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Mittwoch, 11. September 2024

Dem GdW fehlt es an genossenschaftlichem Bewusstsein

In einer aktuellen Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Genossenschaftsgesetzes durch die Bundesregierung schreibt der GdW als Verband, der die meisten großen Wohnungsgenossenschaften in Deutschland vertritt, und über Tochterverbände auch prüft, unter dem Motto "HIER WOHNT DAS WIR":

"Ein weiterer Vorschlag aus dem Entwurf würde einen massiven und nicht erklärbaren Eingriff in die Struktur der genossenschaftlichen Rechtsform bedeuten: Danach soll die Satzung künftig regeln können, dass der Vorstand an Weisungen der Generalversammlung oder eines aus der Mitte der Generalversammlung gebildeten Entscheidungsgremiums gebunden ist.

Fakt ist: Das Genossenschaftsgesetz enthält seit langem sehr ausgewogene Regelungen zum Schutz der Rechte der Mitglieder. Das ist auch gut so und macht die allseits bekannte Stabilität und Attraktivität der Rechtsform aus. Wenn es aber um die Leitung des operativen Geschäfts geht, dann ist dies die zentrale Aufgabe des Vorstandes. Wenn dies aufgeweicht würde, dann würden die gesamte Rechtsform der Genossenschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit massiv leiden. Alle berechtigten und begrüßenswerten Bemühungen im Referentenentwurf, die Rechtsform attraktiver zu machen, würden so konterkariert und gefährdet. Deshalb darf dieser Vorschlag keinesfalls weiter verfolgt werden.“"

Aus Sicht der genossenschaftlichen Betriebswirtschaftslehre ist dazu folgendes zu sagen: 

Dass die operative Geschäftsführung in Wohnungsgenossenschaften in den Händen von Angestellten mit einer passenden Ausbildung, viel Berufserfahrung und Fähigkeiten im Management und der Personalführung liegt und es mit dem Aufsichtsrat ein Gremium gibt, das den Vorstand über die Jahre berät, kontrolliert und gemeinsam mit ihm die Unternehmensstrategie festlegt, ist bewährte betriebswirtschaftliche Praxis. Dies bedeutet aber nicht, dass in wichtigen Einzelpunkten nicht auch die Mitglieder als Unternehmenseigentümer Entscheidungen treffen können. Dies ist vergleichbar mit Volksentscheiden in der Schweiz und in Deutschland auf der Ebene der Bundesländer. Genossenschaften sind wie Gemeinwesen demokratische Institutionen und die Mitglieder sind nicht nur mündige Staatsbürger sie sind in ihrer Genossenschaft nicht nur Kapitalgeber und Miteigentümer, sie sind auch Mitunternehmer.

Das, was der GdW als Fakt bezeichnet, ist kein Fakt. Nach § 45 Genossenschaftsgesetz bedarf es mindestens 10% der Mitglieder, damit sie Gegenstände zur Beschlussfassung auf der jährlichen Generalversammlung einbringen können. Mit ist kein Fall bekannt, dass in großen Wohnungsgenossenschaften diese Hürde überwunden wurde. Genossenschaften sollten nach demokratischen Regen funktionieren. In ihnen sollte das demokratische Prinzip gelten, dass der Souverän die Mitglieder sind und dass diese letztlich bestimmen können, welche Entscheidungen sie selbst fällen und welche sie in die Hände von Vertretern und Beauftragten geben. Bei der Festlegung von sinnvollen Quoren, die weder zu einem zu viel noch zu einem völligen Fehlen von direktdemokratischen Entscheidungen führen, könnte man sich an den Erfahrungen und Erkenntnisen aus der Schweiz orientieren und diese auf Genossenschaften übertragen. 

