Ich hatte gestern eine längere
Auseinandersetzung auf twitter über einen Tweet von mir zu Pro Asyl.
Im Verlauf habe ich mich etwas mehr mit Pro Asyl beschäftigt und sah
mich in meiner Kritik bestätigt. Ich möchte das hier etwas
ausführen, da twitter dafür zu wenig Platz bietet. Sinn dieses Posts
könnte sein, dass dies für Pro Asyl ein Anstoß ist, ihre Arbeit
nachhaltiger auszurichten.
Pro Asyl tritt auf unter dem Logo "der
Einzelfall zählt". Auf der website habe ich viel Kritik an der
derzeitigen EU-Flüchtlingspolitik gefunden aber keinen eigenen
Gegenentwurf. Pro Asyl scheint sich ganz auf Einzelfälle zu
fokussieren. Vielleicht ist das der Grund, der dazu führt, dass der
Kreis der Einzelfälle immer weiter gezogen wird. Wie ich auf meinem
twitter-tweet am 4.7.2018 fesgestellt hatte, unterscheidet Pro Asyl
laut Wikipedia nicht zwischen politisch Verfolgten und
Wirtschaftsmirgranten (Pro Asyl spricht von Wirtschaftsflüchtlingen).
Pro Asyl betreibt Lobbying für Asylsuchende und nach meiner
Wahrnehmung zumindest indirekt auch für Migranten allgemein, da sie
beide nicht voneinander abgrenzen bzw. unterscheidbar machen.
Verfolgt man als NGO einen solchen Lobbyansatz besteht die Gefahr,
dass man das große Ganze aus dem Blick verliert und gute Politk in
diesem Bereich torpediert oder langfristig nicht mehr als konstruktiv wahrgenommen wird. Die eigene Rolle einer solchen NGO wird
umso wichtiger, je mehr Menschen unter den eigenen Lobbyschirm
passen. Insofern hat Pro Asyl systemisch ein Interesse diese Gruppe
so groß wie möglich zu machen.
Ist so ein Ansatz legitim? Grundsätzlich finde ich es richtig, wenn NGOs sich für bestimmte Personengruppen einsetzen, die sonst Gefahr laufen nicht genügend gehört bzw. berücksichtigt zu werden. Bei der Methodenwahl finde ich aber ganzheitliche Ansätze besser und halte sie langfristig auch für glaubwürdiger und der Interessengruppe dienlicher. Auch Aslysuchende und Migranten haben ein Interesse daran, dass die aufnehmenden Gesellschaften weiter funktionieren. Was ich mir wünschen würde, wären Interessenvertretungen,
die das große Ganze im Blick haben, also nicht nur sich für die
Interessen der eigenen Zielgruppe einsetzen, sondern anerkennen, dass
es dieses große Ganze gibt, zum Beispiel gutes Zusammenleben in
Gesellschaften, Staaten, Staatenverbünden und letztlich von allen
Menschen und Lebewesen zusammen auf diesem Planeten.
Ein allgemeines Niederlassungsrecht aller Menschen überall auf diesem Planeten ist kein anerkanntes Menschenrecht und lässt sich meiner Meinung nach auch nicht realisieren, solange wir Demokratien und andere Staaten mit geographischen Grenzen und keinen Weltstaat haben. Letzteres halte ich auch nicht für einen sinvollen Weg, da Demokratie kein Selbstläufer ist und immer die Gefahr besteht, dass ein Staat in eine Autokratie oder in eine Diktatur kippt und bei einem Weltstaat wäre davon die ganze Welt betroffen. Die Engländer sagen dazu never put all eggs in one basket.
Ein Beispiel, an dem vielleicht
deutlich wird, warum eine reine Orientierung am Einzelfall bei
politischen Aufgaben, also allen Aufgaben die die "res publica",
die "gemeinsame Sache" betreffen, in die Irre geht: Wenn
nach einer Schlacht Feldärzte und Sanitäter über ein Schlachtfeld
liefen, mussten sie nach Wahrscheinlichkeit und Eindruck entscheidem,
wem sie ihre Hilfe zugute kommen lassen. Es wäre falsch gewesen, sie
jedem zu geben, der Hilfe benötigte. Das
klingt brutal, aber bei begrenzter Hilfskapazität und sehr vielen
Verletzten war es im Sinne des Zieles möglichst viele Menschenleben zu
retten die beste Strategie, nur den Menschen zu helfen, die mit Hilfe
Chancen hatten zu überleben und ohne Hilfe wahrscheinlich sterben
würden. Sehr schwer Verwunderte mit nur geringer
Überlebenswahrscheinlichkeit trotz ärztlicher Hilfe mussten diese
Feldärzte deshalb unversorgt zurücklassen, genauso wie Soldaten, die
zwar Hilfe nötig hatte, aber nur so verletzt waren, dass sie
auch ohne Hilfe überleben würden.
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