gemeinsamkeiten dabei gäbe, da auch andere jüdische Rabbis zu Jesu Zeit für ihre Schüler ähnliche Gebete zusammengestellt hätten. Ich hatte zwar selber viele Gemeinsamkeiten zwischen liberalem Judentum, dem historischen Jesus und meiner eigenen spirituellen Intuiton festgestellt, aber dieser Satz widersprach meiner eigenen Intuiton.

Als ich deshalb dem Satz "Dein Name werde geheiligt" im Internet nachspürte, sties ich auf eine Predigt von Horst Kannemann über diesen Satz, die mich sehr erschütterte. http://www.ref-kirchengeschichte.de/2267-0-84-9.html Er bezieht sich dabei auf eine Massenerschießung von Juden in der Ukraine durch die SS, über die ein Zeitzeuge bei den Nürnburger Prozessen aussagte. Ein jüdischer Vater, der zusammen mit seinem Sohn vor dem offenen Massengrab steht, versucht, beider Tod unmittelbar vor Augen, seinen Sohn zu trösten und ihm zu helfen, indem er mit dem gestreckten Zeigefinger zum Himmel weist. Für Kannemann war dies das gelebte Gebet des Satzes "Dein Name werde geheiligt". Der jüdische Vater hilft seinem Sohn, indem er auf die göttliche Wirklichkeit hinweist, die stärker als Leid und Tod ist, und in der er und sein Sohn sicher bleiben. "Dein Name werde geheiligt" ist damit kein Gebet, um Gott zu gefallen oder ihm den gebührenden Respekt zu erweisen, eine eher unangenehme religiöse Pflicht zu erfüllen, sondern ist ein Bekenntnis, das weit in die Welt wirkt: Es tröstet wahrscheinlich den Sohn und gibt ihm Kraft, die nächsten Schritte mit mehr Seelenfrieden zu gehen bis er und sein Vater in Kürze im göttlichen Frieden vereint sind. Es hilft vielleicht auch einigen anderen Juden, die den selben Weg gehen, es mag auch einigen SS-Schergen in Erinnerung bleiben und vielleicht einen Weg zur Reue zeigen, wenn sie sich später mit ihren Greueltaten konfrontiert sehen. Und es wirkt weit in die Welt hinein zu Menschen, die die Geschichte lesen oder hören und die etwas in ihnen anstösst. Es kann uns Menschen heute helfen, die wir uns fragen wie nach solchen ungerechten Grausamkeiten wir überhaupt noch weiterleben können: Indem wir uns ebenfalls hier auf der Erde in diese überirdische Wirklichkeit begeben, auf die der Zeigefinger diesen jüdischen Mannes hinweist.

Wie überrascht war ich, als mir wenige Tage später die gleiche Geste in einem Gespräch von Eckhart Tolle mit Wayne W. Dyer "The importance of being extraordinary" begegnete. Dem Hinweis von Tolle geht zunächst eine Bemerkung von Dyer voraus. Dieser zitiert die Dichterin Mary Oliver, die auf die Frage, was das Geheimnis eines erleuchteten Lebens sei, geantwortet habe: 1. pay attention (sei aufmerksam), 2. be astonished (erlaube Dir zu staunen) und 3. tell other people (erzähle anderen davon). Dyer und Tolle setzen Aufmerksamkeit dann mit Achtsamkeit gleich und Tolle erzählt von einem japanischen Zen-Lehrer, dessen einzige Lehre darin bestanden habe, dass er, wenn man ihn fragte, was Zen sei, den Zeigefinger hob und den Fragesteller anschaute. Tolle tat es ihm in dem Gespräch gleich und sagt, das ist die Bedeutung von Zen. Es gehe dabei um Präsenz, das sei die ganze Lehre. Intuitiv habe ich gespürt, dass die Geste EINE Bedeutung hat, die Präsenz im hier und jetzt, die Zen bewusst machen will, ist eine andere Persepektive auf die gleiche Präsenz, auf die der Jude kurz vor seinem Sterben hinweist, indem er auf die Präsenz Gottes hinweist. Auch diese ist "hier", hier im das Irdische transzendierenden Sinne. Derjenige, der die Geste vollzieht, ist Teil dieses "hier", manifestiert damit die göttliche Präsenz auch im Irdischen hier, holt sie quasi herüber bzw. macht sie sichtbar. Ganz praktisch macht ein nach oben gehaltener Zeigefinger beides, er fokussiert auf das hier und jetzt in einer deutlichen weil einfachen Form und er weist in eine Richtung, über die irdische Welt hinaus. So vereint er beide Aspekte.








Donnerstag, 30. Juli 2015

Eurozone practising clientelism with Greece

Corruption and clientelism http://liberalundkooperativ.blogspot.de/2015/07/klientelismus-als-grundprinzip-der.html are rightly seen as very detrimental for successful modern societies. The sociologist Rainer Lepsius explained clientelism as dominating a society if the question "What can you do well and contribute? is replaced by the question "To whom do you belong?" It looks like Greece as a country suffering from clientelism since centuries has adopted just this client-patron-relationship with the Eurozone when its government and parliament accepted the austerity measures and further credits and backing of the path of Grexit which would have meant more risk but also more chances to develop own strengths. The Eurozone dominated by the principle to stay together "at any price" independent of economic reasoning and current rules & treaties thus has adopted the role of patron.

Clientelism practiced by Eurozone institutions is the last thing we should accept on our way to further develop a modern European society.

Klientelismus als Grundprinzip der Eurozone

Alle wettern zurecht gegen Korruption und  Klientelismus https://de.wikipedia.org/wiki/Klientelismus. Der Soziologe Rainer Lepsius https://de.wikipedia.org/wiki/M._Rainer_Lepsius hat Klientelismus so veranschaulicht, daß in einer Gesellschaft, die davon geprägt ist, die Grundfrage nicht lautet "Was kannst Du?" sondern "Zu wem gehörst Du? Zu Griechenland als am Klientelismus leidendenes Land http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/griechenland-fessel-klientelismus-11865503.html kann man die aktuelle Entscheidung der griechischen Regierung und des Parlamentes, die Sparauflagen zu akzeptieren, weitere Hilfsgelder anzunehmen und nicht den Schritt zum Grexit und der Selbstverantwortlichkeit zu wagen interpretieren als das Einnehmen der Klient-Beziehung zum Patron EU in seinen Institutionen Kommission, Europäischer Rat und EZB. Auch die Eurozone hat mit dem Primat des Zusammenbleibens koste es was es wolle die Rolle des Patrons angenommen. Das Gegenstück einer vom Klientelismus geprägten Gesellschaft ist die Leistungsgesellschaft, auf deren Grundprinzipien, insbesondere der individuellen Freiheit, der Erfolg westlicher Gesellschaften beruht.
 
Klientelismus als Grundprinzip der Eurozone ist das letzte was wir politisch anstreben sollten.
 

Samstag, 18. Juli 2015

Schwarmintelligenz zum Grexit

Die Leserkommentare der BBC haben zur aktuellen Entwicklung in Griechenland
folgendes Leser-Statement am höchsten bewertet (zur Stellungnahme von Varoufakis, daß der Bailout nicht funktionieren wird http://www.bbc.com/news/world-europe-33578778):

"Why is it everyone except euro politicians can see this is merely prolonging the inevitable? Greece should take the Grexit option, short term pain but more to gain later.
What we have now is eurozone countries, especially France and Germany, determined to make a failed political experiment work at any cost and to the detriment of smaller EU countries.The euro as a currency has failed,end of story"

http://www.bbc.com/news/world-europe-33578778

Die Seite ist mit Sicherheit nicht von AFD-Sympathisanten oder deutschen Nationalisten dominiert.

Ökonomisch nennt sich die kurzfristige Verschlechterung nach einer starken Währungsabwertung und die mittelfristige Verbesserung der Handelsbilanz und des Wohlstandes eines Landes J-Curve Effekt, der sich lt. Wikipedia empirisch belegen lässt https://de.wikipedia.org/wiki/J-Kurve .

Warum setzt sich die Vernunft nicht durch?

Sicher gibt es geopolitische Aspekte, Griechenland zum Beispiel aus Sicht der USA in der Eurozone zu halten.

Vor allem sehe ich aber psychologische Effekte: eine ganze Politikergeneration in den großen Parteien in Frankreich und Deutschland (SPD, CDU/CSU, Grüne, FDP) und europaweit müssten ihren Wählern eingestehen, einen riesigen Fehler gemacht zu haben und wider besseres Wissen Jahre daran festgehalten zu haben und eine ganze Generation in Südeuropa durch die verursachte strukturell hohe Arbeitslosigkeit massiv geschadet zu haben. Die FDP, aus dem Bundestag ausgeschieden, hat nichts mehr zu verlieren und ist mittlerweile für den Grexit http://www.zeit.de/news/2015-07/11/eu-fdp-chef-lindner-grexit-statt-hilfspaket-11082208, ebenso Politiker als allen Parteien, die ihre Karriere hinter sich haben und nichts mehr zu verlieren haben wie Lamers (CDU) http://www.focus.de/politik/deutschland/abstimmung-zu-griechen-hilfen-diese-65-unions-abgeordneten-verweigerten-merkel-die-gefolgschaft_id_4822736.html, Lafontaine (Die Linke) und Steinbrück (SPD). Für die Piraten war das Thema offensichtlich eine Nummer zu groß, obwohl die gefundenen programmatischen Antworten in die richtige Richtung gingen und besser waren als die der etablierten Parteien.

Freitag, 30. Januar 2015

zu den Gewinnmöglichkeiten, falls die Dänische Krone ihre Bindung an den Euro verliert

Nach meiner Einschätzung bestehen in der aktuellen Situation sehr große Gewinnmöglichkeiten, um von einer möglichen Freigabe der Dänischen Krone gegenüber dem Euro zu profitieren.

Diese Berechnung ist völlig ohne Gewähr und ersetzt in keiner Weise die Notwendigkeit selbst zu recherchieren und zu einer eigenverantwortlichen Meinung über die Situation zu kommen und Spekulationsentscheidungen selbst zu treffen und zu verantworten.

Ich bin bereits in der Art und Weise investiert, wie ich dies im Folgenden darstelle, und profitiere davon, wenn andere es mir gleichtun, da dann der entsprechende Druck im Markt größer wird.

Begründung:

Nach der Freigabe des Schweizer Franken gegenüber dem Euro im Januar versucht die dänische Zentralbank das gleiche Schicksal für die Dänische Krone zu verhindern, die noch an den Euro gebunden ist, zu einem Kurs von 7,46038 Kronen je Euro. Dies wurde für mich aus folgendem Artikel des TELEGRAPH deutlich:

http://www.telegraph.co.uk/finance/economics/11377404/Denmark-slashes-rates-to-record-low-to-protect-peg-with-euro.html

Es gibt Meinungen im Markt, die davon ausgehen, daß dies nicht wahrscheinlich ist siehe zum Beispiel hier http://forexmagnates.com/danish-krones-peg-euro-solid-think/

Allerdings hat vor der Frankenfreigabe nach meinem Wissen auch fast niemand öffentlich bekundet, daß er aktuell damit rechnen würde, daß dies passiert.