Der GdW versucht in seiner Stellungnahme dagegen, Angst zu schüren. Er traut den Mitgliedern nicht zu, in eigener Sache kompetent zu entscheiden. Dabei sorgt er sich, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit leiden würde. Um hier noch einmal den Vergleich mit der Schweiz zu ziehen: trotz der Möglichkeit der Volksentscheide gilt die Schweiz sogar als das wettbewerbsfähigste Land der Welt! Der GdW schreibt nicht, dass seine Befürchtung eintreten könnte sondern, dass sie eintreten würde, wenn die Gesetzesänderung käme. Damit behauptet er, dass im Falle der Änderung mit einer Wahrscheinlichkeit von 100% die Wettbewerbsfähigkeit jeder Genossenschaft leiden würde. Niemand kann im Vorhinein über die Entscheidungsqualität aller in künftigen Mitgliederversammlungen zustande kommenden Entscheidungen urteilen. Das ist vermessen, überheblich und wirklichkeitsfremd. Es ist unethisch eine solche politische Einflussnahme bei einem Gesetzesvorhanden zu versuchen, das auf einem pauschalen Misstrauen gegen die Mitglieder von Genossenschaften geprägt ist, die man auf dem Papier vertritt. Der GdW hat das Motto gewählt "HIER WOHNT DAS WIR". [Warum er das alles GROSS schreibt bleibt unklar, mir kommt es so vor als will er suggerieren, dass die Leute im WIR einfach gestrickt sind, dass sie Schwierigkeiten damit haben, wann sie groß und wann klein schreiben müssen.]  Das Wir wohnt aber nicht nur, es denkt auch mit, und der GdW stellt sich außerhalb dieses Wir mit seiner Stellungnahme. 

Mangelndes genossenschaftliches Bewusstsein offenbart die Stellungnahme auch, wenn der GdW schreibt, dass die Wettbewerbsfähigkeit leiden würde. Wohnungsgenossenschaften haben überhaupt nicht die Aufgabe sich in ihrem Kern um Wettbewerbsfähigkeit zu kümmern. Das mag manchen überraschen, aber die Aussage des GdW zeigt, dass ihm der genossenschaftliche Kompass abhanden gekommen ist. Genossenschaften sind Selbsthilfevereine zur Deckung von Bedarfen der beteiligten Privatpersonen. Dies gilt auch dann, wenn sie große Betriebe geworden sind. Es geht dabei darum durch Organisation und Durchführung einer eigenen betriebswirtschaftlichen Aktivität die Mitglieder günstiger mit Wohnraum zu versorgen als der Markt das zu tun bereit ist, weil der Güterverkauf über den Markt im Grundsatz für Unternehmen attraktiv ist, die damit eine Rendite für ihre Eigentümer erwirtschaften wollen, je höher umso besser. Wohnungsgenossenschaften sind als Einkäufer von Bauleistungen, Handwerkerleistungen und Krediten mit der Marktwirtschaft verbunden aber auf ihrer Abnehmerseite sind sie mit ihren Mitgliedern als Wohnungsnutzer gerade nicht über den Markt verbunden. Insoweit ist Wettbewerbsfähigkeit zwar nicht ohne Bedeutung in Wohnungsgenossenschaften, da sich Fragen ergeben können, falls sie sich in ihrem Wohnungsangebot zu weit von den Wohnbedarfen anderer Menschen entfernen und es darum geht, ausscheidende Mitglieder zu ersetzen. Aber dies ist eine Nebenbedingung und kein Kernaspekt erfolgreichen genossenschaftlichen Wirtschaftens. Keiner kommt auf die Idee zu fragen, ob die private Eigenheimbesitzerin durch ihre wohnungswirtschaftliche Entscheidung weniger wettbewerbsfähig ist. Sie steht nicht im Wettbewerb mit anderen sondern verfolgt Haushaltsziele im Bereich Wohnen. So ist es auch mit Wohnungsgenossenschaften und ihren Mitgliedern. Der GdW stellt sich mit seiner Stellungsnahme außerhalb dieser Gemeinschaft, behauptet aber, für sie zu sprechen bzw. ihre Interessen zu vertreten. Der GdW vertritt in Wahrheit nicht die Interessen der Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften und damit auch nicht die Interessen der Wohnungsgenossenschaften, denn beide gehören zusammen. Die Wohnungsgenossenschaften haben ja gerade den Zweck nach § 1 GenG die Interessen der Mitglieder zu erfüllen, indem sie deren Wirtschaft fördern. Dieser Mangel an genossenschaftlichem Bewusstsein hat der GdW bereits im Jahr 2006 gezeigt, als er in einer "Arbeitshilfe" für seine Mitgliedsunternehmen schreibt, "dass öffentliche Wohnungsunternehmen zwar einen sozialen Versorgungsauftrag wahrnehmen, ....sie sind dennoch erwerbswirtschaftlich orientiert..." [Arbeitshilfe 51: Unternehmensstrategie und Balanced Scorecard: Strategieimplementierung in Wohnungsunternehmen, GdW, Berlin, 2006, Seite 12]. Mit ist nicht bekannt, dass der GdW dies als Fehler eingestanden hat und seine Auffassung öffentlich und gegenüber seinen Mitgliedsunternehmen korrigiert hat. 

