Gestern hat der Bundestag das Klimaverkohlungsgesetz beschlossen. Deutschland wird damit so gut wie sicher es nicht mehr schaffen, seine CO2 Emissionen so weit zu begrenzen, dass das Pariser Klimabkommen eingehalten werden kann und die Erwärmung der Erde unter 2 Grad Celsius gehalten werden kann. Die Menschheit steuert sehenden Auges auf ein Fiasko zu. Das politische System ist zu träge, um angemessen darauf zu reagieren. Auch Frau Merkel reiht sich hier bei aller Aktivität und allem Reden stumm ein.
Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern hat die Bundeskanzlerin bei uns weder den Klimanotstand ausgerufen, bekennt sich also nicht zur ganzen Wahrheit der Klimakrise, noch wurde von der Bundesregierung eine klares Ziel benannt, bis wann Deutschland nettonull kein CO2 mehr emittiert, zum Beispiel bis 2028, noch beruft die Regierung eine repräsentative, losbasierte Bürgerinnenversammlung ein, um sich von der Bevölkerung Rückendeckung dafür zu holen, mit welchen Massnahmen sie die CO2 Neutralität umsetzen soll. Das jetzige System - in der Politik mit seinen Komissionen, Ausschüssen, Parteiendominanz und dem Schielen darauf, ob man wiedergewählt wird und in der Wirtschaft mit der Dominanz der Gewinnmaximierung - ist dazu nicht in der Lage.
Damit ist die Menschheit am Arsch. Wie soll, wie kann man mit einer solchen Situation umgehen?
Eigentlich wäre jetzt der Zeitpunkt gewesen, dass die Menschheit erwachsen wird, dass sie vollständig die Verantwortung für ihr Handeln übernimmt und akzeptiert, dass es mittlerweile so viele Menschen auf diesem Planeten gibt und es noch mehr werden werden und wir so viele Resourcen beanspruchen, dass wir das nur dann hinbekommen, wenn wir mit den Resourcen schonend umgehen und unser Handeln und unsere Lebenspraxis umstellen, auch im Bezug auf die Regeln, die wir uns als Gemeinwesen geben.
Darin haben wir versagt, jedenfalls in Deutschland. Einige Länder machen es besser, einige wie Brasilien und die USA schlechter. Insgesamt wird es nicht reichen.
Wie soll man mit einer solchen Situatuion umgehen?
Die Pandemie Covid19 hat gezeigt, dass die Menschenheit mehrheitlich handeln kann, wenn die Gefahr unmittelbar klar ist und viele haben durch Corona Erfahrungen gemacht, die sie als Menschen weitergebracht haben. Sie haben sich von oberflächlichem Konsum und Aktivitis emanzipiert und den Wert von Beziehungen und auch den Kontakt mit der Natur im Kleinen und bei ihnen vor Ort, von Innenschau und Muse mehr zu schätzen gelernt.
Es sieht so aus, als hat die Menschheit kollektiv die Entscheidung gefällt, dass es diese harten Erfahrungen, dieses Leid braucht und will, um in diesem Leid sich tiefer und klarer selbst zu begegnen und zu erfahren, was im Leben wichtig ist. Anscheinend will die Menschheit die Klimakatastrophe für künftige Generationen auf den Weg bringen, keine Tiefen und Herausforderungen auslassen wie den massiven Rückgang der für Menschen bewohnbaren Zonen, ein menschengemachtes Massenaussterben von Tierarten und eine großflächige Überflutung von Landgebieten durch den Anstieg des Meeresspiegels.
Wir werden in der Geschichte der Menschheit die Generation sein, die diese Entscheidung an dieser Weggabelung gefällt hat, ihren nachfolgenden Generationen dieses Vermächtnis mitgibt: Wir sind die Generation, die mit ihrem Wunsch nach Erfahrung immer weiter in die Krise steuern will, um sich selbst zu begegnen und werden von unseren Nachfahren diese Begegnung mit sich selbst in dann deren Krise einfordern. Vielleicht gehört die Krise zum Erwachsen werden dazu. Vielleicht sind wir trotz zweier Weltkriege und der furchbaren Erfahrungen von Holocaust und dem kommunistschen Totalitarismus noch nicht da angekommen, dass wir als Kollektiv glauben, schon die Synthese bilden zu können. Anscheinend will die Menschheit künftigen Generationen weitere Bürden auftragen, um daran zu wachsen. Sie werden die Bürde haben zu wissen, dass sie von einer Generationen abstammen, die zu egoistisch war, um den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten, die noch nicht reif geworden waren, um für ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen. Die nächsten Generationen werden es schwer haben, weil wir ihnen Krisen so gut wie sicher mitgeben werden, wie keine Generatiuon vor uns das getan hat.
Gibt es doch einen Ausweg? Was soll, was kann der Einzelne heute tun?, der sich ja nicht einmal in einer Minderheit befindet, denn die Mehrheit der Menschen haben ein klares Empfinden wo wir stehen. Es ist ja das System, das Miteinander, das versagt hat.
Ich glaube jeder kann einfach heute schon der/die sein, die er/sie ist, ganz konsequent in jedem Moment und nicht hinter sein Bewusstsein zurückfallen und in seinen Mitmenschen diese Qualität warhnehmen. Dann kann sich ein neues System selbstverstärkend manifestieren, dann schaffen wir im hier und jetzt eine neue Welt. Wahrscheinlich sind in dieser neuen Welt nach 100 Jahren die habitablen Zonen deutlich kleiner als heute, Norddeutschland bis zum Harz überflutet und Tausende heute noch lebender Tierarten ausgestorben. Aber wir haben dennoch die Chance in einem größer gewordenen Bewusstsein zu leben, wer wir sind und besser miteinander und der Erde als Ganzes umzugehen, das Leben auf der Erde in allen seinen Formen zu schätzen und zu achten und zu einem besseren System, zu einem besseren Miteinander zu finden, wie wir damit umgehen.
Samstag, 4. Juli 2020
Sonntag, 5. Januar 2020
Vorschlag für eine(n) Genossenschaftsbeauftragte(n) der Bundesregierung
Ich schlage hiermit vor, dass die
Bundesregierung eine(n) Genossenschaftsbeauftragte(n) bestellt.
Zuständig
sollte das Ministerium für Wirtschaft und Energie sein. Die Ministerien des Innern für Bau und Heimat, M. der Justiz und für Verbraucherschutz, M. für Arbeit und Soziales sollten in die Ausgestaltung und Besetzung einbezogen werden, da Genossenschaften in all diesen Bereichen eine konstruktive Rolle spielen können. Damit würde die
Bundesregierung dem gesellschaftlichen Potential, das im
Genossenschaftsgedanken liegt, Gewicht geben und könnte die
Entfaltung dieses Potentials konkret fördern, in dem es personelle Resourcen und Know How zur Verfügung stellt.
Das Potential von Genossenschaften liegt im Bereich Wohnen
- in niedrigen Mieten auch in
angespannten Wohnungsmärkten, bei geringem Einsatz staatlicher
Mittel, da Menschen im
gemeinschaftlichem Geschäftsbetrieb betriebliche Leistungen
dauerhaft organisieren,
- in Unterstützung der Kaufkraft und
dem Aufbau von Vermögen von breiten Bevölkerungsschichten als Mitunternehmer und Eigentümer
- in der Stärkung der demokratischen
Praxis in der Gesellschaft, da Genossenschaften demokratisch
organisiert sind.
Hintergrund: Eine wichtiger Bereich
genossenschaftlicher Aktivität sind Wohnungen. Es gibt zwar erste
Bestrebungen von Wohnungsgenossenschaften einen bundesweiten Verband
zu gründen und auch erste Gedanken für eine europaweite
gegenseitige Förderung, dennoch hat sich über Jahrzehnte mit
dem GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen und seinen Unterverbänden eine
Verbandsstruktur entwickelt, die allein wohnungswirtschaftlich
ausgerichtet ist und bei der das besondere gesellschaftliche
Potential von Wohnungsgenossenschaften nicht berücksichtigt werden
kann. Im Hinblick auf bezahlbare Wohnungen sind in der Schweiz und
Österreich derzeit klarer Vorteile gegenüber Deutschland erkennbar:
In der Schweiz sind Genossenschaften per se stärker gesellschaftlich
verankert. Dies zeigt sich zum einen im Bekenntnis des Verbandes
Schweizer Wohnungsgenossenschaften zum Prinzip der Kostenmiete,
d.h. je Wohnanlage wird nur das verlangt, was die jeweilige Wohnung
kostet.
.
Zum anderen hat die Schweiz für sich
insgesamt das Prinzip der Kostenmiete entdeckt. Das heißt, dort sind
auch gewinnorientierte Vermieter verpflichtet, bei Zinssenkungen auf
den Kapitalmärkten diese Kostenvorteile an die Mieter auf Verlangen
weiterzugeben.
Auch Österreich lässt mit niedrigen
Mieten selbst bei Neubauten in guten Lagen und einem anderen Ansatz
im sozialen Wohnungsbau aufhorchen. siehe zum Beispiel aktuell
Salzburg mit Nettokalt-Neubaumieten unter 5 ,- € je Quadratmeter.
Auch in anderen Feldern wie zum Beispiel bei der Energieerzeugung und
-verteilung, der ambulanten Pflege und im kulturellen Bereich bieten
Genossenschaften viele Möglichkeiten gesellschaftlich nachhaltig zu
wirken.
Ein künftiger
Genossenschaftsbeauftragter sollte glaubwürdig dafür stehen, das
Potential, das im Genossenschaftsgedanken liegt, zu erkennen und sich
dafür einzusetzen, es zu befördern und voll zur Entfaltung zu
bringen. Sie sollte nach Möglichkeit parteiunabhängig sein und
sowohl praktische Erfahrungen mit und in Genossenschaften haben, als
auch in der Lage sein, wissenschaftliche Ergebnisse zu rezipieren und
anzuwenden. Und sie sollte bereit sein, sich mit allen Akteuren in
Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zu
vernetzen und zu kooperieren.
Donnerstag, 2. Januar 2020
Ausrichtung auf Renditen bei Wohnungsgenossenschaften, macht das Sinn?
Welche Rolle sollte Rendite in
Wohnungsgenossenschaften spielen? Betriebswirtschaftlich bedeutet
Rendite den Gewinn, den eine bestimmte Investition im
Betrachtungszeitraum abwirft, also Gewinn in Prozent der eingesetzten
Summe. Ist es das eigene Kapital, das eingesetzt wird, spricht man
von Eigenkapitalrendite, ist es aufgenommenes Kapital, also Kredite,
spricht man von Fremdkapitalrendite und betrachtet man beides
zusammen, addiert es also, ergibt sich die Gesamtkapitalrendite.
Insoweit kann man sowohl Einzelinvesitionen wie zum Beispiel den Bau
einer Wohnanlage betrachten als auch ganze Unternehmen, diese mittels
Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung.