Als Anleger kann man relativ leicht von einer Freigabe profitieren, da nach der Freigabe davon auszugehen ist, daß der Kurs sich sehr deutlich vom jetzigen Niveau entfernt.  Die verlinkte Grafik der COMDIREKT Bank beim Schweizer Franken zeigt dies http://www.comdirect.de/inf/waehrungen/detail/chart.html?ID_NOTATION=8362186&REQUESTED_REDIRECT=CURRENCY#timeSpan=1Y&e&

Aus Anlegersicht besteht der Reiz darin, daß wenn nichts passiert, ich keinen Schaden haben muß, wenn aber die Freigabe erfolgt, ich sehr schnell sehr viel Geld verdienen kann. Der Witz ist sozusagen, daß ich mich knapp unter dem jetzigen Kurskorridor im Devisenmarkt/FOREX-Markt mit einer Stop-Buy Order als Kauf von dänischen Kronen gegen Euros positioniere. Bis dahin muß ich nur Liquidität in der Größenordnung von 5% meines Ordervolumens auf dem Brokerkonto parken. Die Order wird erst ausgelöst, wenn der Kurskorridor durchbrochen wird. Je nachdem, welche Aufwertung ich erwarte, kann ich bereits im Vorwege eine Order öffnen, die die Euros wieder zu einem dann viel günstigeren Kurs zurückkauft. Würde eine ähnliche Kursentwicklung wie bei der Frankenfreigabe erfolgen, ergäbe sich ein Gewinnpotential von bis zu 30% auf das Ordervolumen, bei 5000,- € ein Erstordervolumen von 100.000,- € und ein Gewinnpotential vor Steuern von 30.000,- €. Die Menge des eingesetzen Kaptials wäre direkt proportional zum Gewinnpotential, riskiere ich nur 500€ hätte ich ein Gewinnpotential von 3000,- €, riskiere ich 15000,- Euro, hätte ich ein Gewinnpotential vor Steuern von 90.000,- €.

Als Anleger kann ich verschiedenen künftigen Entwicklungen eine Wahrscheinlichkeit beimessen. Rechne ich zum Beispiel damit, daß die Wahrscheinlichkeit bei 50% liegt, daß die Krone freigegeben wird und 20% aufwertet, und mit 40% damit, daß sie im Zielkorridor bleibt und im schlimmsten Fall mit 10% daß sie sogar 5% abwertet, käme ich auf einen wahrscheinlichkeitsgwichtete Aufwertung der Krone um 8,6%. Es wäre also rational auf diese Aufwertung zu setzen. Selbst wenn ich die Wahrscheinlicheit der Freigabe auf nur 30% ansetze und die Gefahr einer Abwertung auf 5%, wäre es rational auf die Aufwertung zu setzen, da sich nach meiner Rechnung eine wahrscheinlichkeitsgewichtete Aufwertung von 4,85% ergäbe. Da ich davon ausgehe, daß viele Marktteilnehmer rechnen können und zu ähnlichen Wahrscheinlichkeitsbewertungen kommen wie ich, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, daß dies tatsächlich passiert. Es ist sozusagen ein positiver Rückkopplungseffekt. Letztlich liegt das daran, daß ein sehr starkes Ungleichgewicht besteht zwischem dem Risiko einer Kronenabwertung und einer Kronenaufwertung, besonders seit durch die Aufwertung des Frankens um ca. 20% dies für alle so offensichtlich wurde, daß dies eine reale Sache ist und kein theoretisches Hirngespinst.

Risiken, die ich sehe und die man meiner Meinung nach im Blick behalten müsste wären

- das Ganze kann so schnell passieren, daß man sich nicht mehr rechtzeitig entsprechend positionieren kann, weil man zum Beispiel noch über kein Brokerkonto verfügt oder das Anfangskapital nicht mehr schnell genug überweisen kann.

- sich im Vorwege darauf einzustellen, daß man im Erfolgsfall einen Großteil des Gewinns an das Finanzamt abführen muß. Dies kann man denke ich gut akzeptieren, weil man damit etwas Gutes für das Gemeinwesen tut.

- man sollte einen Broker auswählen, der nicht Bankrott geht, bis der Handel abgeschlossen ist. Hilfreich finde ich Broker, die an der Börse gelistet sind, weil man damit an Hand des Kurses die Chance hat den Wissenstand des Marktes zum jeweiligen Broker zu erfahren.

- wenn der Kurs nach der Freigabe sehr schnell sehr massiv aufwertert, kann sehr kurz nach dem Erreichen des Auslösepreises der stop-Kauf-Order der Marktpreis bereits noch höher sein. Die Order muß also so gestaltet sein, daß sie trotzdem ausgeführt wird. Dennoch scheint es mir notwendig hier ein Limit zu setzen um nicht wahllos jeden Preis zu bezahlen. Hier muß also abgewogen werden und es bleibt ein Restrisiko, daß die Order nicht ausgeführt wird und man damit auch keine Gewinne erzielen kann.

- das Riskio, daß nach Durchbrechen des Kurskorridors dies nur ein kurzer Ausreißer war, und die massive Aufwertung doch nicht erfolgt.

 - man sollte entscheiden ob man einen Broker nutzt der die Order an die FOREX weiterleitet. Dies halte ich persönlich für weniger resikoreich als einen Broker zu nutzen, der auf eigene Rechnung traded, also die Gegenposition einnimmt. Dies bedeutet nach meiner Meinung eine ungünstige Vermischung vorn Interessen auf Seiten des Brokers.

Praktisches:

Wer auf die Schnelle kein eigenes Konto bei einem Broker einrichten kann oder sich die technische Umsetzung des Handens nicht zutraut, kann prüfen, ob er/sie diese Handelsstrategie mit einem broker-managed Konto umsetzen kann. Optionsscheine oder Hebelzertifikate auf das Währungspaar Euro - Dänische Krone als Umsetzungsalternative habe ich bisher nicht finden können. Ob Differenzkontrakte/CFDs eine Alternative sind, kann ich nicht beurteilen, da ich damit keine Erfahrung habe.

Hinweis:

Alle hier gemachten Angaben sind ohne Gewähr und können Fehler enthalten.

weitere Artikel zum Thema
http://www.bloombergview.com/articles/2015-01-20/denmark-should-cut-loose-from-euro
http://bilbo.economicoutlook.net/blog/?p=30017

Donnerstag, 27. November 2014

Aspekte einer europäischen Außenpolitik

Die aktuellen Diskussionen um die richtige europäische Außenpolitik im Ukrainekonflikt (siehe zum Beispiel  hier http://www.puls4.com/video/pro-und-contra/play/2635431, hier ab min 21 https://www.youtube.com/watch?v=cRt9tQi-IZY ) signalisieren, daß ein weiter so in die Sackgasse führt und Europa sich grundsätzlich Gedanken machen muß wo es steht und wo es hin will.

Nach Ende das 2. Weltkrieges gab es eine Zweiteilung in die Einflußbereiche der USA und Rußland, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich der amerikanische Einflußbereich bis fast an die Grenze Rußlands ausgedehnt und trifft dort auf russischen Widerstand.

Innerhalb der amerikanischen Einfluß-und Schutzzone zu leben, ist ziemlich bequem, die eigenen Militäretats können vergleichsweise klein gehalten werden und solange eine gemeinsame Wertebasis besteht, hat man die Option sich auf eine gemeinsame Gesellschaft hin zu entwickeln. Der Nachteil ist, daß man sich Fehlern der USA nicht so ohne weiteres entziehen kann, wie die Ausspähung der eigenen Bürger oder einer krisenverschärfenden Politik gegenüber Russland.

Was wollen eigentlich wir Europäer?

Wir wollen im Frieden mit Russland leben, wir wollen demokratische Entwicklungen in Osteuropa unterstützen aber keine Regimewechsel aus eigenen Interessen durchführen. Momentan sieht es so aus, als ob die Westukraine sich politisch stärker an Zentraleuropa orientieren möchte und die Ostukraine stärker an Russland und als ob dies nicht mehr im Rahmen einer ukrainischen Föderation zu regeln ist. Wir sollten dies den dortigen Bevölkerungen überlassen zu entscheiden und davon nicht unsere Russlandpolitik abhängig machen. Sanktionen gegenüber Russland sind deshalb nicht hilfreich.

Wollen wir Europäer weiterhin US amerikanisches Protektorat sein? Wäre Amerika dazu überhaupt noch bereit, wenn wir uns weigern ihre geostrategischen Ziele mitzutragen? Was wäre für uns die Alternative? Wären wir bereit die Kosten einer höheren politischen Selbständigkeit zu bezahlen?

Es war Konsens in Deutschland, daß die “Freundschaft mit den Amerikanern” mit das Beste war, was uns passieren konnte, angefangen vom Marshallplan über die Vorbildfunktion als lebendige Demokratie und freiheitliche Gesellschaft, bis zur Unterstützung der Wiedervereinigung gegen die Skepsis in Frankreich und England. Nach Aufdeckung der massenhaften Überwachung durch Amerikaner und Briten wurde klar, daß Freundschaft nicht den Kern des Verhältnisses bezeichnet, obwohl wir es gern so gehabt hätten. Tatsächlich ist es eine strategische Beziehung, eine Art Partnerschaft, allerdings mit zwei deutlich unterschiedlich großen und wichtigen Akteuren. Da Deutschland aber eine wichtige geographische Position in Europa besetzt und zudem das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Land in Zentraleuropa ist, ist es für den europäischen Teil der US-Außenpolitik der wichtigste Spieler.

Diese Partnerschaft war eine win-win-Situation. Zur Zeit wird deutlich, daß sie es nicht mehr ist.

Europa sollte deshalb versuchen entweder die Partnerschaft so zu gestalten, daß es wieder eine win-win-Partnerschaft wird oder sich langfristig eine zweite Option aufbauen, die darin bestehen könnte eine eigenständige starke europäische Position aufzubauen außerhalb eines US-Protektorats. Etwas komplexer aber nicht unlösbar wird die Sache dadurch, daß innerhalb Europas unterschiedliche nationale Perspektiven vorhanden sind. So sind zum Beispiel Polen und die baltischen Staaten skeptisch gegenüber einer Verständigung mit der russischen Außenpolitik ohne die Amerikaner.