In diesem Zusammenhang ist es äußerst problematisch, dass der GdW nicht nur Wohnungsgenossenschaften vertritt sondern auch Aktiengesellschaften wie das größte deutsche Wohnungsunternehmen, die Vonovia mit mehr als 400.000 Wohnungen.  Es fehlt in Deutschland ein eigenständiger bundesweiter Verband der Wohnungsgenossenschaften, der sich nicht nur klar zu genossenschaftlichen Prinzipien bekannt, sondern sie auch lebt und nach außen und innen vertritt. Denken, Reden und Handeln sollten im Einklang stehen auch im Bereich der Genossenschaften insbesondere bei Personen und Institutionen mit großem Einfluss.





Sonntag, 8. September 2024

Albachs synthetische Bilanztheorie unpassend für bedarfswirtschaftliche Unternehmen

Der Artikel kommt zu dem Ergebnis, dass die von Horst Albach formulierte synthetische Bilanztheorie (1) in der vorliegenden Form nicht für bedarfswirtschaftliche Unternehmen passt.

Einleitung

Das deutschsprachige Wikipedia, führt in seinem Artikel zu Bilanztheorien als Einzelnachweis den Artikel von Horst Albach zu seiner synthetischen Bilanztheorie auf (unter Nr 47 zum aktuellen Zeitpunkt). Ich untersuche hier inwieweit seine Aussagen auch für bedarfswirtschaftiche, den Nutzen ihrer Leistungsabnehmer maximierende Unternehmen gelten können im Gegensatz zu erwerbswirtschaftlichen, den Gewinn bzw. die Rendite der Eigentümer maximierende. 

Untersuchung 

Albach nimmt wie Wikipedia richtig feststellt eine zukunftsgerichtete Perspektive ein (Wikipedia ordnet seine Bilanztheorie unter die Zukunftsgewinnkonzepte ein). Er definiert einen optimalen Gesamtplan für die Unternehmung, der einen Gesamtgewinn ausweist, den er als den Kapitalwert der erwarteten Periodengewinne definiert. Dabei nimmt er die Gewinne der jeweiligen Jahre, zinst sie mit einem einheitlichen Zinsfuß ab und bildet daraus die Summe (S. 24f.). Die operativen und strategischen Entscheidungen, die zu den jeweiligen Periodengewinnen führen (Albach schreibt von Periodengewinnen, sodass statt auf der Basis von Geschäftsjahren sein Ansatz sogar auf Monatsbasis durchgeführt werden könnte), fasst Albach unter dem Begriff Entscheidungsparameter zusammen. Albach schreibt: "Derjenige Gesamtplan ist nun optimal, der unter allen möglichen Werten der Entscheidungsparameter diejenigen angibt, die zum größten unter allen möglichen Kapitalwerten ...führen." (S.25)

Damit wird deutlich, dass dieser Ansatz nur zu gewinnmaximierenden/eigenkapitalrenditemaximierenden Unternehmen passt. Die Zielfunktion bzw. der Zweck von bedarfswirtschaftichen Unternehmen ist gerade nicht auf eine Kapitalwertmaximierung ausgerichtet sondern auf eine Bedarfsdeckung der Leistungsabnehmer zu minimalen Kosten (Wirtschaftlichkeitsprinzip in der Ausprägung des Minimumprinzips siehe (2).(3),(4)). Man könnte an dieser Stelle untersuchen, ob es möglich und sinnvoll ist eine synthetische Bilanztheorie für bedarfswirtschaftliche Unternehmen zu formulieren und wie diese aussehen müsste. Dazu wäre es  sinnvoll sich über Sinn und Zweck von Bilanztheorien insgesamt Gedanken zu machen in Anlehnung an die Ausführungen von Wolfgang Stützel (5). Dennoch ist es lehrreich auch für die bedarfswirtschaftliche BWL den Ausführungen Albachs weiter zu folgen. Albach schreibt zu seinem Optimum:

(Fettdruck von F.G.) "Dieses Optimum ist....konditional: Es hängt von dem gewählten Kalkulationszinsfuß ab. Dieser Zinsfuß wird in dem Entscheidungskalkül so gewählt, daß er eine Bezugsalternative darstellt: eine Anlage außerhalb des Unternehmens, z.B. in Finanzanlagen auf dem Kapitalmarkt. Das bedeutet: Jeder Plan, der einen positiven Kapitalwert ergibt, ist zulässig. Unter den zulässigen wird dann der in bezug auf die Anlage des gleichen Betrages außerhalb des Unternehmens optimale (mit dem höchsten Kapitalwert) ausgesucht. Der optimale Plan ist also diejenige Kombination von innerbetrieblichen Entscheidungsparametern, die im Vergleich mit einem Einsatz der betrieblichen Mittel außerhalb des Unternehmens am besten ist."