Da Gewinnerzielung in Genossenschaften
kein Selbstzweck ist und nicht gleichrangig mit dem Ziel der
Nutzenmaximierung für die Mitglieder ist, machen Gewinne nur
insoweit Sinn, wie Sie für die langfristige wirtschaftliche
Förderung der Mitglieder sinnvoll sind, indem sich das Unternehmen
durch Aufbau von zusätzlichem Eigenkapital - also der Zuführung
von Gewinnen eines Jahres in die Bilanz - so gut weiterentwickeln kann,
dass der langfristige Nutzen für die Mitglieder maximiert wird.
Mitglieder sind dabei jeweils die aktuellen Mitglieder, keine fiktiven, künftigen. Würde man zum Beispiel die Expansion in andere
geographische Regionen damit rechtfertigen, dass die künftigen
Wohnungsnutzer ebenfalls Mitglieder würden, würde das bedeuten,
dass man bereits jetzt Geld nicht mit Blick auf die eigenen
Mitglieder ausgibt bzw. auszugeben plant. Dies ist grundsätzlich
nicht möglich. Würde es doch getan, wäre das ein sicheres Zeichen,
dass die jeweilige Genossenschaft keine Genossenschaft mehr im Sinne
des Genossenschaftsgesetzes und vor allem der Genossenschaftsidee
ist, sondern nur noch dem Anschein nach.
Die Höhe der Beträge, die jährlich
als Gewinne erwirtschaftet und in die Eigenkapital-Rücklagen
eingestellt werden, sollten sich daran orientieren, wie viel
Eigenkapital für künftige Bautätigkeiten benötigt wird. Dazu muss
man den konkreten Bedarf der eigenen Mitglieder kennen hinsichtlich
Menge an nachgefragtem Wohnraum, Lage, Ausgestaltung und Preis. Als
Erfolgskontrolle sollte die Quote der Wohnungen, die von eigenen
Mitgliedern bei Erstbezug eines Neubaus angemietet werden, ermittelt und im
folgeden jährlichen Geschäftsbericht veröffentlicht werden.
Mitunter ist das Argument zu hören,
dass es wohnungswirtschaftlich geboten sei, mit einer bestimmten
Eigenkapitalrendite zu rechnen und dass diese bei mindestens 4,5%
läge und sich auch Wohnungsgenossenschaften danach ausrichten
müssten, weil sie ja auch wohnungswirtschaftlich solide agieren
müssen. Gerade in den aktuellen Zeiten, wenn die Zinsen für
Fremdkapital in Europa unter zwei Prozent gefallen sind, macht es
einen großen Unterschied, ob ich Nutzungsentgelte (Mieten) so
kalkuliere, dass beim Eigenkapital 4,5% erwirtschaftet werden müssen
oder 2-2,5%. Mir selbst liegt keine betriebswirtschaftliche
Herleitung vor, die zum Ergebnis kommt, dass 4,5% Eigenkapitalrendite
wohnungswirtschaftlich geboten ist. Falls jemand eine kennt,
wäre ich sehr interessiert, sie inhaltlich zu prüfen. Ein Blick in
die Schweiz zeigt allerdings, dass dort eine gesetztliche Regelung
existiert, die von allen Vermietern, seien es gewinnorientierte oder
gemeinwohlorientierte, verlangt, dass sie Wohnungen zu einer
sogenannten Kostenmiete anbieten. Diese wird so kalkuliert, dass zum
einen natürlich die Zinsen für aufgenomme Kredite in Ansatz
genommen werden dürfen und dass analog dazu Erträge für
bereitgestelltes Eigenkapital in Ansatz gebracht werden darf. Dieses
muss sich aber in der Höhe am üblichen Marktzins für Fremdkapital
orientieren und darf diesen nicht um mehr als 0,5 Prozentpunkte
übersteigen:
"Der zulässige Mietzins ergibt
sich aus den durch die vermietende Partei zu tragenden
Liegenschaftskosten (Fremdkapitalkosten, Unterhaltskosten und
Betriebskosten) und der Nettorendite auf dem eingesetzten
Eigenkapital. Das Eigenkapital entspricht der Differenz zwischen den
Anlagekosten und dem Fremdkapital. Auf dem jeweils aktualisierten
Eigenkapital darf nach geltender Rechtspraxis eine Rendite erzielt
werden, die den mietrechtlichen Referenzzinssatz um nicht mehr als
ein halbes Prozent übersteigt. "
Quelle:
Aus wohnungsgenossenschaftlicher Sicht
ist dies der maxmiale Prozentsatz, der für eine Eigenkapitalrendite angesetzt werden
sollte. Kann und darf eine Genossenschaft darunter bleiben?
Grundsätzlich ja. Letztlich handelt es sich ja um eine
Eigentümergemeinschaft, die sich nur auf ein sinnvolles Verfahren
einigen muss, zu welchen Beträgen sie die Nutzung der Wohnungen an
ihre Mitglieder innerhalb eines gemeinsamen Geschäftsbetriebes
möglich macht, so, dass sie dies auch langfristig gut tun kann.
Hierfür ist wie oben hergeleitet Rendite keine sehr sinnvolle
Kennzahl und es ist viel sinnvoller, darauf zu achten, dass jedes
Jahr in absoluten Beträgen so viel Eigenkapital gebildet wird, dass
künftige Bautägigkeiten in einem sinnvollen Mix von Fremd- und
Eigenkapital finanziert werden können. Dazu bedarf es neben einer
sehr genauen Kenntnis der Bedarfe der eigenen Mitglieder einer
ausreichend genauen Liquiditätsplanung über einen längeren
Zeitraum, der auch quantitativ Neubauvorhaben und gebenenfalls
Ersatzbauten berücksichtigt. Ich halte hier einen Zehnjahreszeitraum
für nicht übertrieben. Selbst ein 20-Jahreszeitraum wäre etwas, was
eine Unternehmensführung dahingehend prüfen sollte, ob sie damit zu sinnvollen, d.h. ausreichend genauen
Aussagen zu einem vertretbaren Aufwand kommt.
Noch zwei weitergehende Hinweise:
Es wäre interessant zu erfahren, wie der wichtigste Prüfungsverband von Wohnungsgenossenschaften, der GDW und seine Unterverbände zur Frage der Rendite, auch zu den 4,5% stehen.
Im Zusammenhang mit der Diskussion über den Berliner Mietendeckel, scheint mir die Schweizer Lösung der Kostenmiete vom Grundsatz her viel geeigneter, zu nachhaltig verträglichen Entwicklungen im Bereich Wohnen in Metropolen zu kommen, als die Preishammermethode der staatlichen Preisbestimmung, wie er mit dem Berliner Mietendeckel versucht wird. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich gerne mehr über das Schweizer System lernen, was daran gut funktioniert, was nicht und im Austausch mit anderen schauen, was man für andere Metropolen übernehmen kann. Es ist schade, dass von Seiten des GDW hier kein Initiative kam, die Kostenmiete ins Spiel zu bringen. Da der GDW aber eben nicht nur Genossenschaften vertritt, ist dies letztlich verständlich. Dies zeigt einmal mehr, dass es wichtig wäre, wenn Wohnungsgenossenschaften sich bundesweit in einem eigenen Verband vernetzen und eigenes Know How aufbauen. Letztlich heist dass ja nicht, dass sie nicht auch im GDW Mitglied sein können mit Blick auf Fragen, die alle Wohnungsunternehmen gleichermassen betreffen. Ein solcher Verband könnte zum Beispiel zu Fragen wie dem Mietendeckel oder auch zum Thema Erbaugrundstücke und Vergabe öffentlicher Grundstücke eigene Akzente setzen, die uns als Gesellschaft insgesamt deutlich weiter bringen.
Es wäre interessant zu erfahren, wie der wichtigste Prüfungsverband von Wohnungsgenossenschaften, der GDW und seine Unterverbände zur Frage der Rendite, auch zu den 4,5% stehen.
Im Zusammenhang mit der Diskussion über den Berliner Mietendeckel, scheint mir die Schweizer Lösung der Kostenmiete vom Grundsatz her viel geeigneter, zu nachhaltig verträglichen Entwicklungen im Bereich Wohnen in Metropolen zu kommen, als die Preishammermethode der staatlichen Preisbestimmung, wie er mit dem Berliner Mietendeckel versucht wird. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich gerne mehr über das Schweizer System lernen, was daran gut funktioniert, was nicht und im Austausch mit anderen schauen, was man für andere Metropolen übernehmen kann. Es ist schade, dass von Seiten des GDW hier kein Initiative kam, die Kostenmiete ins Spiel zu bringen. Da der GDW aber eben nicht nur Genossenschaften vertritt, ist dies letztlich verständlich. Dies zeigt einmal mehr, dass es wichtig wäre, wenn Wohnungsgenossenschaften sich bundesweit in einem eigenen Verband vernetzen und eigenes Know How aufbauen. Letztlich heist dass ja nicht, dass sie nicht auch im GDW Mitglied sein können mit Blick auf Fragen, die alle Wohnungsunternehmen gleichermassen betreffen. Ein solcher Verband könnte zum Beispiel zu Fragen wie dem Mietendeckel oder auch zum Thema Erbaugrundstücke und Vergabe öffentlicher Grundstücke eigene Akzente setzen, die uns als Gesellschaft insgesamt deutlich weiter bringen.
Samstag, 28. Dezember 2019
Für Genossenschaftsmitglieder lohnt ein Blick über den Tellerrand: credit unions in den USA
Ich führe hier 4 Zitate über credit
unions aus dem englischen wikipedia https://en.wikipedia.org/wiki/Credit_union auf und zeige, wie man damit
genossenschaftliche Prinzipien insbesondere in
Wohnungsgenossenschaften klarer herausarbeiten und stärker anwenden
kann. Um den Lesefluss nicht zu behindern, füge ich die Übersetzungen
der 4 Zitate ganz unten an:
1.
In Deutschland nimmt der GDW https://de.wikipedia.org/wiki/GdW_Bundesverband_deutscher_Wohnungs-_und_Immobilienunternehmen als
größter Verband von Wohnungsunternehmen Einfluss auf die
Gesetzgebung, auch im Genossenschaftsrecht. Da in ihm sowohl
gewinnfokussierte Unternehmen als auch Genossenschaften organisiert
sind, besteht das Problem, dass er gegensätzliche Interessen
vertreten muss und grundsätzlich nicht die bestmögliche Position vertritt, die im Sinne der
Mitglieder von Genossenschaften ist.
