Donnerstag, 19. September 2013

eine Wegmarke hin zu einer europäischen Außenpolitik

Ich hatte vor fast drei Wochen in einer mail bei den Piraten unter dem Titel "Ein Sieg für den Parlamentarismus" die Ablehnung eines Militärschlages gegen Syrien durch das Britische Unterhaus gegen Premierminister Cameron kommentiert, dass ich das klasse finde, da

- anscheinend Inhalt vor Parteiraison geht.
- anscheinend auch nicht gleich gefragt wird, ob Cameron deshalb als Regierungschef wackelt.
- in der Begründung auch auf die Meinung der Bevölkerung Bezug genommen wurde.


Erst mit etwas Abstand ist mir die mögliche historische Tragweite dieser Entscheidung klar geworden:

Im Gegensatz zur Frage der Beteiligung am Irakkrieg hat sich Großbritannien hier gegen seinen engsten strategischen Verbündeten, die USA, gestellt  und eine eigene Position eingenommen, auf der Seite der Mehrheitsmeinung der eigenen Bevölkerung. 2003 war Robin Cook als amtierender Aussenminister unter Tony Blair wegen dem Kriegseintritt Großbritanniens als Außenminster zurückgetreten, ebenfalls an der Seite der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung. In seiner damaligen Begründung http://news.bbc.co.uk/2/hi/2859431.stm, finden sich sehr viele Parallelen zu heute, mit dem einzigen Unterscheid,  dass diesmal das britische Parlament entsprechend abgestimmt hat. Seine Rede wurde als eine der besten Reden im Unterhaus bezeichnet, angeblich hat er sogar ein Art standing ovations dafür bekommen, was es so im Unterhaus noch nicht gegeben haben soll, er hat also wohl einen Eindruck hinterlassen, aber die Entscheidung verlief anders. Vielleicht muss man die jetzige Entscheidung des Parlaments in diesem Zusammenhang sehen.

Ich glaube, wir sind in Europa an einem Punkt angekommen, dass wichtige politische Positionen mehr hinterfragt und neu gedacht werden können, dass Sachpolitik vor Ideologie geht. In Europa haben wir die Chance, dass sich mehr und mehr wirklich eine gemeinsame europäische Außenpolitik entwickeln kann, die auf gemeinsamen Werten basiert und darauf, sich als Teil Europas zu verstehen. Robin Cook zeigt in seiner chicken tikka masala Rede http://www.theguardian.com/world/2001/apr/19/race.britishidentity, dass britische Identität und Europäische Identität (neben einer kosmopolitischen Identität :) ) nicht in Konkurrenz zueinander stehen, sondern sich ergänzen. Wasser auf meine Mühlen :)

Vielleicht bleiben diese positiven Entwicklungen noch lange eher die Ausnahme, ein Selbstgänger sind sie sicher nicht und eine Bewegung wie die Piratenpartei, die basisdemokratisch und im Diskurs europa- und kosmopolitisch fundierte Positionen entwickelt, kann hier sicher wertvolle Beiträge leisten, auch wenn das breite Kreise der Bevölkerung derzeit nicht wahrnehmen.

Dennoch..., dass solche Entscheidungen bereits heute ab und an getroffen werden, macht Lust auf mehr.