Hier kommt wieder der Opportunitätskostenansatz zur Wirkung, den ich bereits in meinem Artikel (6) über die Eigenkapitalrendite bei Wohnungsgenossenschaften zurückgewiesen habe, weil im Falle der Wahl der externen Anlage gerade keine Bedarfsdeckung für die Leistungsabnehmer stattfindet, das heißt der Unternehmenszweck verfehlt wird. Es kann also gerade nicht von einem Optimum gesprochen werden. Auch hier wird wieder deutlich wie wichtig es ist, den jeweiligen Unternehmenszweck bei Anwendungen betriebswirtschafftlicher Methoden und Theorien nicht aus den Augen zu verlieren. Deshalb seien hier noch grundlegende Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften zitiert:

Wolfgang Stützel zitiert nach (7)

"Bilanzregeln müssen aus der Zweckbestimmung der Rechnungslegung abgeleitet werden. Jeder Bilanzzweck führt zu spezifischen Bilanzierungsnormen. Zur Erfüllung bestimmer Zwecke reichen Rechenwerke nach Art traditioneller handeslrechtlicher Jahresabschlüsse aus, während für andere Funktionen "Rechenwerke nach Art traditoneller Jahresabschlüsse weder unbedingt erforderlich sind noch Ausreichendes leisten"."

Kommentar: Deshalb unterscheidet die BWL zwischen Finanzbuchhaltung und betrieblichem Rechnungswesen und gibt letzterer alle Freiheitsräume.

Eugen Schmalenbach (8)

"Die Kostenrechnung gestaltet sich verschieden, je nach dem Zwecke, von dem sie beherrscht wird. Das sollten auch diejenigen im Auge behalten, die über diesen Gegenstand schreiben. Es hat der Sache nicht gedient, daß fast alle Schriftsteller der Praxis von einem einzigen Zweck ausgingen, der in dem Betrieb, des sie kennenlernten, der vorherschende war." und "Es hängt vom verfolgten Rechenzweck ab, ob und in welchem Umfange der für betriebliche Leistungen erfolgte Güterverzehr als Kosten in Ansatz zu bringen ist. Die als Kosten bezeichnete Rechengröße ist also keine absolute Größe, die für alle Kostenrechnungszwecke Gültigkeit hat, sondern sie schließt bereits den verfolgten Rechnungszweck in sich ein; der Kostenbegirff ist zweckabhängig. Es ist möglich, daß der gleiche Gutsverzehr in der einen Kostenrechnung als Kosten anzusetzen ist und in ener anderen Kostenrechnung keine Kostengröße darstellt."

Kommentar : Insoweit sind allgemein kostenrechnerische Aussagen, die nicht unterscheiden, ob sie für Unternehmen getätigt werden, die erwerbswirtschaftlich ausgerichtet sind oder bedarfswirtschaftlich, latent falsch. Es braucht eine allgemeine Betriebswirtschaftslehre bzw. -theorie, die in ihrem Kernbereich, wozu sicher Aussagen zur Kostenrechnung und Preispolitik gehören, zwei Säulen unterscheidet und ausarbeitet, welche wirtschaftstheoretischen Aussagen für beide Säulen gelten und welche jeweils anders lauten. Der Mangel zeigt sich zum Beispiel, wenn unreflektiert der Opportunitätskostenansatz auf bedarfswirtschafltiche Unternehmen angewendet wird, sei es im Bereich der Kostenrechnung oder allgemeiner im Rahmen einer Bilanztheorie. Besonders fatal ist es, wenn ein Unternehmensverband, der bedarfswirtschaftliche Unternehmen vertritt, dies gar nicht mehr im Blick hat sondern seinen Mitgliedsunternehmen eine "Arbeitshilfe" zur erwerbswirtschaftlichen Ausrichtung gibt. (9)

Wolfgang Stützel und C. Brinkmann zitiert nach Wolfgang Stützel (10)

"Jede wirtschaftstheoretische Arbeit ist ein Versuch, durch systematische Überlegungen ein besseres Verständnis gewisser Vorgänge im sozialen Leben zu erschließen, und zwar jener Vorgänge, die wesentlich mit der Vorsorge zur Deckung des Lebensbedarfs zu tun haben und außerdem sich so regelmäßig wiederholen und in jeweils ähnlicher Weise so massenhaft auftreten, "daß sie mit Gewinn zum Gegenstand generalisierender Aussagen gemacht werden können"."