Dass diese Gegensätze in der
unterschiedlichen Natur der Unternehmensformen liegen also
struktureller Art sind und nicht im bösem Willen oder Unvermögen
der Führungskräfte des Verbandes liegen, zeigt der Blick auf
credit unions:
Tension has always existed between
member-owned cooperative credit unions and for-profit banks in the
United States. When credit unions were first organizing in the US in
the early 20th century, the banking industry was opposed, remaining
so ever since. Banks and bank trade associations consistently put
anti-credit union legislation at the top of their agendas.[39]
D.h. für gewinnmaximierende
Unternehmen sind mitgliederfokussierte Unternehmen grundsätzlich
eine Bedrohung. Da ist es sicher ein Gewinn, sie innerhalb eines
gemeinsamen Verbandes einbinden zu können. Schaut man sich die Mietenpolitik der
meisten großen Wohnungsgenossenschaften an, ist dies insoweit gelungen,
dass diese meistens Mietsteigerungen lokaler Mietmärkte mitvollziehen und sich vom genossenschaftlichen Prinzip von
Nutzungsentgelten auf Selbstkostenbasis seit den 1990er Jahren
abgewendet haben. Auch das Bemühen der Vorgabe von Mustersatzungen
durch den GDW - siehe http://www.genossenschaft-von-unten.eu/zu-satzungsaenderungen-gdw-2019-05.html
- oder der Einsatz einer intransparenten Kampagne anlässlich des
Berliner Mietendeckels - siehe https://www.heise.de/tp/features/Immobilienlobby-Mit-Geo-Targeting-gegen-den-Mietendeckel-4557668.html
- sind nach meiner Wahrnehmung Belege dafür, dass die Interessen
von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften beim GDW nicht das
Gewicht haben, das sie in einem Verband hätten, der allein die
Interessen von Wohnungsgenossenschaften und deren Mitglieder
vertritt. In einem dritten Fall recherchiere ich noch zur Rolle des GDW: In Deutschland haben wir ein Genossenschaftsrecht, das "bei mitgliederstarken
Genossenschaften das Minderheitsrecht praktisch ausschließt "(Zitat
Referententwurf der Bundesregierung zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes aus 2006, Seite 88 http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/010/1601025.pdf
) Es geht dabei um die Regel unter welchen Voraussetzungen Mitglieder Tagesordnungspunkte auf Generalversammlungen (alle Mitlieder) oder auf Vertreterversammlungen (Delegiertenversammlungen in Genossenschaften über 1500 Mitgliedern) einbringen können und ob statt 10% 150 Mitglieder ausreichen sollen. Bei einer Genossenschaft mit 10.000 Mitlgiedern wären dass statt 1000 nur 150. Die Option von 150 Mitgliedern aus dem Novellierungsentwurf wurde wieder gestrichen und wurde nicht Gesetz. Ich habe derzeit beim Deutschen Bundestag angefragt, wer alles 2006 als
Sachverständige im Rechtsausschuss zu dieser Frage Stellung genommen
hat, um hier am Einzelfall beurteilen zu können, ob sich der GDW für die
Stärkung der Minderheitsrechte eingesetzt hat.
2. Due to their status as
not-for-profit, member-owned financial institutions with no source of
secondary investment capital, credit unions in the US are exempt from
federal and state income taxes[40]
Der Ausdruck not-for-profit passt auch
für Genossenschaften. Er zeigt, es ist nicht falsch Gewinne zu
machen, aber sie sind nicht das, das Genossenschaften primär motivieren sollte. Motivation
sollte der Nutzen für die Mitglieder sein. Da es keinen anderen Unternehmenszweck gibt, sollte der bestmöglich erfolgen, also eine Nutzenmaximierung statt eine Gewinnmaximierung stattfinden, allerdings nicht absolut gesetzt, sonderm im Rahmen guter Unternehmensführung (corporate governance) also zugleich Rücksicht auf die anderen vom Unternehmenshandeln Betroffenen genommen werden wie Mitarbeiter, Lieferanten, Kommune,Staat und Umwelt. Nach meiner Wahrnehmung steht es noch aus, ein betriebswirtschaftliches Grundkonzept auf Basis von Nutzenmaximierung an Stelle der gängigen Gewinnmaximierung zu formulieren (siehe zB Wöhe Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 15. Auflage, Kapitel: Die Produktion als betriebliche Hauptfunktion Seite 401). Dieses könnten zum Beispiel Wohnungsgenossenschaften als Leitplanken für unternehmerische Entscheidungen nutzen.
3. Typically, members' families – such as immediate family or
household members – can also join the credit union.[24]
Auch in Wohnungsgenossenschaften macht
es Sinn, wenn alle Bewohner Mitglieder werden können.
4. Credit
unions generally follow the principle of "once a member, always
a member", which allows a member with a current credit union
membership to remain a member even if s/he would otherwise no longer
qualify to be such, such as leaving the company with whom s/he
initially gained membership or moving outside the credit union's
defined geographic area. However, many credit unions reserve the
right of expulsion against a member who causes a financial loss.[26]
Übertragen auf eine
Wohnungsgenossenschaft heist das, dass zum Beispiel eine
Privatinsolvenz kein Grund sein sollte, ein Mitglied auszuschließen
soweit es weiter das Nutzungsentgelt bezahlt.
Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Credit_unions_in_the_United_States
Credit unions in the United States serve 100 million members,
comprising 43.7% of the economically active population.[1][2]
U.S. credit
unions are not-for-profit, cooperative,
tax-exempt organizations.[3]
1. "Tension has always existed
between member-owned cooperative credit unions and for-profit banks
in the United States. When credit unions were first organizing in the
US in the early 20th century, the banking industry was opposed,
remaining so ever since. Banks and bank trade associations
consistently put anti-credit union legislation at the top of their
agendas.[39]
"
Es gab immer Spannungen zwischen im
Eigentum von Mitgliedern befindlichen kooperativen credit unions und
auf Gewinn ausgerichteten Banken in den USA. Als die ersten credit
unions Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden, war die Bankenbranche
dagegen, was bis heute so blieb. Banken und Bankenverbände gaben
einer gegen credit unions gerichtete Gesetzgebung dauerhaft eine hohe
Priorität.
2. "Due to their status as
not-for-profit, member-owned financial institutions with no source of
secondary investment capital, credit unions in the US are exempt from
federal and state income taxes[40]"
Aufgrund ihres Status als nicht auf
Gewinn ausgerichtete, im Eigentum von Mitgliedern befindliche
Finanzorganisation ohne Zugang zu weitergehendem Investivkapital. sind
credit unions in den USA von der Einkommensteuer befreit.
3. Typically, members' families – such as immediate family or
household members – can also join the credit union.[24]
Normalerweise können
Familienangehörige von Mitgliedern, sowohl wie direkte Angehörige (gemeint sind wohl Kinder und Eltern) als auch
im gleichen Haushalt wohnende, auch Mitglieder der credit union werden.
4. Credit
unions generally follow the principle of "once a member, always
a member", which allows a member with a current credit union
membership to remain a member even if s/he would otherwise no longer
qualify to be such, ... However, many credit unions reserve the right
of expulsion against a member who causes a financial loss.[26]
Credit unions folgen in der Regel dem
Prinzip, "einmal Mitglied, immer Mitglied". Das erlaubt
einem Mitglied auch dann Mitglied zu bleiben, wenn es die
Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt, ...Viele credit unions
behalten sich jedoch das Recht vor, ein Mitglied auszuschließen,
wenn durch das Mitglied ein finanzieller Verlust entsteht.
Dienstag, 24. Dezember 2019
genossenschaftliche Praxis auf der Höhe der Zukunft
Vor einigen Monaten hatte ich einen
Vortrag des Theologen und Philosophen Jürgen Manemann über den
Klimanotstand gehört. https://www.youtube.com/watch?v=jf0Ikh_3jxU&t=882s
Mich frappierte darin eine Zitat von
Roger Willemsen. "Aus all den Fakten ist keine Praxis
entsprungen, die auf der Höhe der drohenden Zukunft wäre"
(11:28). Auch wenn ich selbst am Thema Klimaanotstand sehr interessiert
bin, wurde mir klar, dass diese Aussage sich weitgehend auch auf
traditionelle Wohnungsgenossenschaften in Deutschland übertragen
lässt: aus all ihren Handlungen, ihren Traditionen und ihrem
Selbstverständnis ist in der Regel keine Praxis entsprungen, die auf
der Höhe dessen ist, was Genossenschaften sein können, was ihrem
Potential entspricht. Auch die von Manemann zitierte Einsicht von
Hegel passt hier: Bekanntes ist darum, weil es bekannt ist, noch
lange nicht erkannt." (10:47). Jürgen Manemann formuliert das
so: Das, was das bekannteste ist, ist vielfach das, was wir überhaupt
nicht erkannt haben: Mitglieder und Funktionsträger in
Genossenschaften sind häufig gängige Geschäftspolitiken und Sichtweisen so sehr gewohnt, dass sie gar
nicht mehr auf die Idee kommen, dass Genossenschaften mehr sein
können, als sie es seit Jahren erfahren, dass sie in ihrem konkreten
Fall noch gar nicht richtig gebohren sind bzw. noch nicht erwacht
oder erwachsen geworden sind.
Was müsste erfüllt sein, um diese
höhere Qualität der Genossenschaftsidee zu verwirklichen? Auch
dafür liefert der Vortrag von Jürgen Manemann gute Hinweise: Den
ersten Punkt, den er macht, ist die Wahrheit zu sagen (ab min 9). Dabei
stellt er fest, dass dies zunächst heißt Fakten zu nennen und auf
Fakten basierende Informationen zu verbreiten. Im
genossenschaftlichen Kontext könnte dies heißen, dass gängige
Unternehmenspraktiken untersucht werden, inwieweit sie
genossenschaftlichen Prinzipien oder in der Satzung festgelegten
Regeln widersprechen und Korrekturen einzufordern bzw selbst
Vorschläge zu machen, wie die Praxis besser am Genossenschaftsgedanken
ausgerichtet werden kann. Manemann geht allerdings weiter. Er stellt
fest, dass für eine gute Praxis Verstand und Herz angeprochen werden
müssen: "Die Wahrheit sagen muss also mehr beinhalten als
Fakten aufzulisten. Die Wahrheit sagen muß heißen sie so zu sagen,
daß wir von der Wahrheit berührt werden, daß uns diese Wahrheit
angeht, und zwar in unserem Innersten. Nur dann kann diese Wahrheit
Leben, unser Leben verändern. Nur dann stellt diese Wahrheit einen
Anspruch an mich. Ein dieser Wahrheit entsprechendes Leben führen
heißt wahrhaftig zu leben, Wahrhaftigkeit heißt die Wahrheit tun.