Zur ersten Option gehört an die USA deutlich zu kommunizieren was wir wollen und was nicht und wo sie unsere eigenen Interessen verletzt wie bei der Friedenssicherung in Europa, bei dem Recht unserer Bürger auf informationelle Selbstbestimmung, oder bei der Freiheit unsere eigenen Gesetze anzuwenden. Man sollte dann europäische Positionen entwickeln, die für beide Seiten vorteilhaft sind also eine Verbesserung des status quo darstellen.  Auch in den USA gibt es ja zum Beispiel Versuche, die Überwachungsmöglichkeiten der Geheimdienste einzuschränken. Die politischen Kräfte, die dies versuchen, würden durch einen Konsens in der Sache mit Europa gestärkt. Letztlich wäre dies wohl der Anfang einer Entwicklung Europas hin zu einem eigenständigen Machtpol in einer multipolaren Welt. Aktuell gibt es zu Recht viel Aufregeung über den möglichen Einfluß von US-amerikanischen Thinktanks und möglicherweise des CIA auf europäische Journalisten. Wenn Europa sich selbst zu einem globalen Machtpol entwickelt, wird sich seine Perspektive so ändern, daß es selbst ebenfalls die amerikanische Innenpolitik in den Blick nimmt. Es muß sich dann selbst klar werden ob und wenn ja mit welchen Mitteln es dort Einfluß nehmen will, so daß es seinen Interessen dient aber auch zu seinen Werten passt.





Mittwoch, 19. November 2014

Soll die Ukraine bzw. die Westukraine in die EU?

Der Schriftsteller Juri Andruchowytsch, eine Teilnehmer der Kiewer Euroomaidanbewegung schildert heute in der FAZ eindrucksvoll, wie im Kampf für Freiheit in Gleichheit die EU-Fahne für viele Euromaidanaktivisten Symbol dieser Werte ist, ganz im Gegensatz zu vielen Zentral-und Westeuropäern, die damit eher Bürokratie und Geldfragen verbinden (sein Beispiel: spanische Bauern verbrennen die EU-Fahne aus Prostest gegen Exportverbote von Obst nach Russland).

Das ist ein echtes Dilemma. Überspitzt formuliert, die besten Europäer sitzen in Kiev und Lemberg :)

Historisch ist das verständlich, da zum Beispiel die Franzosen Freiheit und Gleichheit eher mit Frankreich als mit Europa verbinden, da sie das ja in ihrer Revolution so als erste in die Welt gesetzt haben und Großbritannien hat schon eine sehr lange demokratische und multinationale Geschichte, so daß sie dafür nicht die europäische Ebene benötigen. Attraktiv bleibt ein werteorientiertes politisch vereintes Europa neben Ländern wie Polen oder die Westukraine vor allem für Deuschtland, da wir durch den Nationalsozialismus und den Holocaust gegenüber den Werten Freiheit in Gleichheit als Nation vollständig versagt haben und deshalb lieber in einem breiter aufgestellten politischen Gemeinwesen aufgehen würden.

Der Kern dieser Idee Europa wäre damit Freiheit in Gleichheit und der hätte in der Tat globale Bedeutung und würde quasi im Geiste alle als "Europäer" verbinden, die so denken bzw. die diese Werte für zentral halten.

Andruchowytsch ist frustriert, daß die EU nach seinem Empfinden der Ukraine die kalte Schulter zeigt und erhofft sich mehr Unterstützung gegenüber Russland, das er als Hort der Unfreiheit erlebt. Aber auch in Russland wird es viele Menschen geben, die gerne in Freiheit und Gleichheit leben wollen.

Mein Vorschlag:

Die Werte Freiheit in Gleichheit sind wirklich zentral und sollten den Kern eines Vereinten Europa bilden, sie sind aber nicht exklusiv europäisch, sondern es ist immer erfreulich, wenn sie sich auf der Welt durchsetzen.

Nach meiner Einschätzung wird es in der Urkaine zu einer Trennung eines prorussichen Teils und eines prowestlichen Teils kommen, sodaß die Ukraine in Zukunft keine "Ausgleichszone" bilden kann. Das ist aber auch nicht erforderlich, denn für so groß halte ich die Unterschiede in den Wertvorstellungen der russischen und der zentraleuropäischen Gesellschaften auch nicht. Mit seiner Werteorientierung könnte die Westukraine ein bereichernder Teil eines wertebasierten politisch vereinten Europas sein.

Es sollte aber auch klar sein, daß eine geistige Verbundenheit in Bezug auf die Wertschätzung von Freiheit in Gleichheit unabhängig von staatlichen Strukturen möglich ist und langfristig mehrere Regionen/Staaten existieren werden, die diese Werte teilen. 

Montag, 17. November 2014

Ist ein Weltstaat eine Option für die Zukunft?

Auf der Diskussions-Mailingliste der AG-Europa der Piratenpartei Deutschland http://wiki.piratenpartei.de/AG_Europa/Mitmachen kam immer mal wieder die Idee eines Weltstaates als Alternative für die jetzige Europäische Union oder für einen Europäischen Bundesstaat zur Sprache. Da die Piraten sich als transnationale Bewegung verstehen, könnte man auf den Gedanken kommen, daß ein Weltstaat dazu gut passen würde.

Mir war nie wohl bei dem Gedanken, sodaß ich mich etwas näher damit befasst habe. Grundsätzlich finde ich es bedenklich, die politische Macht der Menschen des ganzen Planeten Erde in einem Staat zu bündeln. Ich sehe die Gefahr, daß - sollte es zu einer Diktatur kommen -, der ganze Planet betroffen wäre und es keine Regionen mehr gäbe, von denen eine demokratische Gegenbewegung eine stabile Ausgangsbasis hätte. Selbst bei der von George Orwell in seinem dystopischen Roman “1984” beschriebenen Überwachungsdiktatur war diese globale Ominpräsenz der Unfreiheit nicht erreicht http://de.wikipedia.org/wiki/1984_%28Roman%29.

Ein Gegenargument ist, daß die räumliche Dimension in Zeiten des Internet sowieso egal ist und daß sich Gegenbewegungen genauso leicht innerhalb der räumlichen Ausdehnung einer Diktatur organisieren und zum Erfolg führen liesen. Solange sich Staaten jedoch physisch definieren http://de.wikipedia.org/wiki/Staat , was meiner Meinung nach auch in Zukunft Sinn macht, würde ich auf den Vorteil nicht verzichten wollen, sich gegen physische Zugriffe einer Diktatur durch einen souveränen Staat schützen zu können. Im Kontext Europas ist das ein Argument für einen eigenständigen europäischen Bundesstaat als Machtpol in einer multipolaren Welt.

Bei den Piraten kam im Europawahlkampf die Aussage Europa als Idee zu verstehen und nicht als geographische Region, die es demokratisch optimal zu gestalten gilt. Die Idee Europa könnte man zum Beispiel verstehen als eine auf den Menschenrechten basierte Demokratie, die neben individuellen Freiheiten sich auch als Sozialstaat versteht und seine Verantwortung für künftige  Generationen und den Planeten insgesamt (Nachhaltigkeit) sieht. Sollte diese Idee mehr und mehr Anhänger finden, könnte sie grundsätzlich auch über die geographischen Grenzen Europas hinauswachsen und eine europäische Union  in weiter Zukunft zum Beispiel ganz Russland bis an den Pazifik und ganz Afrika umfassen. Sie wäre damit vielleicht die Keimzelle eines Weltstaates.

Obwohl ich ein demokratisches, freiheitliches, soziales und nachhaltiges Europa möchte, stört mich der globale Anspruch bzw. die Einschätzung die beste Lösung für die ganze Welt bereit zu halten. Überspitzt und in Anlehnung an Kaiser Wilhelm II mit seinem Leitspruch “Am deutschen Wesen soll die Welt genesen” (ursprünglich aus einem Gedicht von Emanuel Geibel) gälte damit am “Europäischen Wesen soll die Welt genesen“.  Mein Ansatz wäre eher den demokratischen Kräften in anderen Weltregionen zu vertrauen, den für sie sinnvollen Weg selbst zu finden und sich gegenseitig dabei zu unterstützen, nicht zuletzt vor dem historischen Hintergrund, daß es nicht die Europäer sondern die Nordamerikaner waren, die als erstes eine auf den Menschenrechten basierende neuzeitliche Demokratie schufen (wenn auch eine mit sehr großen Fehlern behaftete, da die Sklaverei erst 1865 nach dem Bürgerkrieg abgeschafft wurde siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Sklaverei_in_den_Vereinigten_Staaten#Sezessionskrieg_und_Abschaffung_der_Sklaverei und das allgemeine Wahlrecht erst 1920 siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Frauenwahlrecht eingeführt wurde).

Gibt es Argumente aus der politischen Philosophie/Staatslehre, die für oder gegen einen Weltstaat sprechen?

Ein zentraler Aspekt ist dabei nach meiner Meinung das staatstheoretische Konzept der Gewaltenteilung von John Locke  und Montesquieu http://de.wikipedia.org/wiki/Gewaltenteilung als zentraler Baustein für funktionierende Demokratien. Neben der horizontalen Gewaltenteilung von Exekutive, Legislative und Judikative gibt es auch die Idee der vertikalen Gewaltenteilung, also der Verteilung der rechtlichen Kompetenzen innerhalb eines Bundesstaates und/oder zwischen kommunaler und zentralstaatlicher Ebene.

Grundsätzlich liese sich auch ein Weltstaat denken, bei dem sowohl die vertikale als auch die horizontale Gewaltenteilung verwirklich ist, zum Beispiel wenn er als mehrstufiger Bundesstaat konzipiert ist. Politische Themen auf der Zentralebene mit globaler Bedeutung wären zum Beispiel Klimaschutz, Schutz der Ozeane, Entscheidungen über den Einsatz von Militär bei drohendem Genozid oder Eingreifen bei humanitären Katastrophen. Die deutlichste Gewaltenteilung ist natürlich diejenige, die souveräne Staaten nebeneinanderstellt und von ihnen fordert zu kooperieren wie aktuell in der UNO. Insgesamt gilt es ein System zu finden, daß die Vorteile der Gewaltenteilung und die Vorteile des politischen Zusammenschlusses ausbalanciert. Ein demokratischer europäischer Bundesstaat als eigenständiger Pol in einer multipolaren Welt scheint mir da eine sinnvolle Option (siehe laut wikipedia: Forderung nach Polyzentrismus in der globalen Machtverteilung Reinhold Zippelius: Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft. 16. Aufl. 2010,  § 31 I 3.)

Für mich persönlich steht und fällt die Frage, ob ich einen solchen Staat gut fände oder nicht  (der eine ganz gut funktionierende Demokratie wie die Bundesrepublik Deutschland ersetzen würde) mit der Möglichkeit wieder zum vorherigen Zustand (status ante) zurückkehren zu können, wenn eine Entwicklung hin zu einer Diktatur nicht verhindert werden konnte (Demokratien fallen nicht vom Himmel, sondern sind das Ergebnis langer historischer Prozesse, inbesondere basieren sie auf der Entwicklung von starken Zivilgesellschaften, siehe zum Beispiel “Why nations fail”von Acemoglu und Robinson http://www.amazon.de/Warum-Nationen-scheitern-Urspr%C3%BCnge-Wohlstand/dp/3596195586/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1416142613&sr=1-1&keywords=why+nations+fail).