Literatur

(1) Horst Albach, Grundgedanken zur synthetischen Bilanztheorie, Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 1965, S.21-31  

(2) Frank Giebel, Mehr bedarfsdeckende Unternehmen als Teil einer nachhaltigen, lebenswerten Zukunft , Blog liberal und kooperativ, https://liberalundkooperativ.blogspot.com/2020/12/mehr-bedarfsdeckende-unternehmen-als.html , 2020

(3) Frank Giebel, Meine Auseinandersetzung mit "Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre unter Rationalitätsaspekten - Grundfragen der Betriebswirtschaftslehre" von Marcell Schweitzer und Marcus Schweitzer, Blog liberal und kooperativ, https://liberalundkooperativ.blogspot.com/2020/10/rezension-allgemeine.html  , 2020

(4) Frank Giebel, kleiner Diskursbeitrag zur genossenschaftlichen Betriebswirtschaftslehre, Blog liberal und kooperativ, https://liberalundkooperativ.blogspot.com/2023/06/kleiner-diskursbeitrag-zur.html , 2023

(5) Wolfgang Stützel, Bemerkungen zur Bilanztheorie, Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 1967, Seite 314-314 

 (6) Frank Giebel, Betriebswirtschaftliche Beurteilung der Eigenkapitalverzinsung im Rahmen der Preiskalkulation von Wohnungsgenossenschaften als bedarfswirtschaftliche Unternehmen,  Blog liberal und kooperativ, https://liberalundkooperativ.blogspot.com/2024/09/betriebswirtschaftliche-beurteilung-der.html , 2024, Seite 5f.

(7) Hartmut Bieg; Peter Bofinger; Karlheinz Küting; Heinz Kußmaul; Gerd Waschbusch ..., Die Saarbrücker Initiative gegen den Fair Value, Der Betrieb, 2008. S. 2549-2552 , dort S. 2549 mit Zitat von Wolfgang Stützel (5)

(8) Eugen Schmalenbach, Kostenrechnung und Preispolitik, 1963, 8. Auflage, Köln und Opladen, S.16 und Seite 6

(9) Frank Giebel, Gewinnorientierung als Zeitgeistsaspekt in der Fachliteratur zur Wohnungswirtschaft, Blog liberal und kooperativ, https://liberalundkooperativ.blogspot.com/search?q=arbeitshilfe,2022

(10) Wolfgang Stützel, Volkswirtschaftliche Saldenmechanik, 1978, 2. Auflage, Tübingen, S. 1 zitierend C. Brinkmann, Wirtschaftstheorie, 2. Auflage, Göttingen, 1953, §2


Donnerstag, 19. Mai 2022

Gewinnorientierung als Zeitgeistsaspekt in der Fachliteratur zur Wohnungswirtschaft

Ich hatte in der Vergangenheit mehrmals über den Ansatz der Nutzenmaximierung bei bedarfswirtschaftlichen Unternehmen als 2. Säule der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre neben der Säule der Gewinnmaximierung in erwerbswirtschaftlichen Unternehmen gebloggt. Ein großes Anwendungsfeld dieses Ansatzes sind öffentliche und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen. Im Rahmen der Sichtung von Literatur zum Thema untersuche ich heute einen Beitrag von Mathias Hain darauf, ob mein Ansatz der Nutzenmaximierung dort bereits erfasst wurde. Das Buch heist "Die Perfomance von öffentlichen Unternehmen am Beispiel von Wohnungsunternehmen in Deutschland", Gabler, Wiesbaden, 2008, Herausgeber Roland Berger Strategy Consultants. Es gibt einen umfassenden Überblick zur Fachliteratur zu öffentlichen Unternehmen im allgemeinen und öffentlichen Wohnungsunternehmen im besonderen bis zum Jahr 2008.


Unter dem Begriff Performance wird in dem Buch der Versuch unternommen, eine Leistungsmessung von Unternehmen nach mehreren Paramentern vorzunehmen. Im Einzelnen sind dies

- die Profitabilität (u.a. Umsatzrendite, Gesamtkapitalrendite)

- die operative Effizienz (u.a. Umsatz pro Mitarbeiter)

- Investitionen (u.a. Investitionen pro Umsatz)

- Beschäftigung (Anzahl der Mitarbeiter)

- Verschudlung (ua Fremdkapitalquote

- Dividenden (u.a. Dividende pro Umsatz)

(Hain S. 47f.)