Wahrheit sagen muss eine Praxis nach sich ziehen." Weiter weist
Manemann auf Michel Foucault hin, dass Wahrheit sagen immer mit
Selbstverwandlung zu tun haben muss und dem zahlreiche
Widerstände und Ablehnung entgegenstehen können. Er geht weiter auf
die griechische Herkunft des Wortes Wahrheit, aletheia, ein, das
wörtlich Unverborgenheit bedeutet. Nach dem Philosophen Vilém Flusser ginge es darum die "Wattedecke
der Gewohnheiten wegzuziehen", "die die Wahrheit verbirgt", "die alle Ecken abrundet und alle Störgeräusche dämpft". Deshalb ist es wichtig
innerhalb von Genossenschaften auf Augenhöhe miteinander zu
kommuzieren und alle Informationen transparent zu machen, d.h.
gleichbereichtigt zu teilen aber auch, sich hin zu einer Praxis zu
entwickeln, Emotionen miteinander zu teilen. Wissen sollte nie als Herrschaftswissen eingesetzt werden, sondern innerhalb von Genossenschaften so breit wie möglich geteilt werden. Hauptamtlich tätige Vorstände haben immer auch einen Bildungsauftrag gegenüber den Mitgliedern. Unternehmerische Entscheidungen auf Mitgliederversammlungen sollten im Kontext möglicher Alternativen vorgestellt und damit die Rolle der Mitglieder als Mitunternehmer achten. Und vor allem, die Mitglieder sollten diese Rolle, die sie innehaben, selbst achten. Wie §1 des Genossenschaftsgesetzes formuliert, geht es in Gnossenschaften darum, die Wirtschaft der Mitglieder mittels eines gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs zu fördern. Das heißt, auch wenn eine Geschäftsführung die operative Verantwortung hat und die Geschäfte ausführt, sind alle als Mitunternehmer beteiligt und sollten die grundlegenden Aspekte der Unternehmensstrategie mit vollziehen und im Zusammenspiel mit dem Aufsichsrat mit gestalten. Dabei dürfen und sollten alle Beteiligte auch ihre Emotionen benennen. Destruktiv werden Ängste
und Sorgen dann, wenn sie nicht ausgeprochen werden, sondern
hinter rationalen Argumenten verborgen werden. Hier haben wohl die meisten traditionellen Wohnungsgenossenschaften noch Entwicklungspotential, nicht anders als die meisten Unternehmen anderer Rechtsformen. Weitere Entwicklungspotentiale für Unternehmen in der Entwicklungslinie - streng hierachisch geführt - über rational geführt - ökologisch ausgerichtet - hin zu wertebasiert und und kollegial geführt - zeigte 2014 Frederic Laloux auf in seinem Buch "Reinventing Organizations." Das Gute an der Praxis ist,
dass sie Fehler der Vergangenheit verzeiht, da in jedem Augenblick die
Praxis durch adäquates Handeln verbessert werden kann. Jederzeit
ist ein Neustart möglich und jeder, der damit anfängt, egal in
welcher Position er ist, verändert damit bereits die Gesamtsituation
in einem Unternehmen.
Auf Augenhöhe kommunizieren heißt in diesem Zusammenhang auch anzuerkennen, dass wir alle als Menschen auf dem Weg sind, uns in einer Entwicklung befinden, egal welche Rolle wir in einer Genossenschaft ausfüllen. Dies erlaubt echte Veränderung, weil Fehler nicht als Bedrohung erlebt werden, sondern als Chance, aus Fehlern zu lernen und Dinge beim nächsten mal besser zu machen und uns gemeinsam als Unternehmen weiterzuentwicklen, innerhalb einer Gesellschaft, die sich ja ebenfalls dringend weiter entwickeln muss, um Herausforderungen wie den drohenden Klimakollaps zu bewältigen. Insofern sind Genossenschaften auch immer Lernräume für einen guten Umgang miteinander und für Mitbestimmung und Demokratie, die in die ganze Gesellschaft ausstrahlen können.
Der zweite Punkt, den Mannemann macht, ist, dass er sagt, dass sich die Praxis nur ändern wird, wenn wir sensibel für diese tiefergehenden Zusammenhänge sind. In der genossenschaftlichen Praxis bedeutet dies, dass allein dadurch, dass einige Menschen beginnen, über diese Dinge zu reden, zu schreiben und sich zu vernetzen, sich etwas verändert, sowohl in einzelnen Genossenschaften als auch gesamtgesellschaftlich. Zeugnisse von Menschen und Gruppen, die in diesem Sinne nach meiner Wahrnehmung aktiv sind gibt es einige, siehe als Beispiel:
der Blog von Wirkraft https://mmw-wirkraft.blogspot.com/search/label/Erfolg%20mit%20Genossenschaften
anders wohnen in Genossenschaften https://anderswohneningenossenschaften.de/
Genossenschaft-von-unten-Berlin http://www.genossenschaft-von-unten.eu/
Genossenschaft-von utnen Hamburg https://genossenschaft-von-unten-hamburg.de/
Genonachrichten https://www.genonachrichten.de/
eine Initiative von Mitgliedern der Altoba zu datensammelnden Rauchwarnmeldern https://annaelbe.net/rauchmelder/argumente_argumente.php
Ein Beispiel für Wohnungsgenossenschaften, die hier schon sehr gut unterwegs sind:
Selbstbau eG Berlin link Leitbild und aus der Schweiz die Gesowo aus Winterthur siehe link Leitbild
Sonntag, 22. Dezember 2019
Praktische Hinweise zum Zusammenhang von Idee, Idealismus und Ideologie an Hand von Genossenschaften
In einer mir bekannten großen
Wohnungsgenossenschaft hatte sich vor einiger Zeit eine Gruppe von
Mitgliedern organisiert, die sich zum Ziel gesetzt hatten, Einfluss
darauf zu nehmen, dass sich die Unternehmenspolitik mehr auf der
wirtschaftliche Förderung der Mitglieder ausrichtet. Als die Gruppe
im Rahmen des innergenossenschaftlichen Diskurses mehr und mehr zur
Kenntnis genommen wurde, wurde seitens der Geschaftsführung
geäußert, dass es gefährlich sei, einer Ideologie zu folgen. Wie
kann man in einem organisierten Gemeinwesen verhindern, dass aus
einem an sich guten Ansatz genau das passiert? Wäre das schlimm und
wenn ja, ist es eine reale Möglichkeit und wie sollte man sich als
Gruppe, die etwas zum Positiven bewegen will, positionieren, damit
diese Gefahr in der Praxis keine Rolle spielt?
Dass die Genossenschaftsidee - sich
gemeinschaftlich organisieren, um in einer Satzung festgelegte
gesellschaftlich akzeptierte und legale Ziele zu erreichen -
grundsätzlich eine sinnvolle und gute Sache ist, dem werden wohl die
meisten zustimmen. Wenn eine Gruppe innerhalb einer Genossenschaft
den Eindruck hat, dass es in diesem Bereich in ihrer Genossenschaft
Verbesserungsbedarf gibt und sich dafür engagiert, gehört dazu eine
ganze Menge Idealismus, da der Ausgang ihrer Aktivität unbestimmt
ist und sie dafür nicht bezahlt werden. Gerade in großen
Genossenschaften bringen sich die meisten Mitglieder in die
gemeinschaftliche Organisation des Geschäftsbetriebs gar nicht mehr
ein, trauen sich da oft auch nur wenig Mitsprachefähigkeit zu, in
der Regel weniger als zum Beispiel in politischen Fragen oder im
Fussball.
Ich persönlich rate an dieser Stelle
grundsätzlich dazu, sich auf das zu fokussieren, was eine
Genossenschaft ausmacht und gemeinsam zu prüfen und sich dafür
einzusetzen, dass Grundprinzipien genossenschaftlichen Handelns in
der jeweiligen Unternehmenspolitik erfüllt sind, Dies lässt sich
relativ leicht prüfen. Die wichtigsten Prinzipien hatte ich vor
einigen Monaten in der Hamburger Erklärung formuliert http://liberalundkooperativ.blogspot.com/2019/03/hamburger-erklarung.html. An Hand
dieser Prinzipien kann man in Wohnungsgenossenschaften die eigene
Geschäftspolitik weiter entwickeln. Allerdings ist es zumindest theoretisch denkbar, dass Menschen darauf drängen könnten, dass
Grundprinzipien erfüllt werden, ohne auf die jeweilige Situation zu achten, was für die Mitglieder der Genossenschaft wirklich sinnvoll ist, kurz-, mittel- und langfristig. Prinzipien sind also kein Selbstzweck. Man muss allerdings gute Argumente
haben, wenn man von ihnen abweicht und sind die Prinzipien gut gewählt,
wird es in der Praxis nicht nötig sein und auch nicht sinnvoll sein, von
ihnen abzuweichen. Als sich selbst organisierende Gruppe innerhalb
einer größeren Genossenschaft kann man verhindern
genossenschaftliche Ideale quasi als Selbstzweck zu verfolgen, indem
klar wird, warum man aktiv ist. Es ist kaum vorstellbar, dass
Menschen dies tun aus Prinzipienreiterei, weil sie einfach wollen,
dass Regeln eingehalten werden. Sie werden es tun, entweder weil sie
merken, dass die genossenschaftliche Wirklichkeit zu wenig mit dem zu
tun hat, was Genossenschaft eigentlich bedeutet, oder sie werden es tun, wenn sie
eine innere Intuition haben, was für ein Potential in der
Genossenschaftsidee steckt und sie dieses konkret in einer bestimmten
Genossenschaft zur Entfaltung bringen wollen. Der letzte Punkt
erlaubt einen praktischen Hinweis zum Umgang miteinander in
Genossenschaften, wenn zum einen gewachsene Unternehmenskulturen kaum
noch Mitbestimmung nutzen und sie zu normalen am Markt und am Gewinn
orientierten Wirtschaftsunternehmen geworden sind und auf Mitglieder
treffen, die ihre Ideale Wirklichkeit werden lassen wollen: Man
sollte Managern und anderen Funktionsträgern diesen fehlenden
Idealismus nicht zum Vorwurf machen. Große Genossenschaften sind
eben auch Wirtschaftsunternehmen, die effizient und erfolgreich
organisiert und geführt werden müssen. Wenn Menschen ohne
genossenschaftsideele Visionen und Intuitionen in Führungspositionen
gekommen sind, dann ist das nicht deren Schuld, sondern einfach das
Ergebnis der jeweiligen kollektiven Entscheidungen der Mitglieder der
jeweiligen Genossenschaften, die eben über die Jahrzehnte diese
Genossenschaftsidee nicht sehr stark gewichtet haben. In Deutschland
spielen in großen traditionellen Wohnungsgenossenschaften ideelle
Aspekte nach meiner Wahrnehmung eine untergeordnete Rolle, geringer als zum
Beispiel bei Schweizer Genossenschaften. Das fängt schon damit an,
dass die meisten gemeinsam mit gewinnmaximierenden Wohnungsunternehmen
und kommunalen und kirchlichen Wohnungsunternehmen in einem Verband, dem GDW,
organisiert sind. Dafür haben viele deutsche Wohnungsgenossenschaften
eine deutlich größere Bautätigkeit über Jahrzehnte entfaltet als
ihre Schweizer Pendants. Es gibt eine große Bandbreite inwieweit Menschen individuelle Freiheit gegenüber wirtschaftlichen Vorteilen gewichten. Sowohl Erdogan in der Türkei als auch das Regime der kommunistischen Partei in China erhielten viel Akzeptanz aus der Bevölkerung, weil viele Menschen wirtschaftlich profitierten. Andere Gesellschaften wie die Schweiz und zum Beispiel auch Hongkong haben ein viel stärkeres kollektives Bewusstsein dafür, dass individuelle Freiheit und wirtschaftlicher Erfolg zusammengehören.
In Bezug auf konkrete genossenschaftliche
Wirklichkeiten plädiere ich dafür auf Schuldzuweisungen zu
verzichten, die jeweilige aktuelle Unternehmenspraxsis und
Unternehmenskultur als Ausgangslage zu akzeptieren und dann gemeinsam
zu schauen, was man bestmöglich daraus machen kann.