In der Staatstheorie gibt es den Begriff der Kompetenzkompetenz http://de.wikipedia.org/wiki/Kompetenz-Kompetenz . Die hat derjenige inne, der darüber bestimmen darf, welche staatliche Institution welche Kompetenz bzw Macht hat. In Demokratien ist dies nach meinem Verständnis grundsätzlich das Volk, verstanden nicht als Ethnie, sondern als die Menge der mit einer Staatsbürgerschaft ausgestatteten Bewohner eines Gebietes. Genau hier liegt die Crux. Wäre ein Weltstaat so konzipiert, daß die Kompetenzkompetenz bei allen Menschen dieses Planeten gemeinsam läge, wir uns also in erster Linie als ein Demos verstünden, bestünde die Gefahr, daß sich darunter keine eigenständige demokratische Inseln in einer Diktatur mehr bilden könnten. Würde jeder sich historisch über die Jahrhunderte gebildete Demos in seinem Demos-Sein anerkannt und seine Rechte behalten, könnte er also in Zukunft über seinen Beitritt and Wieder-Austritt aus einer größeren politischen Verband bestimmen, wären bestehende Demokratien besser geschützt. Die Engländer sagen dazu "never put all eggs in one basket".

aktuelle Beispiele

Das Referendum von Schottland ist ein Beispiel dafür, daß Großbritannien als Staat und zwar durch seinen amtierenden Regierungschef David Cameron die innere Stärke und demokratische Qualität besaß, den Bewohnern von Schottland dieses Selbstbestimmungsrecht nicht nehmen zu wollen, sondern das Referendum unterstützte. Diese Stärke bringt derzeit weder Spanien gegenüber einem Referendum der Katalanen auf, noch hat sie die Ukraine gegenüber der Bevölkerung des Donezbeckens aufgebracht. Letztlich basiert nach meiner Vermutung die Kompetenzkompetenz auf der Einstellung der Menschen zur Demokratie und auf ihrer Bereitschaft sich dafür einzusetzen, für sie zu kämpfen und für die politische Freiheit Opfer zu bringen, letztlich auch dafür zu sterben. Auch dies wurde bei der Euromaidanbewegung mit dem Sturz von Janukowytsch in der Ukraine in Kiew 2014 deutlich, aber nach meinem Eindruck auch in der Ostukraine, als sich dort ein starker politischer Wille auf Eigenständigkeit bzw. stärkerer Anbindung an Russland artikulierte.

Ich bin überzeugt eine Demokratie kann nur gedeihen, wenn sie auf einer starken Zivilgesellschaft basiert, das heißt wenn die Menschen sich zahlreich und häufig zu Wort melden und in die Politik, die “öffentliche Sache” einbringen. Im Grundgesetz heißt es “Alle staatliche Gewalt geht vom Volke aus”. Diese Gewalt muss sich ab und zu zeigen, damit die Demokratie am Leben bleibt, dafür genügt die Teilnahme an Wahlen nicht. Die Mitarbeit in Parteien, das Engagement in Nichtregierungsorganisationen, die Beteiligungen an Kampagnen, Demonstrationen und am öffentlichen Diskurs sind deshalb sehr wichtig.

Die Bewohner der DDR haben in ihrer friedlichen Revolution von 1989 deutlich ihre Souveränität ausgedrückt, durch ihr Handeln in Form von Demonstrationen in einer Diktatur und durch ihren Slogan “Wir sind das Volk”. Mit ihrem späteren Slogan “Wir sind ein Volk” wurde nach meinem Eindruck zum Ausdruck gebracht, daß sie sich als Teil eines gemeinsamen Demos verstehen, der nach meiner Einschätzung die Legitimität hat, darüber entscheiden zu können wie es mit Deutschland innerhalb Europas weitergehen soll.

Falls Deutschland an einer Europäischen Verfassung eines europäischen Bundesstaates mitarbeiten würde und diese seiner Bevölkerung in einem Referendum vorlegen würde, die in welcher genauen Form auch immer das Grundgesetz entsprechend Artikel 146 ersetzen würde, wäre dies nur dann möglich, wenn diese künftige europäische Verfassung die Kompetenzkompetenz eindeutig den Deutschen und den anderen europäischen “Völkern” zuweisen würde, und zwar unabänderbar.

Die einzige Alternative zu diesem Vorgehen wäre eine quasi revolutionäre Artikulation eines Europäischen Demos, das so eindeutig ist, dass es sich durch den Akt dieser Artikulation eine europäische Verfassung gibt, analog zur Verfassung nach der französischen Revolution. Dies halte ich aber nur für eine theoretische Möglichkeit, zumindest für die nächsten 50 Jahre.

Übertragen auf den Weltstaat wäre ein solcher zentralistischer Weltstaat, bei dem die Kompetenzkompetenz bei allen Menschen gemeinsam läge nur durch einen revolutionären Akt dieses Weltdemos möglich, der so überzeugend wäre, daß sich tatsächlich darauf ein Weltstaat mit einer Weltverfassung konstituiert und die überwiegende Mehrheit der Menschen, dies für sich auch als angemessen empfinden. Dies halte ich für  unrealistisch.

Sonntag, 14. September 2014

What does Scotlands referendum mean for Europe?

While the FAZ ist looking into the economic risks to Scotland becoming independent http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/risiken-des-referendums-abenteuer-schottische-unabhaengigkeit-13150354.html I think a balanced view should acknowledge that the decision is firstly about how the Scots want to organize themselves politically.  From a European perspective an independent Scotland could and would be part of the European Union. But also if the Scots vote for staying within Great Britain, it is a good practice that these issues are decided by the people themselves and this strengthens the civil power in Europe.

Samstag, 30. August 2014

Leseempfehlung Harry Mulisch

"Die Entdeckung des Himmels" (Original "De ontdekking van de hemel" 1992), was für erste 116 Seiten von über 800.

Ich bin verblüfft, daß ich auf dieses Buch und seinen Autor nicht schon viel früher gestoßen bin, ich dachte große Literatur würde automatisch und schnell seinen Weg zu mir finden ;)

Ich finde diese Seiten großartig, statt einer Begründung 2 Zitate:

Max über Onno zu einem in einem Amsterdamer Restaurant musizierenden Roma im Jahr 1967:

"Sag ihm, daß Zigeuner für mich heilig sind, weil sie das einzige Volk auf Erden sind, das nie einen Krieg geführt hat...Sag ihm, daß sie nur deshalb, weil sie keine Mörder sind, von allen für Diebe gehalten werden, ..."

Zu einer (fiktiven?) Rede von Rudi Dutschke in Amsterdam:"Mit einer theoretischen Raserei, die den praktischen Holländern fremd war, legte er, Marcuse, Rosa Luxemburg und Plechanov zitierend, dar, daß die radikale soziale Veränderung, subjektiv von den Massen nicht gewollt, objektiv gesehen aber immer notwendiger werde. Die spätkapitalistische Arbeiterklasse, noch immer ausgebeutet bis zum Verlust ihrer Identität,..." Ein vermeintlicher Arbeiter erkämpft sich das Mikrofon "und begann mit starrem Blick darzulegen, daß die Jesuiten unter den Straßen und Plätzen Amsterdams ein unterirdisches Netzwerk von Gängen angelegt hätten, um von da aus eines Tages erbarmungslos zuzuschlagen. Unzählige Briefe habe er geschrieben, an die Regierung, an die Königin....Wieder stand jemand auf im Saal und rief >>Ach hör doch auf mit dem Unsinn<<...Der übermässig dicke, kahle Zwischenrufer, ein bekannter Restaurator, wandte sich mit ausgesteckten Armen an das Publikum, das ihn jubelnd anfeuerte >>Was sollen wir denn mit diesem Quatsch? Das weiß doch jeder, daß Amsterdam das zweite Jerusalem ist: begnadet mit der verschärften hyperbiogeometrischen Ethik Dantes, Goethes und Königin Esthers mit ihren sechsundreisig Essenern und sechsundreissig Zaddikim und der neuen, alles erneuernden messianisch-pythagoräischen Weltmathematik, der Urmathematik, der Allwissenheit der Vorwelt, als Auslegung des Alten und des Neuen Testaments, und zwar der neuen jüdischen Harmoniegesetze der Primzahlen und Primzahlenzwillinge Moses, Davids und Salomons, die neue Bio-Algebra, Bio-Geometrie und Bio-Gleichgewichtslehre von Willem de Zwijger, Spinoza, Erasmus, Simon Stevin, Christiaan Huygens, Descartes und Rembrandt und die neue bildende Mathematik von Teilhard de Chardin, Mondrian, Steiner, Thomas von Aquin, Mersenne, Fermat, Aristoteles, Nikolaus Cusanus, Wittgenstein, Weinreb-<< Aber er bekam nicht die Gelegenheit, seine Liste abzuschließen: hinten im Saal flog plötzlich dieTür auf ..."

Samstag, 2. August 2014

Leseempfehlung

Ich hab im Urlaub ein sehr schönes Buch entdeckt: Die Berlinreise von Hanns-Josef Ortheil

Der Autor http://de.wikipedia.org/wiki/Ortheil

hat es 1964 im Alter von 12 (!) Jahren geschrieben und beschreibt darin eine Reise mit seinem Vater ins geteilte Berlin, bei der der Junge seinem Vatar sehr behutsam hilft, dessen Kriegstraumata und die seiner Mutter in die Gegenwart zu holen. Es ist stellenweise sehr lustig und sehr traurig und zeigt den ganzen Wahnsinn von Kriegen, ist aber auch voller origineller Beobachtungen Berlins und überrascht immer wieder durch einen uns Erwachsenenen so oft abhanden gekommenen Blick für einfache Schönheiten und Wahrheiten.

Ähnlich spannend fand ich eigentlich nur die Autobiographie von Joachim Fest "Ich nicht", die meistes ebenfalls im Berlin zur Zeit des Nationalsozialismus spielt und in dem ebenfalls ein widerständiger Vater eine große Rolle spielt, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Fest#Werke

Dienstag, 15. Juli 2014

Aktueller Diskussionsbeitrag zur Europäischen Föderation

Anlässlich eines Videos von Dr. Karl Pitz zur Europa-Strategie der AfD https://www.youtube.com/watch?v=_YT0G5vHqlg&feature=youtu.be habe ich auf der Mailingliste der AG Europa der Piratenpartei Deutschland https://wiki.piratenpartei.de/AG_Europa/Mitmachen geschrieben:


Hallo Karl,

ich kann das Video nachvollziehen. Die beiden Europa-Strategie-Stränge der AfD, zurück nach 1957 bzw. hin zu einer demokratischen europäischen Föderation sind möglicherweise 2 Flügeln zuzuordnen, einem nationalkonservativen Flügel und einem liberalen Bürgerrechts-Flügel. Ich denke Du triffst den Nagel auf den Kopf mit Deiner Analyse, daß die globalen Machtstrukturen bei der Formulierung von Lösungen zu berücksichtigen sind. Die neusten NSA-Spionageenthüllungen zeigen wieder einmal, wie unverfrohren die USA eigene Interessen jenseits partnerschaftlicher Politik verfolgen und bringen selbst Merkel mittlerweile dazu, moderat gegenzuhalten.
 