Es fällt auf, dass fast alle Paramenter steigen, wenn Gewinn und/oder Umsatz steigen. Damit stehen sie im Widerspruch zu einem Ansatz, bei dem die Erfüllung von Bedarfen der Kunden der jeweiligen Unternehmen zu möglichst niedrigen Kosten und deren Weitergabe an die Kunden über niedrige Preise bestmöglich erfüllt d.h. maximiert werden. Dass man die "Perfomance" eines Unternehmens daran misst, was als Bedarfsdeckung bei den Kunden herauskommt, scheint dem Autor nicht in den Sinn zu kommen. Der bedarfswirtschaftlich-nutzenmaximierende Ansatz wird damit in dieser Untersuchung nicht als eine Möglichkeit der Leistungserbringung erkannt. Damit bleiben auch die Vorteile dieses Ansatzes mit potentiell geringerem Ressourceneinsatz und höherer Nachhaltigkeit genauso unbeachtet wie die Erkenntnis, dass er die effiziente und preiswerte Bedarfsdeckung für große Nutzergruppen erreichen kann.

Es ist für mich erstaunlich, dass der Autor und die sehr vielfältig von ihm zitierte Fachliteratur dies nicht erkannt bzw. vergessen hat. In den 1920er Jahren war das spezifische Potential bedarfswirtschaftlicher Unternehmen noch allgemein bewusst, zum Beispiel bei Max Weber oder Karl Hildebrandt (siehe frühere Blogbeiträge). Ein Problem scheint darin zu liegen, dass bei der Abgrenzung von öffentlichen Unternehmen die zitierten Autoren sich hauptsächlich auf die Eigentumsverhältnisse der Unternehmen beziehen und die Ziele im Bereich der Leistungserstellung der Unternehmen so gut wie keine Rolle spielen. Beachtet man die Ziele nicht, können sich aus ihnen auch keine Erkenntnisse zur bestmöglichen Betriebsführung ableiten lassen. So zitiert Mathias Hain Günter Püttner "Auf die Unterschiedlichkeit der Zwecksetzung, der Wirtschaftsführung und überhaupt der Unternehmenspolitik kann es nicht ankommen; auch ein öffentliches Unternehmen, das sich völlig wie ein privates verhält... bleibt im Verhältnis zur privaten Wirtschaft ein öffentliches Unternehmen, vielleicht ein schlechtes oder ein unzulässiges, aber eben doch ein öffentliches Unternehmen. Günter Püttner "Die öffentlichen Unternehmen: Handbuch zu Verfassungs- und Rechtsfragen der öffentlichen Wirtschaft, "2. Auflage, 1985, S. 21 zitiert nach (Hain S.12). Mit einer solchen Einstellung kommt man sicher nicht zu sinnvollen normativen Aussagen über Grundsätze guter Betriebsführung in bedarfswirtschaftlich-nutzenmaximierden Unternehmen.

Insgesamt scheint in 2008 der Zeitgeist vorgeherrscht zu haben, dass öffentliche Unternehmen ineffizienter sind als private und versuchen müssten ihrer Defizite auszugleichen, indem sie sich möglichst wie private erwerbswirtschaftliche Unternehmen verhalten, statt dass man erkannt hätte, dass in ihnen, wie in allen bedarfswirtschaftlichen Unternehmen, strukturell bzw. morphologisch (d.i. ihrer Wesensart innewohnend) ein anderes Potential angelegt ist, das es lohnt zu entfalten.

So schreibt Hain im Zusammenhang mit der Abschaffung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes Ende 1989 "Die Zielfunktion von öffentlichen Wohnungsunternehmen unterscheidet sich somit nicht mehr grundsätzlich von der privater Wohnungsunternehmen." Er zitiert dabei ein Buch des GdW, der als Bundesverband öffentliche und private Wohnungsunternehmen vertritt "dass öffentliche Wohnungsunternehmen zwar einen sozialen Versorgungsauftrag wahrnehmen, ....sie sind dennoch erwerbswirtschaftlich orientiert...".[Arbeitshilfe 51: Unternehmensstrategie und Balanced Scorecard: Strategieimplementierung in Wohnungsunternehmen, GDW, Berlin, 2006, Seite 12].