Für eine Genossenschaft bedeutet das,
dass es tatsächlich einen Unterschied macht, wie viele normale
Mitglieder sich einbringen mit ihrer Vision, was aus ihrer
Genossenschaft werden soll, was sie ihr zutrauen. Genossenschaftliche
Prinzipien sind dabei Leitplanken, können aber den Blick für die
Wirklichkeit des eigenen Unternehmens und vor allem für die noch
nicht ganz entfalteten Teile dieser Wirklichkeit nicht ersetzen und
brauchen es auch nicht zu tun. Genossenschaften leben ja gerade von
dem lebendigen sich immer wieder Einbringen der Mitglieder, Es ist
wie in einer Demokratie, auch die muss immer wieder von der Basis her
Interesse und Impulse erhalten, je mehr und um so vielfältiger, umso besser.
Sonntag, 17. November 2019
Es ist an der Zeit für Mitgliederjurys in Genossenschaften, vielleicht auch in anderen Unternehmen
Als jemand, der sich seit Jahren dafür
engagiert, das genossenschaftliche Potential von traditionellen
Wohnungsgenossenschaften zu wecken, habe ich mich sehr
gefreut mitzubekommen, welche guten Erfahrungen sich bei
Bürgerinnenversammlungen aktuell zeigen. Ich hatte das Glück, dass ein
Bekannter von mir vor einigen Monaten als einer von 160 Bundesbürgern
per Losverfahren zur Mitarbeit in einem Bürgerrat von Mehr Demokratie eV ausgewählt wurde
und er mir sehr angetan von seinen Erfahrungen erzählte. Es ging um die Frage, ob und wenn ja welche direktdemokratischen Elemente in der Bundespolitik Deutschlands künftig eine stärkere Rolle spielen sollen. Vor kurzem
berichtete die Tagesschau:
Seit dem sind die Ergebnisse und die
Beschreibung des Verfahrens veröffentlicht:
Außerdem gibt es von Extinction
Rebellion einen ausführlichen Leitfaden, der über viele positive
Erfahrungen mit ähnlichen Verfahren in der ganzen Welt berichtet-
download im rechten Quadranten https://extinctionrebellion.de/wer-wir-sind/unsere-forderungen/bv/
siehe auch Bericht der Deutschen Welle
https://www.dw.com/de/b%C3%BCrgerversammlungen-sollen-die-b%C3%BCrger-selbst-die-klimakrise-bew%C3%A4ltigen/a-50704524
Der Fachbegriff für diesen Bestandteil
der Demokratie ist deliberative Demokratie
Da viele traditionelle
Wohnungsgenossenschaften ihr Potential deshalb nicht entfalten,
weil die meisten Mitglieder passiv bleiben in ihrer Rolle als Mitunternehmer und Miteigentümer bzw. keine Möglichkeit sehen, wie sie sich gut einbringen können, bin ich mir
sicher, dass dieses Instrument auch in Wohnungsgenossenschaften und
sogar in der genossenschaftlichen Verbandsarbeit sehr erfolgreich
angewendet werden könnte. Viele Wohnungsgenossenschaften orientieren
sich stark an Empfehlungen ihres Verbandes, der durch seine
Prüfungstätigkeit und durch den Aufbau eines festen Mitarbeiterstamms
Eigeninteressen hat, die per se keinen Zusammenhang mit der
Genossenschaftsidee haben. Auch wenn dies im Prinzip nicht
verwerflich ist, sehe ich derzeit ein sehr deutliches
Machtungleichgewicht zulasten der Genossenschaftsmitglieder, was
daraus zum Ausdruck kommt, dass sie wirtschaftlich weniger stark
gefördert werden als möglich: Insbesondere zeigt sich dies an der
Mietenpolitik vieler Genossenschaften, wenn diese sich mehr am
Mietenspiegel orientiert, statt an den Selbstkosten, zu denen
Wohnungen eigentlich den Mitgliedern überlassen werden könnten wie
dies in der Schweiz noch gang und gäbe ist. Dies wird daran
deutlich, dass der Schweizer Verband der Wohnungsgenossenschaften zum
Prinzip der Kostenmiete noch öffentlich steht
https://www.wbg-schweiz.ch/information/genossenschaftlich_wohnen/was_ist_eine_genossenschaft
Viele große deutsche
Wohnungsgenossenschaften zeigen dagegen mehr oder weniger deutlich,
dass sie sich am Mietenspiegel orientieren und verlangen bei
Neuvermietungen von Wohnungen aus dem Altbestand in der Regel höhere
Nutzungsentgelte. Dies führt nicht nur dazu, dass Nutzungsentgelte höher sind als nötig und Mitgliedern mehr Kaufkraft entzogen wird als nötig, sondern auch dazu , dass die genossenschaftliche Gleichbehandlung zu kurz kommt - gleicher Wohnraum zum gleichen Preis - und dazu, dass es für ältere Menschen unattraktiv wird aus größeren Wohnungen in kleinere Wohnungen umzuziehen und Wohnungen frei zu machen, zum Beispiel für Mitglieder mit Kindern. Auch im Hinblick auf den Klimanotstand und den Bedarf, die Emission von CO2 stark zu reduzieren sollte das Potential, Wohnungen auf freiwilliger Basis besser zu nutzen, unbedingt ausgeschöpft werden. Es ist die mit Abstand ressourcenschonendste Möglichkeit, Wohnraum zu schaffen, noch vor einer ökologischen Gebäudeaufstockung in Holzbauweise, vor einer Grundstücksnachverdichtung im Bestand und erst recht vor neuen Wohnquartieren auf der grünen Wiese. Die Mustersatzung für Genossenschaften, wie sie
vom Verband GDW vorgegeben wird, enthält gar keine Hinweise mehr
auf das Prinzip der Kostenmiete. So entwickeln sich viele
Genossenschaften zu gewinnorientierten Wohnungsunternehmen, die nur
noch eine genossenschaftliche Fassade habe. Das genossenschaftliche
Prinzip der Selbstorganisation spielt oft keine Rolle mehr. Dies
zeigt sich zum Beispiel daran, dass in genossenschaftseigenen
Mitgliederzeitschriften von Mitgliedern keine Leserbriefe oder
Artikel zu finden sind. Die Zeitschriften sind in der Regel ein
normales Instrument der Kundenbindung, der Informationsfluss wird
zentral gesteuert. Marketing ersetzt selbstorganisierte Beteiligung. Ein anderes Beispiel ist, dass die Hürden als Mitgliedervertreter einen Vorschlag auf einer Jahresversammlung in Form eines Quorums so hoch gesetzt sind, dass mir kein Fall bekannt ist, dass es in größeren Wohnungsgenossenschaften überhaupt dazu gekommen ist, dass ein Vertreter oder ein Mitglied einen inhaltlichen Vorschlag zur Geschäftspolitik machen konnte, der von der Vertreterversammlung beraten wurde, zu dem ein Meinungsbild erhoben wurde oder der entschieden wurde.
Dem allen steht das Instrument eines
Mitgliederrates oder einer Mitgliederjury entgegen. Es eröffnet neue Chance der Beteiligung. Die meisten Mitglieder und
Mitgliedervertreter haben wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten,
wichtige unternehmerische Fragen mitzuentscheiden. Es fehlt oft an
Zeit aber auch an Vertrauen. Gerade hier wurde bei dem Bürgerrat von
mehr Demokratie eV deutlich, dass die Teilnehmenden erheblich an
Selbstvertrauen in sich und ihre Partizipanden gewonnen haben. Da es
eine Aufwandsentschädigung für die Teilnehmenden gibt, lohnt es
sich auch für sie ausreichend Zeit zur Verfügung zu stellen. So können
sie gemeinsam zu Ergebnissen kommen, die wirklich fundiert sind,
statt nur die Lösung einer Führungskraft anzuhören und vor die
Entscheidung gestellt zu sein dieser zuzustimmen oder sie abzulehnen
und damit den üblichen Prozess zu stören.
Wie schon auf Seite 5 des
Ergebnispapiers vom Bürgerrat deutlich wird, geht es nicht darum die
Expertise von Experten oder Verbänden per se zu missachten, aber sie
werden nur gehört und nicht exklusiv sondern neben
anderen, dort zum Beispiel der Gesamtverband der deutschen
Versicherungswirtschaft. In Wohnungsgenossenschaften wird bei
Klärung von Fragen oft nur der eigene Verband, der GDW bzw.
seine Unterverbände angefragt. Dies ist nicht zuletzt deshalb
problematisch, da im GDW auch sehr große private gewinnorientierte
Wohnungsunternehmen wie die im Aktienindex DAX
vertretene Vonovia SE Mitglied sind und zudem kirchliche und
kommunale Wohnungsunternehmen. Der Zweck von Genossenschaften, die
Wirtschaft der Mitglieder zu fördern, kann damit schon grundsätzlich
in diesem Verband keine oberste Priorität haben. Dies wird auch
deutlich bei seiner letzten Kampagne im Rahmen des Berliner
Mietendeckels, bei denen Mitglieder über eine Facebook Kampagne
angesprochen werden soll, die ich für manipulativ halte, statt zum
Beispiel ein Panel zu diesem Thema mit Mitgliedern von Berliner
Wohnungsgenossenschaften mit zu organisieren, siehe
https://www.heise.de/tp/features/Immobilienlobby-Mit-Geo-Targeting-gegen-den-Mietendeckel-4557668.html
Zwei Wortmeldungen von Teilnehmern
eines Bürgerpanels in Belgien (XR Leitfaden Seite 25) sind aufschlussreich:
"Wenn wir der Logik von Big
Brother (gemeint ist wohl die Idee alles zentral steuern zu können und
zu sollen) folgen würden, würden wir allmählich die Leute
eliminieren, die uns auf die Nerven gingen. Aber hier tun wir es
nicht. Wir müssen zusammenhalten und zeigen, dass man Dinge
erreichen kann, wenn man zusammenarbeitet." Pierre, Mitglied des
Bürgerpanels Belgien
In meiner Genossenschaft habe ich vor
zweieinhalb Jahren mit anderen eine Basisgruppe Genossenschaftsidee
gegründet, in der wir uns basisdemokratisch, selbstorganisiert und
konstruktiv in die innergenossenchaftlichen Prozesse einschalten und
versuchen mittels Kooperation mit den bestehenden Organen, wie
Vertreterversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand die
Unternehmenspolitik stärker am Genossenschaftsgedanken auszurichten.
Auch wir haben immer wieder Situationen, wo es uns schwer fällt
niemand auszugrenzen. Dennoch gelingt uns immer wieder die
Gratwanderung , jedenfalls bisher, dass die Gruppe weder zu einer
verschworenen Gemeinschaft wird, die andere als aussenstehend
betrachtet, noch zu einem losen Haufen, der sich mehr untereinander
streitet als etwas zu bewirken, sondern erfüllen immer wieder den
Anpruch einen Konsens zu erzielen und als Team in der größeren
genossenschaftlichen Gemeinschaft zu wirken.