Vor kurzem ist in der FAZ (leider nicht online) ein Artikel des italienischen Schriftstellers Claudio Magris erschienen, der diesem Ansatz einer demokratischen europäischen Föderation imo nahe kommt und dies gut geistesgeschichtlich begründet. Die Idee eines eigenständigen europäischen demokratischen Machtpols, der in dem Maße europaweit vereint ist indem es bereits eine europäische Zivilgesellschaft gibt (siehe Acemoglu/Robinson "Why nations fail" http://www.amazon.de/Warum-Nationen-scheitern-Urspr%C3%BCnge-Wohlstand-ebook/dp/B00AEK7WXE/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1405438934&sr=8-1&keywords=acemoglu) und genug Raum für nationale und regionale Eigenständigkeit lässt in dem Maße indem die Leute sich lieber national/regional organisieren wollen und der darauf vertraut, daß die Leute da eine gute Mischung finden, ist eigentlich so naheliegend, daß ich sicher bin, daß das europaweit mehrheitsfähig bei den Bürgern ist. Ein solcher europäischer Machtpol könnte besser als die Nationalstaaten sich für den Schutz der Bürger vor staatlicher Überwachung und kommerzieller Ausspähung einsetzen, könnte mit einer sozialen und nachhaltigen Marktwirtschaft ein globale Vorreiterrolle spielen, ganz abgesehen von seiner Vorbildfunktion in punkto Demokratie, Gewaltenteilung, Pressefreiheit, Einsatz für Netzneutralität, Schutz der Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit.
 
Und für alle Weltstaatsanhänger, das müsste keine Festung Europa sein, sondern wäre kompatibel mit einer partnerschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit mit allen anderen Weltregionen und einer humanen Asyl-und Einwanderungspolitik.
 
Man kann sich jetzt fragen, ob die USA daran Interesse hat oder eher nicht, ich vermute letzteres ;) Und auch Großbritannien wird sich mittelfristig hier wohl maximal mit einem Bein beteiligen wollen, weil es historisch sich stärker dem angloamerikanischen Raum mit USA, Kanada, Australien und Neuseeland verbunden fühlt. Aber auch dafür liese sich wohl eine Lösung finden....
 
Man kann sich auch fragen wer diese Vision teilt und bereit ist daran mitzuarbeiten. Nach meiner Einschätzung ist die Vision mehrheitsfähig bei den Piraten in Europa und weltweit und auch alle demokratischen europäischen  Parteien der Grünen, Liberalen, Sozialdemokraten, Linken und Christdemokraten aber auch Bewegungen wie 5 Stelle in Italien könnten mittelfristig darauf einschwenken.

Mittwoch, 18. Juni 2014

rechtliche Betreuung von der Politik seit Jahren vernachlässigt und unterfinanziert

Als rechtlicher Betreuer möchte ich hiermit auf aktuellen Mißstände im Betreuungswesen in Deutschland aufmerksam machen.

Rechtliche Betreuung ist die Besorgung von Rechtsgeschäften für Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung, die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist. Dazu zählen Entscheidungen im gesundheitlichen Bereich zu Operationen und zu intensivmedizinischen lebensverlängernden Maßnahmen, die Vertretuung gegenüber Sozialbehörden, der Hartz IV-Behörde,  Vermietern, Kranken-und Pflegekassen, der GEZ und Trägern der Behindertenhilfe und Seniorenheimen, die Organisation und Kontrolle von Pflegediensten oder die Regelung von Finanz-,  Vermögens- und Schuldenangelegenheiten. In vielen Fällen leisten dies Angehörige ehrenamtlich. In schwierigen Fällen oder wenn sich keine ehrenamtliche Person finden lässt, leisten dies selbständige vom Gericht kontrollierte Berufsbetreuer, die von kommunalen Fachbehörden nach Eignung und Kenntnissen ausgewählt und begleitet werden.

Da Menschen immer älter werden und der Anteil der an Demenz Erkrankten in der Altersgruppe über 80 Jahre gleich blieb, stieg in den letzten Jahren der Bedarf rechtlicher Betreuungen Jahr für Jahr. Dadurch stiegen die Kosten für berufsmäßig geführte Betreuungen, die bis auf Klienten mit eigenem Vermögen aus den Haushalten der Bundesländer bezahlt werden. Die Politik versuchte diese Kostensteigerung zu deckeln, indem sie

1. einen äußerst knapp bemessene Zeitpauschale einführte,
2. einen Stundensatz vorgab, der viel niedriger angesetzt war, als dass er für eine qualitativ angemessene Arbeit in oft sehr anspruchsvollen Situationen angemessen war und
3. den Stundensatz über einen sehr langen Zeitraum nicht an die allgemeine Lohnentwicklung anpasste.

Im Ergebnis führte das dazu, daß rechtliche Betreuer/innen ihre Klienten nicht mehr ausreichend gut betreuen können, da sie ihr Zeitbudget nur noch für die allerwichtigsten Dinge einsetzen können. Da Verwaltungstätigkeiten oft nicht vermeidbar sind, müssen deshalb oft die persönlichen Besuche stark eingeschränkt werden. Auskömmlich leben können Berufsbetreuer in der Regel nicht mehr, der Aufbau einer Altersvorsorge ist oft nicht mehr möglich. Manche Berufsbetreuer powern sich über Jahre aus, indem sie mehr Betreuungen übernehmen, als sie eigentlich leisten können und scheiden irgendwann mit einem Burn-Out aus. Andere bescheiden sich mit einem unangemessenen Lebensunterhalt und verzichten auf eine Altersvorsorge. Die Betreuten selbst sind aufgrund ihrer Behinderung das schwächste Glied in der Kette und haben die geringste Chance auf ihren Bedarf an einer angemessenen Betreuung gegenüber der Öffentlichkeit hinzuweisen oder noch als zu berücksichtigende Wählergruppe von Politikern ernst genommen zu werden.

Es gibt einen Berufsverband der Berufsbetreuer, bdb e.V., der versucht auf diese Mißstände gegenüber Politikern auf Bundes- und Länderebene hinzuweisen. Außer allgemeinen Lippenbekenntnissen über die Wichtigkeit von rechtlicher Betreuung kam von der Politik aber keine Unterstützung. Anders als zum Beispiel die Ärtzetlobby sind Berufsbetreuer nur eine vergleichsweise kleine Gruppe, die man aus Politikersicht als Wählergruppe vernachlässigen kann und die Mißstände sind schwer zu kommunizieren, sodaß sich hier kaum zivilgesellschaftlicher Druck aufbaut. Während Ärzte in Krankenhäusern schon mal streiken und Praxen schließen, hätte es kaum eine in der Öffentlichkeit bemerkbare Wirkung, wenn rechtliche Betreuer Angelegenheiten ihrer Klienten nicht mehr bearbeiten.

Ich arbeite seit 14 Jahren als Berufsbetreuer mit einer Ausbildung als Diplom-Betriebswirt (FH) , weil ich in diesem Beruf für andere Menschen meine Qualitäten als Notfallmanager sehr gut einbringen kann, sehr viel Dankbarkeit von meinen Klienten erfahre und meinen Beruf als Berufung erlebe. Ich weiß nicht, was man tun kann, um an den Mißständen etwas zu ändern, außer auf sie aufmerksam zu machen.

Freitag, 30. Mai 2014

Mrs. Merkel, how you can enthuse the Britains with a common Europe

After the European election Mr. Hollande and Mr. Cameron called for EU reforms http://www.bbc.com/news/world-europe-27589075 Apparently this has not let to a strong impetus on the other participants http://www.euronews.com/2014/05/28/eu-leaders-agree-to-review-priorities-to-win-back-public-support/. I see so far no strong initiative for important steps towards a more democratic Europe. I myself spent the last two years with a working group of the German Pirate Party without coming to specific structural suggestions. One thing became cristal clear though: A European democratic „res publica“ will only work if a lively European public emerges, ie a public European wide space which is the main place of discussions for all major political issues which are important for the citizens of Europe. The current election changed a little bit here. By appointing top candidates for the European commission we had for the first time a TV debate which took place on a European wide scale. The quality of this discourse especially regarding currency and unemployment was rather disturbing though. Other debates like the one between Nigel Farage and Nick Clegg took still place on a national level. As long as the media are organised mainly nationally there is a strong restriction for a European space for public dialogue on a wider level. As long as important media are not used transnationally by a major part of the citizens this shows that this European public has yet a far way to go. British media like BBC or the Guardian show that this process is under way since decades and that British media belong to the ones with the most transnational users and future potential to become pan-European mass media.

It's interesting that EU-critical parties like the AfD (Alternative für Deutschland), UKIP and France National are better represented in the European Parliament than in their national assemblies. This leads to the fact that they take part in this European dialogue. Videos of Nigel Farage speaking in the European Parliament have been well noticed by German citizens via youtube. The question whether the AfD succeeds in being accepted by the UK conservatives in their EP group http://en.wikipedia.org/wiki/European_Conservatives_and_Reformists helps citizens of Germany and Britain to get to know each others politicals parties better.

Sometimes minor rule changes can have a major impact on reality and on the thinking and the awareness of the people just by changing who talks with whom. If parties would start at some point to work with European wide election lists this could for instance also lead to a strengthening of the European public. The same could happen by electing the Europen Commission directly by all Europeans.

The most important issue before us is in my opinion the referendum suggested  by Mr. Cameron. As far as I can see Mrs. Merkel and others did not wellcome this initiative. This is a large mistake. The big danger is that this leads to a debate in Britain only instead of a truly open European wide debate on possible reforms.

Cameron said:“My strong preference is to enact these changes for the entire EU, not just for Britain. But if there is no appetite for a new Treaty for us all then of course Britain should be ready to address the changes we need in a negotiation with our European partners. The next Conservative Manifesto in 2015 will ask for a mandate from the British people for a Conservative Government to negotiate a new settlement with our European partners in the next Parliament. It will be a relationship with the Single Market at its heart. And when we have negotiated that new settlement, we will give the British people a referendum with a very simple in or out choice. To stay in the EU on these new terms; or come out altogether. It will be an in-out referendum. „
Quelle http://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/grundsatzrede-cameron-will-referendum-ueber-verbleib-in-der-eu-12035501.html

I can understand that Mrs Merkel and others did not wellcome the initiative because Mr, Camerons ideas resemble more a common market instead of a political integrated Europe. But within a European debate his voice is a valid and important part independent of the question whether Britain will stay in or leave the EU. In so far his initiative is a big chance for Europe to talk to each other on a broad basis not only on the level of politicians. And I claim this: Properly done this could lead to a European public arising which is more valuable for a future European res publica than all strucural change one could agree upon. Even if Britain would opt out afterwards, if it played a well accepted role in the process it might get so fond of it that it joins sooner or later again. As far as I see it the debate would be taking place in English by the way, the most hands-on invitation to all Britains to stay part of the process.

