Die aktuellen Diskussionen um die richtige europäische Außenpolitik im Ukrainekonflikt (siehe zum Beispiel hier http://www.puls4.com/video/pro-und-contra/play/2635431, hier ab min 21 https://www.youtube.com/watch?v=cRt9tQi-IZY ) signalisieren, daß ein weiter so in die Sackgasse führt und Europa sich grundsätzlich Gedanken machen muß wo es steht und wo es hin will.
Nach Ende das 2. Weltkrieges gab es eine Zweiteilung in die Einflußbereiche der USA und Rußland, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich der amerikanische Einflußbereich bis fast an die Grenze Rußlands ausgedehnt und trifft dort auf russischen Widerstand.
Innerhalb der amerikanischen Einfluß-und Schutzzone zu leben, ist ziemlich bequem, die eigenen Militäretats können vergleichsweise klein gehalten werden und solange eine gemeinsame Wertebasis besteht, hat man die Option sich auf eine gemeinsame Gesellschaft hin zu entwickeln. Der Nachteil ist, daß man sich Fehlern der USA nicht so ohne weiteres entziehen kann, wie die Ausspähung der eigenen Bürger oder einer krisenverschärfenden Politik gegenüber Russland.
Was wollen eigentlich wir Europäer?
Wir wollen im Frieden mit Russland leben, wir wollen demokratische Entwicklungen in Osteuropa unterstützen aber keine Regimewechsel aus eigenen Interessen durchführen. Momentan sieht es so aus, als ob die Westukraine sich politisch stärker an Zentraleuropa orientieren möchte und die Ostukraine stärker an Russland und als ob dies nicht mehr im Rahmen einer ukrainischen Föderation zu regeln ist. Wir sollten dies den dortigen Bevölkerungen überlassen zu entscheiden und davon nicht unsere Russlandpolitik abhängig machen. Sanktionen gegenüber Russland sind deshalb nicht hilfreich.
Wollen wir Europäer weiterhin US amerikanisches Protektorat sein? Wäre Amerika dazu überhaupt noch bereit, wenn wir uns weigern ihre geostrategischen Ziele mitzutragen? Was wäre für uns die Alternative? Wären wir bereit die Kosten einer höheren politischen Selbständigkeit zu bezahlen?
Es war Konsens in Deutschland, daß die “Freundschaft mit den Amerikanern” mit das Beste war, was uns passieren konnte, angefangen vom Marshallplan über die Vorbildfunktion als lebendige Demokratie und freiheitliche Gesellschaft, bis zur Unterstützung der Wiedervereinigung gegen die Skepsis in Frankreich und England. Nach Aufdeckung der massenhaften Überwachung durch Amerikaner und Briten wurde klar, daß Freundschaft nicht den Kern des Verhältnisses bezeichnet, obwohl wir es gern so gehabt hätten. Tatsächlich ist es eine strategische Beziehung, eine Art Partnerschaft, allerdings mit zwei deutlich unterschiedlich großen und wichtigen Akteuren. Da Deutschland aber eine wichtige geographische Position in Europa besetzt und zudem das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Land in Zentraleuropa ist, ist es für den europäischen Teil der US-Außenpolitik der wichtigste Spieler.
Diese Partnerschaft war eine win-win-Situation. Zur Zeit wird deutlich, daß sie es nicht mehr ist.
Europa sollte deshalb versuchen entweder die Partnerschaft so zu gestalten, daß es wieder eine win-win-Partnerschaft wird oder sich langfristig eine zweite Option aufbauen, die darin bestehen könnte eine eigenständige starke europäische Position aufzubauen außerhalb eines US-Protektorats. Etwas komplexer aber nicht unlösbar wird die Sache dadurch, daß innerhalb Europas unterschiedliche nationale Perspektiven vorhanden sind. So sind zum Beispiel Polen und die baltischen Staaten skeptisch gegenüber einer Verständigung mit der russischen Außenpolitik ohne die Amerikaner.
Zur ersten Option gehört an die USA deutlich zu kommunizieren was wir wollen und was nicht und wo sie unsere eigenen Interessen verletzt wie bei der Friedenssicherung in Europa, bei dem Recht unserer Bürger auf informationelle Selbstbestimmung, oder bei der Freiheit unsere eigenen Gesetze anzuwenden. Man sollte dann europäische Positionen entwickeln, die für beide Seiten vorteilhaft sind also eine Verbesserung des status quo darstellen. Auch in den USA gibt es ja zum Beispiel Versuche, die Überwachungsmöglichkeiten der Geheimdienste einzuschränken. Die politischen Kräfte, die dies versuchen, würden durch einen Konsens in der Sache mit Europa gestärkt. Letztlich wäre dies wohl der Anfang einer Entwicklung Europas hin zu einem eigenständigen Machtpol in einer multipolaren Welt. Aktuell gibt es zu Recht viel Aufregeung über den möglichen Einfluß von US-amerikanischen Thinktanks und möglicherweise des CIA auf europäische Journalisten. Wenn Europa sich selbst zu einem globalen Machtpol entwickelt, wird sich seine Perspektive so ändern, daß es selbst ebenfalls die amerikanische Innenpolitik in den Blick nimmt. Es muß sich dann selbst klar werden ob und wenn ja mit welchen Mitteln es dort Einfluß nehmen will, so daß es seinen Interessen dient aber auch zu seinen Werten passt.
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