"Ich war in der nacht im
Parlament, als Abgeordnete aller sechs Parteien sich über
ideologische Differenzen hinweg setzten, um dem Gesetz zuzustimmen.
Es war ein mutiger Schritt, ein Zeichen für andere Politiker*innen- die ihre Wähler*innen eher als Bedohung denn als Resource
betrachten- dass man den Bürger*innen vertrauen sollte, anstatt sie
zu fürchten oder zu manipulieren." David Van Reybrouck,
Mitorganisator des belgischen Bürgerpanels
Auch ich habe wahrgenommen, dass viele
Führungskräfte in Genossenschaften, vom Verband ganz abgesehen,
wenig bis gar kein Vertrauen in die unternehmerischen Fähigkeiten
normaler Mitglieder von Genossenschaften haben. Bei wichtigen unternehmerischen Fragen werden nicht mehrere Optionen jeweils mit für und wieder dargestellt, sondern fertige Lösungen präsentiert. Als ich einmal in der
Fortbildung bei einem Unterverband des GDW-Verbandes den Ausbilder fragte, ob denn aus seiner
Sicht etwas dagegen sprechen würde, wenn ein Vorstand auf einer
Jahresversammlung die erheblichen stillen Reserven, die nicht
bilanziert sind, beziffert, bekam ich zur Antwort,
das könnte Begehrlichkeiten wecken. Wie sollen solche Vertreter unternehmerisch gut entscheiden können, wenn ihnen wichtige Information vorenthalten werden, aus Angst sie könnten falsch entscheiden? Normale Mitglieder, die sich überdurchschnitllich stark in Genossenschaften engagieren,
werden oft als störend empfunden. Mitunter wird beklagt, dass sie nicht mehr Vertrauen in die Leitungskräfte hätten.
Hier zeigt sich ein Wunsch nach Harmonie und Ordnung, der zwar
verständlich ist, aber nach meiner Vermutung in die falsche Richtung
geht. In einer Genossenschaft sollte man zunächst einmal Vertrauen in die Entscheidungsfähigkeit der Mitgliederbasis richten. Traditionelle Wohnungsgenossenschaften entstanden oft zu
Zeiten, als eine autoritäre Führungskultur gang und gäbe war.
Selbst der Vorläufer der SPD, die sich oft und gut um die Demokratie
in der Bundesrepublik verdient gemacht hat und noch am ehesten
versuchte, sich der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 bei
der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz zu widersetzen, wurde
in ihren Anfängen als deutscher Arbeiterverein von dessem
Vorsitzenden geprägt, Ferdinand Lassalle, der einen sehr autöritären
Führungsstill und teilweise eine menschenverachtende Ausdrucksweise
an den Tag legte. Dies wird deutlich an seiner Auseinandersetzung mit
Hermann Schulze-Delitsch, einem der Gründerväter der
Genossenschaftsbewegung in Deutschland, der gegen Lassalle und
Bismarck(!) durchsetzte, dass Genossenschaften ihre
Unternehmenspolitik selbständig gestalten können (Gewerbefreiheit)
siehe
Die SPD beginnt erst seit wenigen
Jahren parteiintern mehr partizipatorische Methoden der
Entscheidungsfindung einzusetzen, im Gegensatz zu den Grünen, die das schon viel länger praktizieren. Da
viele Wohnungsgenossenschaften in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts von und für Menschen mit geringerem Einkommen gegründet wurden, sind viele Mitglieder und Vertreter
SPD-nah und noch einen autoritären Führungstil gewohnt, der die
eigene Rolle darauf beschränkt, zu entscheiden, ob man eine Person x
als Führungsperson für vertrauenswürdig hält oder nicht. Es ist
kein Zufall, dass in der Schweiz Wohnungsgenossenschaften in ihrer
Praxis noch im Durchschnitt deutlich näher an der
Genossenschaftsidee handeln, da zum einen basisdemokratische
Elemente wie Volksentscheide selbstverständlicher Teil der
politischen Kultur sind aber auch liberale Politik, verstanden
als die Idee dass die Leute selbst in der Lage sind sich zu
organisieren und etwas zu bewegen, in der Politik einen größeren
Stellenwert hat als in Deutschland: Die FDP gilt in der Schweiz als
die staatstragende Partei, sie stellte mit Abstand die meisten Bundesräte, also die Mitglieder des oberstes Schweizer Regierungsorgans, eine Art kollegiale Kanzlerschaft:
Auch dass die Schweiz im Namen als
Eidgenossenscahft die Idee der Genossenschaft trägt ist kein Zufall.
Frühe Genossenschaften gab es dort bereits zwischen dem 5. und 7.
Jahrhundert um die Bewirtschaftung von Almen zu ermöglichen http://www.korporation-kerns.ch/de/alpgenossenschaft/geschichteag/
Der Weg muss also dahin gehen,
Vertrauen in die eigenen Kräfte als Unternehmergemeinschaft und
Eigentümergemeinschaft zu entdecken und zu entfalten. Dafür wäre
ein Mitgliederrat eine ideale Möglichkeit, unter Beachtung wichtiger Strukturelemente wie
- einer Zusammensetzung die tatsächlich alle Altersgruppen und Bildungstände der Mitglieder
beinhalten würde und auch
- einer neutralen Moderation und Protokollierung,
- der Anhörung von unterschiedlichen Experten,
- einer Ergebnissoffenheit,
- einem Willen zur Konsensfindung und
- einem verpflichtenden Charakter, dass die Ergebnisse von den Leitungsgremien der jeweiligen Organisation nach bestem Wissen und Gewissen umgesetzt werden.
- einer Aufwandsentschädigung, die auch die Wertschätzung gegenüber der übernommen Aufgabe ausdrückt
Samstag, 19. Oktober 2019
Tagung zum Genossenschaftsgedanken zeigt große Chancen durch Weiterbildung auf
Gestern fand eine sehr interessante Veranstaltung des Bundesvereins zur Förderung des Genossenschaftsgedankens in Berlin statt. Thema war die Mitgliederförderung in der genossenschaftlichen Praxis, wobei für mich auch die Hinweise interessant waren, die aufzeigten, welche Konzepte von seiten der Wissenschaft über viele Jahre erarbeitet wurden und als Leitlinie dienen können, um das Potential von Genossenschaften voll zu entfalten.
Es gab mehrere Vorstände aus Genossenschaften unterschiedlicher Branchen, die berichteten, wie sie in der Praxis Mitgliederförderung betreiben. Für mich wurde deutlich, dass Vorstände in einem Spannungsverhältnis stehen, da sie zum einen wirtschaftlich erfolgreich sein wollen und müssen und in der Regel auf Märkten mit Unternehmen konkurrieren, die keine Genossenschaften sind und dass sie zum anderen als Leiter/innen von Genossenschaften zusätzlich einen Förderauftrag haben, der eine andere Sichtweise und andere Zielsetzungen nahelegt, als dies in ihrer jeweiligen Branche üblich ist. Über die Jahrzehnte hat sich nach meiner Wahrnehmung in Deutschland im Gegensatz zur Schweiz und möglicherweise auch in Wien kein starkes genossenschaftliches Verständis der Mitgliederförderung herausgebildet bzw. ist die konsequente Mitgliederförderung immer auch in der Praxis der Möglichkeit ausgesetzt, dass der wirtschaftliche Erfolg zur allein prägenden Handlungsleitlinie wird, nicht zuletzt deshalb, da dieser ja nicht selbstverständlich ist. Ist dieses Förderverständnis wenig verbreitet, führt dies dazu, dass wenig Führungskräfte damit in ihrer beruflichen Praxis in Kontakt gekommen sind. In der Regel haben sie, wie auch andere Mitarbeiter/innen in Genossenschaften, kein spezifisches Studium oder eine Ausbildung mit genossenschaftlichem Bezug absolviert, da dafür die Verbreitung von Genossenschaften noch zu gering war. Soweit ich weiss gibt es zum Beispiel im Ausbildungsbereich für Immobilienkaufleute keinen Bezug zu Genossenschaften. Dies müsste insofern von Genossenschaftsseite als Zusatzmodul selbst zur Verfügung gestellt werden. Ich habe Interesse in diesem Bereich aktiv zu werden und mein Know How einzubringen. Wer Interesse hat, daran mitzuarbeiten oder Bedarf in diesem Bereich hat, kann sich gerne bei mir melden.
Insgesamt ist nach meiner Wahrnehmung der Trend zu mehr Kooperation statt Kompetition, zur ganzheitlichen Wertschöpfung statt Gewinnmaximierung in der Wirtschaft wie in der Gesellschaft schon voll im Gang, da nicht zuletzt angesichts der Klimakrise der Mehrheit der Menschen klar ist, dass wir unsere Art zu wirtschaften umstellen müssen. Nach meiner Wahrnehmung will die junge Generation gut ausgebildeter Hochschulabsolventen nicht nur lieber in Unternehmen arbeiten, die glaubwürdig wertorientiert agieren, sondern ist auch bereit, ihre Karriereentscheidung danach auszurichten. Sehr deutlich wurde das für mich auf der weciety Konferenz im openmindspace in Hamburg Ende September, siehe https://www.klimawoche.de/veranstaltungen/weciety-world/ Die Gesellschaft hat Bedarf an dem, was Genossenschaften zu leisten imstande sind, und unabhängig, wie weit der Genossenschaftsgedanke in einer Genossenschaft bereits gelebte Praxis ist, wird es in Zukunft potentiell leichter werden, ihn mit Leben zu füllen und Mitstreiter dafür zu finden.
Tagungsprogramm:
https://genossenschaftsgedanke.de/wp-content/uploads/2019/10/Programm-Forum-F%C3%B6rderzweck-18-10-2019.pdf
Es gab mehrere Vorstände aus Genossenschaften unterschiedlicher Branchen, die berichteten, wie sie in der Praxis Mitgliederförderung betreiben. Für mich wurde deutlich, dass Vorstände in einem Spannungsverhältnis stehen, da sie zum einen wirtschaftlich erfolgreich sein wollen und müssen und in der Regel auf Märkten mit Unternehmen konkurrieren, die keine Genossenschaften sind und dass sie zum anderen als Leiter/innen von Genossenschaften zusätzlich einen Förderauftrag haben, der eine andere Sichtweise und andere Zielsetzungen nahelegt, als dies in ihrer jeweiligen Branche üblich ist. Über die Jahrzehnte hat sich nach meiner Wahrnehmung in Deutschland im Gegensatz zur Schweiz und möglicherweise auch in Wien kein starkes genossenschaftliches Verständis der Mitgliederförderung herausgebildet bzw. ist die konsequente Mitgliederförderung immer auch in der Praxis der Möglichkeit ausgesetzt, dass der wirtschaftliche Erfolg zur allein prägenden Handlungsleitlinie wird, nicht zuletzt deshalb, da dieser ja nicht selbstverständlich ist. Ist dieses Förderverständnis wenig verbreitet, führt dies dazu, dass wenig Führungskräfte damit in ihrer beruflichen Praxis in Kontakt gekommen sind. In der Regel haben sie, wie auch andere Mitarbeiter/innen in Genossenschaften, kein spezifisches Studium oder eine Ausbildung mit genossenschaftlichem Bezug absolviert, da dafür die Verbreitung von Genossenschaften noch zu gering war. Soweit ich weiss gibt es zum Beispiel im Ausbildungsbereich für Immobilienkaufleute keinen Bezug zu Genossenschaften. Dies müsste insofern von Genossenschaftsseite als Zusatzmodul selbst zur Verfügung gestellt werden. Ich habe Interesse in diesem Bereich aktiv zu werden und mein Know How einzubringen. Wer Interesse hat, daran mitzuarbeiten oder Bedarf in diesem Bereich hat, kann sich gerne bei mir melden.