I can only advice Mrs Merkel not to oversee this big chance but to take the opportunity. Besides political leaders the committee of constitutional affairs of the European Parliament http://www.europarl.europa.eu/committees/en/afco/home.html might start such a dialogue on EU reforms as  well as NGOs like for instance the European Movement http://www.europeanmovement.eu/.


Montag, 26. Mai 2014

Wahlnachlese Europawahl Teil 1: Wahl in Deutschland

Die Wähler in Deutschland haben sich weiter für eine sehr ausgewogene Mischung im klassischen rechts-links Schema entschieden. Extremistische Positionen wie MLPD und NPD landeten bei weniger 1% bzw. bei 1%, deutlich rechte und linke Positionen wie die Linke und die AFD mit zumindest einem deutlich wahrnehmbaren nationalkonservativen Flügel liegen bei 7%, dem gemässigt linken Spektrum zuzuordnende Parteien SPD und Grüne liegen zusammen bei 38% und die CDU/CSU und FDP gemässigt rechts zusammen bei 39%. Dadurch, daß die CDU unter Merkel relativ weit links agiert hat (Mindestlohn, Mietpreisbremse, Abschaffung der Wehrpflicht, Frauenquote, Ausstieg aus der Atomernergie), machte sie Platz frei für die AfD. Die Piratenpartei hat es mit 1,4-1,5% nicht geschafft eine soziale und liberale Alternative anzubieten, die breite Wählerschichten angesprochen hat.

Damit ist der Versuch vorerst gescheitert, innerhalb einer Partei zu den wichtigsten gesellschaftlichen Zielen Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit in einem basisdemokratischen Prozess zu politischen Antworten zu kommen, die von den Wählern als überlegen wahrgenommen und angenommen werden.

Bemerkenswert dabei ist, daß die Antworten tatsächlich entstanden sind und vielleicht sogar als überlegen gelten können, daß sie aber in der Kommunikation nach außen wenig aufgefallen sind. Im Umfeld der Partei haben Skandale wie das #bombergate, das #fahnengate oder die mangelhafte Abgrenzung des Vorsitzenden des Bundesvorstandes gegen linke Gewalt dazu geführt, daß viele der Partei den Rücken gekehrt haben. Selbst die Spitzenkandidatin für die Europawahl Julia Reda hielt es für eine gute Idee, im Wahlwerbespot der Piratenpartei eine Weltraumaufzug ins Gespräch zu bringen, obwohl der entsprechende Antrag auf dem letzten Parteitag durchgefallen war.

Dass die Piratenpartei nicht zu einer großen Partei geworden ist, mit dem Potential die anderen Parteien als Mitmachpartei 2.0 langfristig sogar zu dominieren, ist vielleicht sogar gut, weil es die Gefahr beinhaltet hätte, daß der breiteste Diskurs in eine Partei verlagert worden wäre, statt in den Parlamenten ausgetragen zu werden. Insofern sind Parteien und Politiker, die Positionen vertreten wie für die Freiheit, für sozialen Ausgleich, für Tier-und Umweltschutz, für die Erhaltung von guten Werten der Vergangenheit, für den Fortschritt, eine Bereicherung für all diejenigen, denen es nicht nur um die Durchsetzung der eigenen Meinung und der eigenen Interessen geht, sondern die an den Sinn eines lebendigen Diskurses für ein gutes gesellschaftliches Miteinander glauben.

Mein persönliches Fazit nach 2 Jahren politischer Erfahrung bei den Piraten ist, daß es sich bestätigt hat, daß Demokratie längst keine Selbstverständlichkeit ist, die von allen gleich wertgeschätzt und gelebt wird und daß sich Vertrauen in Politiker und Parteien zurecht weniger daraus ergibt, was jemand sagt, sondern wie demokratisch er oder sie sich tatsächlich verhält.

Donnerstag, 1. Mai 2014

Mehr Pluralismus im Europaparlament in Aussicht

Zur Zeit ist ja viel die Rede davon, daß es einen Trend zu Europaskepsis gäbe und das europäische Projekt von rechts gefährdet sei. Ein typisches Beispiel für diese ängstliche Argumentationsschiene lieferte Elmar Brok mit dem Satz "Wer das Aber zu groß macht, zerstört das ja" anlässlich des von der CSU vorgestellten "Europaplans" siehe http://www.spiegel.de/politik/deutschland/europawahl-cdu-attackiert-csu-wegen-europaplan-a-965936.html .

Nach meiner Wahrnehmung ist das nur eine Verkleidung dafür, daß diese Leute sehen, daß ihre  Position in Zukunft schwächer ist, und da ist es halt eine Taktik andere Meinungen zu diskreditieren. Dass dabei allerdings enge politische Verbündete angegangen werden, ist eher die Ausnahme.

Auffällig sind die Streitereien zwischen einigen Piraten und Grünen und Anhängern der Afd. Schaue ich mir allerdings die inhaltlichen Positionen der Parteien zur Europapolitik an, - wie sie konkret über den Wahlomat https://www.wahl-o-mat.de/europawahl2014/ meßbar sind, liegen Grüne, Piraten, AFD, ÖDP und Die Partei näher beieinander als CDU und FDP.

Da die CDU die größte Partei ist, wäre es viel sinnvoller gegen die CDU Wahlkampf zu machen.

Wie dem auch sei, ich freue mich jedenfalls, daß durch den Wegfall der 3%-Hürde Newcomer-Parteien die Chance haben, im Europaparlament vertreten zu sein.

Ein Europaparlament mit basisdemokratisch gewählten Vertretern von Cinque Stelle aus Italien http://www.lazio5stelle.it/european-parliament-elections/ , mit Julia Reda, Fotio Amanatides, Anke Domscheit-Berg und Bruno Kramm von den Piraten https://www.piratenpartei.de/grenzenlos-europa/eu-kandidaten-2014/, mit Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel von der Afd https://www.alternativefuer.de/unsere-kandidaten-fuer-europa/, mit Martin Sonneborn von Die Partei http://www.die-partei.de/koepfe/ und mit Grünen Abgeordneten wie Jan Philpp Albrecht und Sven Giegold von den Grünen http://www.gruene.de/partei/rebecca-harms-sven-giegold-sind-das-spitzenduo-der-europaliste.html  mit SPD-Abgeordneten wie Jo Leinen und Knut Fleckenstein http://www.spd.de/aktuelles/europawahl2014/EWK2014_Kandidaten/ verspricht eine bunte Mischung und die Chance auf einen vielfältigen Diskurs.

Freitag, 25. April 2014

Lieber DLF, ist die Idee von der Volkssouveränität rechtsradikal?

In Deutschland ist der Grundsatz der Volkssouveränität in Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz (GG) geregelt. Die Bestimmung lautet wie folgt: 

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Volkssouver%C3%A4nit%C3%A4t

Dabei ist Staatsvolk nicht ethnisch sondern rechtlich definiert siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsvolk  Es geht um den demos, dem Volk als soziales und politisches Gebilde http://de.wikipedia.org/wiki/Demos , der der Demokratie ihren Namen gegeben hat http://de.wikipedia.org/wiki/Demokratie  Dies drückt sich auch in dem Begriff Republik d.h. res publica, "die öffentliche Sache" aus http://de.wikipedia.org/wiki/Republik#Formen_der_Republik Zitat wikipedia: „bei der das Staatsvolk höchste Gewalt des Staates und oberste Quelle der Legitimität ist“ (vgl. auch das Prinzip der Volkssouveränität).

Ich war dann doch ziemlich erstaunt, als ich im Zusammenhang mit den aktuellen Montagsdemos in Berlin und einer kritischen Bewertung derselben durch den Rechtsextremismusforscher Alexander Häusler im Deutschlandfunk eine kritische Bewertung des Begriffes vorfand. http://www.deutschlandfunk.de/die-neue-rechte-keine-organisierte-neue-kraft.694.de.html?dram:article_id=283523

Der Passus lautet:

DLF: Aber diese prominenten Namen in der Bewegung, die wir auch teilweise in den Beitrag gehört haben, die bestreiten, rechts zu sein. Warum ist das für Sie nicht glaubwürdig?

Häusler: Nun, das ist ganz normal. Auch rechte Politiker wie Marine Le Pen, die jetzt im Europawahlkampf antritt, sagt, sie sei weder rechts noch links, sondern sie sei für die nationale Souveränität. Und genau das ist auch der gleiche Jargon, der aus diesem Spektrum immer zu hören ist. Da wird immer gefordert eine Souveränität der Völker, die Völker in ihren einzelnen Nationen seien eben nicht souverän, sie seien immer noch fremdgesteuert, da wäre eben die große Macht. Da spielt also ein typisch primitives antiamerikanistisches Ressentiment eine ganz große Rolle. Angeblich steckte eben hinter dem amerikanischen Finanzkapital eine Macht, die diese Souveränität der Völker behindere. Die selber sagen, sie seien eben nicht links, nicht rechts, sondern sie würden für den Frieden eintreten; dahinter stecken eigentlich eher krude rechte Weltbilder.

Erstens fällt dazu auf, daß "rechts sein" problematisiert wird statt rechtsradikal und zwar schon vom Interviewer. Zweitens hätte ich zwar gedacht, daß es bei Marine Le Pen viel zu kritisieren gäbe, aber daß sie oder irgend jemand dafür kritisert wird, daß sie für nationale Souveränität ist, für ein Prinzip, das gleichzeitig einen der grundlegenden  Artikel unserer Verfassung und der Verfassungsprinzipien von demokratischen Republiken überhaupt darstellt, hat mich überrascht.

Entweder ist hier bei Herrn Häusler der Forscherdrang durchgegangen oder das Prinzip der Volkssouveränität im staatsrechtlichen Sinn ist eher eine nette Idee, die aber im politischen Alltag und in  der politischen Mitte, zu der ich mich eigentlich zugehörig fühle, nicht mehr ernst genommen wird. Wie weit die politische Macht tatsächlich bei den normalen Menschen liegt, kann breit diskutiert werden, Parteiendemokratie, Mediendemokratie sind passende Schlagworte. Außerdem gilt nach meiner Lebenserfahrung, wenn jemand seine Gestaltungsmacht nicht nutzt und gleichgültig wird, nutzen andere diesen Gestaltungsspielraum. Insofern ist Demokratie auch immer in der Veranwortung der Leute, sich wirklich zu beteiligen, um sie am Leben zu erhalten. Also ich werde an dieser Idee weiter festhalten und freue mich über sachdienliche Hinweise, ob ich damit falsch oder richtig liege.

Europa im geopolitischen Ukraine-Konflikt

Gestern war ich überrascht, daß die FAZ  auf der Titelseite den russischen Außenminister Lawrow zitiert:

>>Unter dem Hinweis auf den Besuch des amerikanischen Vizepräsidenten Joseph Biden sagte Lawrow es gebe allen Grund anzunehmen, "daß die Amerikaner den Laden schmeißen". Weiter sagte Lawrow, die Ukraine sei nur ein Beispiel der mangelnden Bereitschaft der Vereinigten Staaten, im geopolitischen Konflikt nachzugeben.<<

Nimmt man die Auszüge aus dem Telefonat der hochrangigen Mitarbeiterin des US-Außenministeriums Nuland mit ihrem urkainischen Botschafter dazu, bei dem nicht nur die Worte fielen "fuck the EU" sondern klar wurde, daß sie davon ausging, dass die Amerikaner entscheiden könnten, wer an der Spitze der ukrainischen Übergangsregierung stehen würde, und nimmt man noch die an sich nicht falsche Aussage von Präsident Obama hinzu, daß Rußland nur eine Regionalmacht sei, sieht es tatsächlich so aus, als ob Lawrow recht hätte und die Amerikaner die bestimmende Kraft sind, die glauben in diesem Konflikt ihre Interessen stark vertreten zu können. Da amerikanische Außenpolitik ganz offen zugibt, daß sie in erster Linie ihre nationalen Interessen verfolgt und dabei leider immer wieder gezeigt auch mit undemokratischen Regierungen zusammenzuarbeiten (zB Saudi Arabien) und vor unrechtmässigen Mitteln nicht zurückzuschrecken (zB Lügen im Weltsicherheitsrat bzgl. irakischer Massenvernichtungswaffen oder globale Massenüberwachung durch die NSA, Einsatz von Drohnen, Guantanamo), sollten sich alle anderen Beteiligten, die EU, die westlichen Nachbarländern der Ukraine, die Ukraine und ihre jeweiligen Provinzen sehr genau überlegen wo ihre eigenen Interessen liegen und wie diese friedlich zu einem Kompromiss geführt werden können und dabei auch die Interessen Rußlands mit berücksichtigen.

Die EU wird nach meiner Wahrnehmung derzeit von den USA tatsächlich nicht groß berücksichtigt, es zeigt sich, daß die außenpolitische Macht der EU und ihrer Mitgliedsstaaten sehr gering ist und sie nicht einmal in der Lage ist, eine sinnvolle eigene Position zu beziehen.  Im Ukraine-Konflikt zeigt sich, daß die EU eben kein eigenständiger Pol in einer multipolaren Welt ist, sondern, daß sie eher ein kleiner Teil innerhalb eines amerikanischen Einflussbereiches ist. Wegen den egoistischen und inhumanen Aspekten der amerikanischen Außenpolitik halte ich es für wichtig, daß Europa zu einer eigenständigen Außenpolitik findet. Dazu würde gehören, die Interessen Rußlands anzuerkennen. Dazu würde auch gehören, daß die Europäische Union geographisch nicht weiter expandiert, sondern eher konsolidiert. Voraussetzung dazu wäre aber erst einmal, daß Europa selbst für sich demokratische Strukturen schafft, so daß eine europäische Außenpolitik überhaupt legitimiert wäre.

Hintergrund:

aktuelles zur Ukraine http://www.heise.de/tp/artikel/41/41581/1.html
Beispiel zu geopolitischem Denken: http://www.amazon.de/Grand-Chessboard-American-Geostrategic-Imperatives/dp/0465027261/ref=sr_1_1?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1398431988&sr=1-1

Donnerstag, 24. April 2014

Wen kann man/frau denn wählen zur Europawahl?

Wenn es nur um Parteiprogramme ging, würde ich sagen, die von der Piratenpartei sind richtig gut http://wiki.piratenpartei.de/Europawahl_2014/Wahlprogramm und http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm und auch die vier ersten Listenkandidaten/innen könnte ich mir  gut im EP-Parlament vorstellen, aber mit einer bekennenden antideutschen Linksextremistin auf Platz 5, einem nach meiner Wahrnehmung linksextremen Bundesvorstandsvorsitzenden und möglichen linksextremen künftigen Mitarbeitern in Brüssel und Straßburg tue ich mich als Sozialliberaler damit schwer.

Manche Positionen der AFD halte ich für richtig (mehr Subsidiarität in Europa) und überschneiden sich mit den Positionen der Piraten (gegen TTIP, gegen ESM, gegen Überwachung)  aber die Partei hat wohl einen starken nationalkonservativen Flügel (neben einem liberalen Selbstverständis) und das sagt mir ebenfalls nicht zu.

Unter Expiraten ist "Die Partei" mit Martin Sonneborn recht beliebt  http://www.die-partei.de/aber eine reine Spaßpartei behagt mir auch nicht, dafür ist mir Politik zu wichtig.

Die Grünen? sind mir zu etatistisch, die FDP? zwar liberal aber nicht sozial und nicht umweltorientiert genug. Und die SPD und die CDU/CSU? Die beiden bestimmen eh schon die Politik der letzten Jahrzehnte und haben dabei so Sachen wie die Vorratsdatenspeichung eingeführt, wehren sich nicht gegen die Überwachung von uns durch die amerikanischen und britischen Geheimdienste, lassen Edward Snowden im undemokratischen Russland versauern, haben mich mit einem sehr national geführten Bundestagswahlkampf genervt, haben eine eher konfliktverstärkende Ukraine-Politik zu verantworten und sind für eine Politik in Europa verantwortlich, die zu einer extrem hohen Arbeitslosigkeit in Südeuropa wesentlich beiträgt, vor allem bei jungen Menschen, ganz zu schweigen davon, daß sie keine sichtbaren Schritte unternehmen, die Institutionen der Europäischen Union demokratisch zu gestalten.

Da es keine 3-Prozent Hürde mehr gibt und somit jede Stimme zählt, werde ich mir mal das Programm der Violetten genauer ansehen und der ÖDP und dann noch mal neu überlegen, aber eigentlich wünsche ich mir eine Partei, die durch und durch liberal ist und sich an den Menschenrechten orientiert, dabei sozial und nachhaltig, die für einen offenen Diskurs ist und dabei - so wie die Piraten das gemacht haben - das Internet einsetzt und sich über Telefonkonferenzen via Mumble vernetzt und gemeinsam mit Pads an politischen Antworten arbeitet, eine Partei, die deutlich kosmopolitscher ist als die anderen Parteien, aber kein Problem damit hat, wenn Mitglieder auch gerne Franzosen oder Italiener oder Deutsche sind, eine Partei, die sich europaweit organisiert und europäische Debatten über das Internet anstösst, die grundsätzlich allen Europäern offenstehen und eine Partei, die sich mit dem Internet auskennt (was ich nicht tue) und sich kompetent für ein freies neutrales Netz einsetzt, für Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung und für ein an das Internet angepasstes Urheberrecht.


Zur Ablehnung der Berliner Montagsdemos durch die Piratenpartei

In einem Blogbeitrag lehnt die Redaktion der Internetseite der Piratenpartei Deutschland https://www.piratenpartei.de/2014/04/17/friedensbewegung-2-0-lasst-uns-auf-die-strasse-gehen-aber-nicht-dort/ die aktuellen Montagsdemos in Berlin ab und ruft dazu auf, dort nicht teilzunehmen. Sie erntet dabei einen Sturm der Entrüstung, wie die Mehrheit der veröffentlichten Kommentare zeigen. Hintergrund ist nach meiner Meinung, daß auf diesen Demos auch Menschen reden, die dem rechten politischen Spektrum zugeordnet werden. Im Teilnehmerkreis waren zudem Funktionäre der NPD gesichtet worden, allerdings auch Personen, die dem linksextremen politischen Spektrum zuzurechnen sind. Die meisten Teilnehmer kommen aus der Mitte der Gesellschaft.

Ich habe im Kommentarbereich begründet und mit der Redaktion diskutiert, warum ich eine neutrale Position der Piratenpartei zu den Demos für besser halten würde https://www.piratenpartei.de/2014/04/17/friedensbewegung-2-0-lasst-uns-auf-die-strasse-gehen-aber-nicht-dort/#comment-56818

Mittlerweile wurde mir klar: Letztlich geht es sich um einen Zielkonflikt zwischen zwei positiven Zielen. Zum einen will man einen offenen Diskurs führen, zum anderen will man politischen Kräften, die man negativ bewertet, nicht durch die Einbeziehung in den Diskurs stärken. Wie man diese Frage für sich entscheidet, hängt meiner Meinung nach damit zusammen, was für ein Selbst- und Menschenbild man hat. Traut man dem Diskurs letztlich nicht viel zu und glaubt man sowieso schon zu wissen wo es lang geht, wäre es logisch, gerade so viele Leute vom Diskurs auszuschließen, um der eigenen Position beste Geltung zu verschaffen, aber nicht so weit, daß man sich durch sein Verhalten selbst zum Außenseiter macht. Im Blogbeitrag der Piratenpartei wird dazu aufgerufen, bestimmte Personen und ein Forum, das diese Personen nicht vom Diskurs ausschließt, aus dem politischen Diskurs auszuschließen. Damit macht sich in der Realitität die Piratenpartei nach meiner Wahrnehmung selbst zum Außenseiter gegenüber der Mehrheit der Menschen. Die andere Linie hat ein grundsätzlich kritischeres Selbstbild und ein positiveres Menschenbild und hält aus beiden Gründen einen offenen Diskurs in einer Gesellschaft für wichtig. Diese nimmt in Kauf, dass auch Leute mit teilweise haarsträubenden Aussagen an dem Diskurs teilnehmen und vertraut darauf, dass die Leute diesen falschen Aussagen nicht auf den Leim gehen. Diese Haltung hat es in Deutschland vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus schwer. Die Menschen haben insgesamt hier vor 70 Jahren versagt. Die Menschen, die dennoch wieder auf Diskurs setzen, sind der Meinung, dass die Menschen zumindest so viel dazugelernt haben, daß sie trotzdem einen offenen Diskurs wollen und für die bessere Lösung halten.

Ich glaube es gibt in einer Gesellschaft tatsächlich so etwas wie ein kollektives Bewusstsein (siehe C.G. Jung). Das hat nichts mit Volk oder Ethnie zu tun, sondern gibt es wahrscheinlich auf allen Ebenen, sowohl auf globaler bis hin zu lokalen Ebenen und auch in Familien. Ich erinnere noch die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Damals gab es zum ersten Mal  bei mir die Wahrnehmung, daß sich in Deutschland in Bezug auf die eigene schwierige Identität etwas Entspannung und Selbstannahme dazugesellte. Das Motto "die Welt zu Gast bei Freunden" wurde von den Gästen angenommen und von den Bewohnern in der großen Mehrheit auch so empfunden. Ich glaube dies war kein einmaliges Ereignis sondern Teil eines Prozesses, der durch die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit und unserer Schuld geprägt wurde. Dieser Prozess geht in der Bevölkerung weiter und dem sollte man sich nicht verschließen oder aus Angst, dass wieder etwas massiv schief geht, ausblenden. Diese Angst ist da, darf auch gespürt und benannt werden, aber sie sollte nicht unser politisches Handeln leiten.