Insgesamt ist nach meiner Wahrnehmung der Trend zu mehr Kooperation statt Kompetition, zur ganzheitlichen Wertschöpfung statt Gewinnmaximierung in der Wirtschaft wie in der Gesellschaft schon voll im Gang, da nicht zuletzt angesichts der Klimakrise der Mehrheit der Menschen klar ist, dass wir unsere Art zu wirtschaften umstellen müssen. Nach meiner Wahrnehmung will die junge Generation gut ausgebildeter Hochschulabsolventen nicht nur lieber in Unternehmen arbeiten, die glaubwürdig wertorientiert agieren, sondern ist auch bereit, ihre Karriereentscheidung danach auszurichten. Sehr deutlich wurde das für mich auf der weciety Konferenz im openmindspace in Hamburg Ende September, siehe https://www.klimawoche.de/veranstaltungen/weciety-world/ Die Gesellschaft hat Bedarf an dem, was Genossenschaften zu leisten imstande sind, und unabhängig, wie weit der Genossenschaftsgedanke in einer Genossenschaft bereits gelebte Praxis ist, wird es in Zukunft potentiell leichter werden, ihn mit Leben zu füllen und Mitstreiter dafür zu finden.
Tagungsprogramm:
https://genossenschaftsgedanke.de/wp-content/uploads/2019/10/Programm-Forum-F%C3%B6rderzweck-18-10-2019.pdf
Freitag, 27. September 2019
Mankinds fear of death and our chance to mature and grow up
Being a climate activist and trying to bring to life the full potential of cooperative enterprices for housing, I realized, it is still a wide held view that growing metropoles and expanding large housing cooperatives are something attractive.
Deciding to offer less new flats and restricting urban growth feels for many like standing still and curbing potential for growth and may be even happiness. The climate situation however shows, that unlimited growth does not work and treathens us all.
I started to compare the situation with an individual life, where childhood and youth also means growth, but becoming an adult we, like most animals, stop growing and stand still in this respect. I wondered could there be an connection that as collective mankind we subtly know that, if we stop to grow, we have to leave behind the phase of youth and are thus one phase closer to our collective death, extinction?
Otto Schamer writes in "The Essentials of Theory U on page 28,29 regarding 3 obstacles to inner knowing:"The third enemy blocks the gate to open will. This is the voice of fear (VoF). It seeks to prevent us from letting go of what we have and who we are. It can show up as a fear of losing things.....Or a fear of death".
I realized, that is actually the case, that we fear death within our collective awareness and thus hesitate to grow up as mankind, to make this step from youth to adult.
Being an adult would mean taking full responsibilty for ones action. Obviously we struggle very hefty to manage this in respect of a a good relationship with our planet earth. Therefore it is up to us, to mankind, now to see this fear and to put it aside, so we can take this step. Otherwise we will call to us the death which we fear. If we know this fear, we know, it is only a fear and not reality. Then the seeing and knowing can come, that a really attractive land lies before us, that we can walk in there together, explore it and cultivate it and thus come in our full life and power as mankind.
Loslassen des Wachstumsdenkens bei Metropolen und Wohnungsgenossenschaften
Die gestrige sehr spannende Diskussionsrunde von Genossenschaft-von-unten Hamburg https://genossenschaft-von-unten-hamburg.de/ hat bei mir weitergehende Überlegungen angeregt, die ich hier teilen will:
Ole von Beust hatte als Bürgermeister von Hamburg in den 2000er Jahren die Parole der wachsenden Stadt ausgegeben und dabei viel Zuspruch der Hamburger erfahren. Seitdem wächst Hamburgs Bevölkerung. Durch Migration hat sich dieser Trend verstärkt und Hamburg hat sich unter Olaf Scholz höhere Ziele beim Wohnungsneubau gesetzt. Die meisten Wohnungsgenossenschaften Hamburgs versuchen dazu ihren Beitrag zu leisten und haben sich dazu im Hamburger Bündnis für Wohnen verpflichtet https://www.hamburg.de/bsw/buendnis-fuer-das-wohnen/ . Da viele Wohnungsgenossenschaften durch ihre Satzung als Baugenossenschaften aufgestellt sind, sind sie darauf ausgerichtet, neu zu bauen und zu expandieren. Dies führt in der Praxis in der Regel dazu, dass sie jedes Jahr Umsatz- und Gewinnsteigerungen planen und mit stetigen Erhöhungen ihrer Nutzungsentgelte planen.
Meine These an dieser Stelle ist, dass wir gerade an einem Punkt ankommen, bei dem wir merken, dass diese gut gemeinte positive Einstellung zum Wachstum auf Dauer nicht sinnvoll ist und wir eine neue Perspektive benötigen: Ich sehe die Notwendigkeit, dass wir sowohl als Metropolen davon wegkommen, expandieren zu wollen wie auch als Baugenossenschaften eine Änderung von immer weiter bauen hin zu einem Bestandshalter vollziehen sollten. Wann und in welcher Geschwindigkeit hier ein Umsteuern erforderlich ist, ist sicher im Einzelfall zu klären, aber dass dies erfolgen muss, wird unvermeidbar sein. Nach meinem Gefühl löst das Widerstände hervor, da Stillstand sich negativ anfühlt. Vielleicht kann man sogar sagen, dass der dem Kapitalismus innewohnende Wachstumsgedanke deshalb so schwer aufgegeben wird, weil wir dann das Gefühl haben, dem Tod näher zu sein. Kein Wachstum heist in gewisser Weise Stagnation und das fühlt sich an, als sei man näher beim Tod. Bezogen auf ein Lebenswesen ist es ja auch so: Menschen, wie auch alle Wirbeltiere, wachsen bis sie erwachsen sind und bleiben dann weitgehend gleich groß. Damit ist diese Lebensphase der Reife näher am Tod als die Wachstumsphase als Kinder und Jugendliche. Kommen wir als Menschheit auf diesem Planeten Erde gerade an den Punkt, wo wir langsam erwachsen werden und entdecken, dass wir nicht weiter wachsen müssen und dennoch ein gutes Leben führen können? Ist es sogar so, dass wir dazu auch als Kollektiv "mental" erwachsen werden müssen, sprich die Verantwortung für unser Handeln voll übernehmen? Und ist es nicht so, dass gerade darin die Chance besteht eine hohe ganzheitliche Lebensqualität leben zu können, die an dieser Stelle gut und richtig ist?
In Bezug auf Wohnungsgenossenschaften wäre wohl die richtige Antwort, bei der wirtschaftlichen Planung und der Mietenpolitik sich von stetiger Expansion als Grundsatz zu verabschieden und sich frei zu machen, die aktuelle Situation frisch zu betrachten und mit mehr Freiheit sie so zu gestalten, wie sie für die Mitglieder passend ist, eingebettet in das Ziel, ein konstruktiver Akteur für das lokale und globale Umfeld zu sein.
In Bezug auf die Wohnungspolitik in Metropolen wäre die Antwort wohl, sich von der Vision wachsender Metropolen zu verabschieben und die jeweilige Situation ebenfalls ganz neu zu betrachten und zu schauen was die Bedürfnisse der Bewohner sind, gemeinsam mit den Bürgern Antworten zu formulieren und zu schauen welche Beiträge geleistet werden müssen, um mit unserem Planeten Erde insgesamt gut umzugehen und eine Klimakatastrophe durch zu hohe CO2 Emssionen zu verhindern.
Ole von Beust hatte als Bürgermeister von Hamburg in den 2000er Jahren die Parole der wachsenden Stadt ausgegeben und dabei viel Zuspruch der Hamburger erfahren. Seitdem wächst Hamburgs Bevölkerung. Durch Migration hat sich dieser Trend verstärkt und Hamburg hat sich unter Olaf Scholz höhere Ziele beim Wohnungsneubau gesetzt. Die meisten Wohnungsgenossenschaften Hamburgs versuchen dazu ihren Beitrag zu leisten und haben sich dazu im Hamburger Bündnis für Wohnen verpflichtet https://www.hamburg.de/bsw/buendnis-fuer-das-wohnen/ . Da viele Wohnungsgenossenschaften durch ihre Satzung als Baugenossenschaften aufgestellt sind, sind sie darauf ausgerichtet, neu zu bauen und zu expandieren. Dies führt in der Praxis in der Regel dazu, dass sie jedes Jahr Umsatz- und Gewinnsteigerungen planen und mit stetigen Erhöhungen ihrer Nutzungsentgelte planen.
Meine These an dieser Stelle ist, dass wir gerade an einem Punkt ankommen, bei dem wir merken, dass diese gut gemeinte positive Einstellung zum Wachstum auf Dauer nicht sinnvoll ist und wir eine neue Perspektive benötigen: Ich sehe die Notwendigkeit, dass wir sowohl als Metropolen davon wegkommen, expandieren zu wollen wie auch als Baugenossenschaften eine Änderung von immer weiter bauen hin zu einem Bestandshalter vollziehen sollten. Wann und in welcher Geschwindigkeit hier ein Umsteuern erforderlich ist, ist sicher im Einzelfall zu klären, aber dass dies erfolgen muss, wird unvermeidbar sein. Nach meinem Gefühl löst das Widerstände hervor, da Stillstand sich negativ anfühlt. Vielleicht kann man sogar sagen, dass der dem Kapitalismus innewohnende Wachstumsgedanke deshalb so schwer aufgegeben wird, weil wir dann das Gefühl haben, dem Tod näher zu sein. Kein Wachstum heist in gewisser Weise Stagnation und das fühlt sich an, als sei man näher beim Tod. Bezogen auf ein Lebenswesen ist es ja auch so: Menschen, wie auch alle Wirbeltiere, wachsen bis sie erwachsen sind und bleiben dann weitgehend gleich groß. Damit ist diese Lebensphase der Reife näher am Tod als die Wachstumsphase als Kinder und Jugendliche. Kommen wir als Menschheit auf diesem Planeten Erde gerade an den Punkt, wo wir langsam erwachsen werden und entdecken, dass wir nicht weiter wachsen müssen und dennoch ein gutes Leben führen können? Ist es sogar so, dass wir dazu auch als Kollektiv "mental" erwachsen werden müssen, sprich die Verantwortung für unser Handeln voll übernehmen? Und ist es nicht so, dass gerade darin die Chance besteht eine hohe ganzheitliche Lebensqualität leben zu können, die an dieser Stelle gut und richtig ist?