Freitag, 18. April 2014

Ich habe Bock auf eine liberale Partei

- deren Erscheinungsbild nicht von Schlippsträgern und Kostümträgerinninnen dominiert wird, sondern bei der sehr viele unterschiedliche Leute Lust haben mitzumachen

- die glaubwürdig dafür steht, dass es ihr um Freiheit für alle geht und nicht um den eigenen Vorteil oder den bestimmter Gruppen

- die Lösungen entwickelt, die persönliche Freiheit, soziale Gerechtigkeit und globale Nachhaltigkeit zum Ausgleich bringt

- bei der die Leute miteinander kooperieren statt zu konkurrieren - einfach weil es ihnen Spaß macht

eine solche liberale Partei

- würde sich Führungsleute wählen, die keine abseitigen Positionen oder Ideologien vertreten oder die menschenverachtende und anderweitig absurde Aktionen decken oder beschönigen

- würde einfach gute politische Antworten anbieten und die Leute nicht umerziehen wollen, weder auf Basis linker noch rechter Ideologie, sondern darauf vertrauen, daß die Wählerinnen und Wähler selber in der Lage sind zu erkennen, daß die angebotenen Lösungen gut sind.

In einer solchen liberalen Partei hätten Linksextreme und Rechtsextreme vermutlich und zum Glück keine Lust mitzumachen.

Ich habe Bock auf eine liberale Partei,

- bei der die Parteibasis weise genug ist sich Führungsleute zu wählen, die moderieren und integrieren statt eigene Positionen durchdrücken zu wollen

- deren Mitglieder aus der Geschichte gelernt haben und bei der Menschen aktiv sind, die so reif sind, daß sie die globale, europäische, nationale und regionale Ebenen zusammendenken können und  demokratisch mit gestalten können und wollen

- die einen parteiinternen politischen Diskurs lebt, der von gegenseitigem Respekt getragen ist und der Überzeugung, daß gute Antworten dadurch zustande kommen, daß alle ihre Meinungen vortragen können und bei der die Parteibasis selbst Mitglieder, die andere ausgrenzen um Deutungshoheit zu erlangen klar macht, daß sie Ihr Verhalten ändern oder gehen müssen

- für die soziale Marktwirtschaft, freies Unternehmertum, Gewerkschaften und Tariffreiheit Teil der Lösung und nicht des Problems sind

- die zwar um die Schwächen und Fehler der Menschen weiß, die aber im Zweifel an das Gute im Menschen und seine Lernfähigkeit glaubt

- die im Schwerpunkt Politik für etwas und nicht gegen etwas machen will

- die es schafft, die Werte und Prinzipien, die sie propagiert, auch selbst zu leben wie die Freiheit der Rede, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf informationelle Selbstbestimmung,  basisdemokratische Prinzipien und flache Hierarchien

- die in der Lage ist neues zu denken aber auch im Auge behält was in der Vergangenheit gut funktioniert hat.



Donnerstag, 27. März 2014

The need for a European-wide debate on Europe's future

Yesterday Britain had a TV-debate on Britain's future in Europe between Nick Clegg (Liberal Democrats) and Nigel Farage (UKIP) http://www.bbc.com/news/uk-politics-26754273 which has been commented here http://opendemocracy.net/ourkingdom/sunder-katwala/cleggfarage-debate

What strikes me is that I still see no comparable debate on a European-wide level.  The above debate took 1. a strictly utilitarian point of view and was lead 2. only from a national perspective even by the Pro-Europe participant Nigel Clegg. That is a somewhat strange framing for the topic of the debate and it is evenly strange that this is not really an issue of debate itself.

Would it not be much more natural to talk about the future of Europe on a European scale?

It is natural that there are national debates on Europe, these are worthwhile without question but it is strange that noone seems to bother to supplement these by a European-wide debate.

This national debates could well be widened by a perspective of asking how do we want to organize ourself politically in Europe in the future to best serve our common interests and values. This debate can only be lead on a European level and if we succeed to get together down-to-earth people from all places. We should find out over time by a common discussion which political topics can be sensibly covered on a European level and how we want to go about this, how the political institutions and procedures and policies should best be designed.

One aspect is the quality of the political institutions.There is a lot of potential for improvement both on European as on national levels. Both levels could learn from each other and both levels should be open for a fresh glance of what makes most sense. In the end this is more a question of political will than of political or legal expertise. If I look at scientific papers on this topic I get the impression that explaining what has been done dominates the commitment to striving for the best political institutions. One example is here http://www.zaoerv.de/64_2004/64_2004_2_a_429_466.pdf (English summary on page 38).

One other aspect is that there might well be cultural differences within Europe how this debate would be taking place. In Britain the "utilization" of Europe seems the main focus, Germans might be more idealistic and try to formulate an attractive vision of Europe. John Locke http://en.wikipedia.org/wiki/Empiricism meets Immanuel Kant http://en.wikipedia.org/wiki/Kant .In so far many different approaches could help to get a fuller picture and a much richer discussion. It would in itself be also a step towards getting to know each other better and coming to a better basis to decide which topics suits best the European level and which topics are better covered on national, regional or local level.

Mittwoch, 26. Februar 2014

Mein Austritt aus der Piratenpartei Deutschland

Politik basiert auf Vertrauen. Ich bin aus der Piratenpartei ausgetreten, obwohl bzw. gerade weil ich ein riesiges Potential und Bedarf für Politik im Sinne des Grundsatzprogramms https://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm der Piratenpartei sehe.

Eine Partei, die etwas positives beitragen will, muss positive Ziele und Werte formulieren und diese Werte selbst leben, gerade ihr Führungspersonal und ihre Mandatsträger und Kandidaten, sonst wird sie völlig unglaubwürdig.

Mein Vertrauen in die Piratenpartei Deutschland ist schwer erschüttert. Ich kann es nicht vor meinem Gewissen verantworten, weiter in einer Partei Mitglied zu sein, für die  eine Kandidatin auf Platz 5 für das Europaparlament kandidiert, die sich zumindest indirekt für den Tod von 25000 Zivilisten bedankt oder diese Wahrnehmung in Kauf nimmt, eine Partei die es nicht schafft, diesen Fehler dadurch zu korrigieren, dass diese Kandidatur zurückgezogen wird oder zumindest ein entsprechendes Verfahren von Vorstandsseite angekündigt und eingeleitet wird.

Ich respektiere alle Piraten, die weiter für die Integrität ihrer Partei kämpfen und wünsche Ihnen, daß sie in Zukunft eine/n Parteivorsitzende/en wählen, die diesen Ansprüchen gerecht wird.

In diversen Blogpost in 2014 habe ich Ideen entwickelt, die früher oder später dabei helfen könnten.

Ich bin weiterhin an Politik interessiert, die dem Grundsatzprogramm und dem Europawahlprogramm https://wiki.piratenpartei.de/Europawahl_2014/Wahlprogramm der Piratenpartei Deutschland entspricht und an der Vernetzung mit anderen ausgetretenen Piraten.

Ich werden schauen wo und wie ich mich für ein demokratisches Europa, frei, sozial und nachhaltig einbringen kann.

Dienstag, 25. Februar 2014

Lösungsvorschlag zum Richtungsstreit in der Piratenpartei Deutschland

Das Folgende entspringt allein meiner subjektiven Wahrnehmung der jetzigen Situation und erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Außerdem bin ich vorgestern aus der Piratenpartei ausgetreten und verfolge das Geschehen nur noch am Rand.

Momentan tobt bei den Piraten ein Richtungsstreit zwischen einer pro-deutschen Position (siehe Wikiliste der sozialliberale Piraten, Stellungnahmen zum #bombergate der LV NRW, Bayern, Nieders., Thür., Schl.Hollstein) und einer anti-deutschen Position (Berliner Piraten, div. Pirantifa, JuPis). Die pro-deutsche Position sieht in Deutschland etwas, das im Rahmen der europäischen Union oder eines künftigen europäischen Bundesstaates ein sinnvoller Teil ist. Die anti-deutsche Position muß Deutschland in jeder Form ablehnen, will sie sich nicht selbst widersprechen, also auch als Teil der Staatengemeinschaft Europas oder eines europäischen Bundesstaates. Eine anti-deutsche Position in einer bundesdeutschen Partei einzunehmen, ist ein Widerspruch in sich.

Ein Lösungsvorschlag:

Arbeitshypothese 1: die anti-deutsche Richtung wäre die bessere und die zukunftsfähigere. Dann sollte man a) das positiv formulieren und b) auch selbst umsetzen und die Bundesebene, also die Piratenpartei Deutschland, auflösen und sich nur auf Landesebenen organisieren und damit ein passendes politisches Ziel wie ein „Europa der Regionen" selbst organisatorisch abbilden.

Arbeitshypothese 2: die gemässigt pro-deutsche Position im obigen pro-europäischen Sinn wäre die bessere und zukunftsfähigere. Dann müsste man sich dazu auf Bundesebene deutlich bekennen.
Wer eine anti-deutsche (oder positiv formuliert pro-regionale) Einstellung hat, müsste sich dann konsequenterweise von der Bundesebene verabschieden. Dies würde auch für ganze Landesverbände gelten, die anti-deutsche/pro-regionale Positionen beziehen wollen. Die nächste Bundestagswahl würde man dem Zusammenschluß der Bundesländer überlassen, die Deutschland als politisches Gemeinwesen weiter für sinnvoll halten.

Umgesetzt werden könnte das so, dass man die Entscheidung, wie es weitergeht, konsequent der Landesebene überlässt bzw. wenn hierüber keine Einigung mehr möglich ist, die Landesverbände selbst dazu die Initiative ergreifen. Damit würde man der anti-deutschen/pro-regionalen Position erst mal den Vortritt lassen und schauen, welche Landesverbände für sich zu welchem Ergebnis kommen und sich wieder auf einer Bundesebene zusammenschließen wollen. Auf der europäischen Ebene der PP-EU könnte dann diese neue Bundesebene mit den Landesverbänden zusammenarbeiten, die den Ansatz eines regionalisierten Europas verfolgen.

Meine persönliche Auffassung ist, dass anti-deutsch schon wegen dem „anti“ keine konstruktive positiv gestaltende politische Kraft sein kann. Ich kann jeder nur raten, ihre eigenen politischen Ziele positiv zu formulieren. Die jetzige Situation kann für die Piratenpartei konstruktiv genutzt werden.