In Bezug auf Wohnungsgenossenschaften wäre wohl die richtige Antwort, bei der wirtschaftlichen Planung und der Mietenpolitik sich von stetiger Expansion als Grundsatz zu verabschieden und sich frei zu machen, die aktuelle Situation frisch zu betrachten und mit mehr Freiheit sie so zu gestalten, wie sie für die Mitglieder passend ist, eingebettet in das Ziel, ein konstruktiver Akteur für das lokale und globale Umfeld zu sein.
In Bezug auf die Wohnungspolitik in Metropolen wäre die Antwort wohl, sich von der Vision wachsender Metropolen zu verabschieben und die jeweilige Situation ebenfalls ganz neu zu betrachten und zu schauen was die Bedürfnisse der Bewohner sind, gemeinsam mit den Bürgern Antworten zu formulieren und zu schauen welche Beiträge geleistet werden müssen, um mit unserem Planeten Erde insgesamt gut umzugehen und eine Klimakatastrophe durch zu hohe CO2 Emssionen zu verhindern.
Samstag, 31. August 2019
Was passiert, wenn Genossenschaften sich wie Stiftungen verhalten?
Dass es in der Praxis dazu kommen kann,
dass Genossenschaften sich wie Stiftungen verhalten, ist nicht weiter
verwunderlich. Nehmen wir mal an, es gäbe eine Stiftung, die ein
großes Portofolio von Wohnungen verwaltet, dass sie allen denjenigen
zugute kommen lässt, die dem Förderziel der Stiftung entsprechen.
Ist man vom Ziel der eigenen Stiftung fest überzeugt und will man sie in ihrem Wirken langfristig erhalten, ist es wichtig und
richtig, darauf zu achten, dass der Wohnungsbestand in einem guten
bis sehr guten Zustand erhalten wird und dass genügend Mieteinnahmen
erzielt werden, um alle Kosten der Wohnungensinstandhaltung und der
Verwaltung zu decken und in der Lage zu sein, in die Jahre gekommene
Wohnhäuser falls notwendig durch neue zu ersetzen, sowie auch zusätzliche
Häuser zu bauen, sollte das Teil des Stiftungsziels sein. Es ist
dann verantwortlich absolut sicher zu gehen, dass keine Wohnungen zu
günstig vermietet werden, um die Substanz der Stiftung nicht zu schmälern. Umso mehr Substanz aufgebaut wird, umso besser ist dies für die zukünftigen Möglichkeiten der Stiftung, wohltätig zu wirken. Solange die Mieten für die Mieter gut
finanzierbar sind und die Wohnungen in einem guten Zustand sind, sind
die Mieter zufrieden und freuen sich Begünstigte der Stiftung zu
sein. Sie sind der Stiftung und ihren Repräsentanten wohl gesonnen. Sie
vertrauen der Geschäftsführung und wünschen sich die Fortsetzung
dieser Entwicklung für die kommenden Jahre.
In einer Genossenschaft ist die Situation
etwas anders gelagert. Ziel einer Genossenschaft im Bereich Wohnen
ist die wirtschaftliche Förderung der Mitglieder durch die
Bereitstellung von Wohnungen in guter Qualität zu Nutzungsentgelten
so niedrig wie möglich und so hoch wie nötig. Da die Mitglieder
gemeinsam Eigentümer des Unternehmens sind, sind sie zugleich
Mitunternehmer und eine Wohneigentümergemeinschaft. Sie zahlen keine
Miete sondern Nutzungsentgelte, die sich danach richten wie hoch
die Kosten der Bewirtschaftung für Bau, Erhalt und Bewirtschaftung
der jeweiligen Wohnanlage sind. Gerade in Wohnungen, die schon lange
genutzt werden und deren Herstellkosten abgeschrieben sind oder bei einem Bruchteil dessen lagen, zu dem heute gebaut werden kann, kann dies bedeuten, dass die "Kostenmiete" deutlich unter dem
liegt, was Mietern am freien Wohnungsmarkt für solche Wohnungen
abverlangt wird, die nicht zugleich Eigentümer innerhalb einer
Genossenschaft sind. Da im Gegensatz zu einer Stiftung es in einer
Genossenschaft darum geht, die Mitglieder wirtschaftlich zu fördern
und es kein weiteres rang-gleiches Ziel gibt, gilt der Grundsatz,
dass dieses Ziel bestmöglich zu erfüllen ist, im Rahmen der
allgemein anerkannten Prinzipien guter Unternehmensführung, nach der
ein Unternehmen sich immer auch als guter Arbeitgeber und
verantwortlich handelnder Akteur im öffentlichen Gemeinwesen und
gegenüber der Umwelt verstehen sollte. In der Praxis kann dies
bedeuten, dass Wohnungsgenossenschaften ältere Wohnungen oft zu
Nutzungsentgelten anbieten, die weit unter der ortsüblichen
Vergleichsmiete liegen. Diese Genossenschaften sind dann gewinnorientiert mit dem Fokus auf eine Nutzenmaximieung für ihre Mitglieder statt im Sinne
der Substanzmaximierung einer Stiftung.
Beide Unternehmensformen können
verantwortliches wirtschaftlichen Handeln bedeuten, sind aber in
ihren Auswirkungen deutlich unterscheidbar.
Falls Genossenschaften aufgrund von
Dyamiken lebendiger Organisationen sich über lange Zeit hin zu Unternehmen mit Stiftungscharakter entwickelt haben oder
weiter entwickeln, ist dies empirisch eine Entwicklung, die in den
Wirtschaftswissenschaften im Feld der neuen Institutionenökonomik
seit Jahrzehnten bekannt ist und erforscht wird (siehe zum
Beispiel das Prinzipal-Agenten-Dilemma, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Prinzipal-Agent-Theorie ). Fällt so eine
Entwicklung auf, ist dies immer eine Einladung, sich darauf zu
besinnen, welches Potential in der einmal gewählten Unternehmensform
steckt und sich daran zu machen, dieses zu heben.
Donnerstag, 29. August 2019
Genossenschaftliches Miteinander
Wenn Sie diese 15 Grundsätze beherzigen, zünden Sie die nächste Stufe in der Entwicklung Ihrer Wohnungsgenossenschaft
15 Grundsätze für das Genossenschaftliche
Miteinander in Wohnungsgenossenschafen
1. Wir reden lieber miteinander statt
übereinander.
2. Wir sprechen alle wichtigen Aspekte bei
anstehenden Entscheidungen an und ermöglichen so jedem Mitglied,
sich ein gründliches Bild der Gesamtlage und von Einzelprojekten zu
machen und so seine Rolle und Funktion als Mitunternehmer im Rahmen
seiner/ihrer Möglichkeiten ausfüllen zu können.
3. Wir haben grundsätzlich Vertrauen in
den guten Willen unserer Mitglieder, unsere Genossenschaft auch in
Zukunft weiter erfolgreich zu betreiben und dabei nicht nur die
eigenen Interessen zu sehen, sondern die gemeinsamen Interessen
wahrzunehmen und unser gemeinsames Handeln daran auszurichten.
4. Wir bemühen uns, Sachzusammenhänge
kurz und prägnant zu beschreiben und möglichst lösungsorientiert
zu denken und zu arbeiten, um die verfügbare Zeit effizient zu
nutzen.
5. Die Vertretung unserer Genossenschaft
nach außen überlassen wird dem Vorstand und diskutieren
Änderungesvorschläge nur intern miteinander. Andere Meinungen sehen
wir als Bereichung und gehen aktiv aufeinander zu, um mehr über die
Meinung des/der anderen zu erfahren.
6. Wenn uns etwas stört, werten wir
einander nicht als Person ab, sondern erklären, was uns an einem
bestimmten Verhalten belastet und formulieren Änderungsvorschläge.
7. Bei unterschiedlichen Auffassungen,
insbesondere zu wichtigen Grundfragen der Unternehmenspolitik und zu
wichtigen Projekten, versuchen wir gemeinsam zu Lösungen zu kommen,
die die Interessen aller berücksichtigen, die von den Entscheidungen
betroffen sind.
8. Bei Meinungsunterschieden greifen wir
auf das Bewusstsein zurück, was unser gemeinsamens Ziel ist, die
wirtschaftliche Förderung unserer Mitglieder durch die Versorgung
mit Wohnungen in guter Qualität in der Metropolregion Hamburg zu
Nutzungsgebühren so niedrig wie möglich und so hoch wie nötig.
9. Jeder ist bei uns grundsätzlich
eingeladen, sich nach seinen/ihren Möglichkeiten einzubringen. Es
gibt dabei Unterschiede und Grenzen zwischen Aufbauorganisation
(Mitarbeitern) und Ehrenamt.
10. Ehrenamtlich Engagierte haben
unterschiedlich viel Zeit zur Verfügung. Jeder bringt sich soweit
ein, wie es ihm seine Zeit erlaubt. Wir versuchen dabei, aufeinander
Rücksicht zu nehmen. Insoweit sind zum Beispiel schriftliche
Kommunikation untereinander per email in der Regel Angebote, Dinge
zur Kenntnis zu nehmen, beinhalten aber keine Verpflichtung dies zu
tun.
11. Da Kommunikationsvorlieben und
Kommunikationsfähigkeiten unterschiedlich sind (zum Beispiel
mündlich oder schriftlich), befürworten wir grundsätzlich die
Nutzung mehrerer alternativer Kommunikationswege, deren Nutzung die
Mitglieder und Organe nach eigenem Gutdünken und in Absprache
miteinander gestalten. Als Organisation versuchen wir durch einen
geeigneten Rahmen hier viel selbstorganisierte Vernetzung
grundsätzlich zu ermöglichen (Vertreterliste, Onlineforum,
Leserbriefe, Artikel in "bei uns", frei Nutzung der
Nachbarschaftstreffes, Ermöglichung von Aushängen in Häusern,
eigene im Geschäftsbericht veröffentliche Genossenschafts-E-mail
für Aufsichtsräte ermöglichen), neben den Angeboten, gemeinsam und
unter der Schirmherrschaft von Vorstand und Aufsichstrat ins Gespräch
zu kommen.
12. Als Wirtschaftsunternehmen gibt es bei
allen gewollten Beteiligungsmöglichkeiten als Mitglied,
Vertreter/in, Aufsichsrat eine unverzichtbare, vom Vorstand geführte
Aufbauorganisation mit festen Mitarbeitern, die die Geschäfte
geordnet plant und ausführt und zusammen mit dem Aufsichtsrat auf
Basis der Satzung verantwortet. Über Grundsatzfragen entscheidet
dabei bei Bedarf auch über Satzungsänderungen die
Vertreterversammlung. Sie ist das wichtigste Organ unserer
Genossenschaft.
13. Als lebendiges Unternehmen
interessieren wir uns dafür, wo wir herkommen und achten und
respektieren unsere Ursprünge und entwickeln unser Unternehmen
sorgsam und fürsorglich gemeinschaftlich und kooperativ weiter. Wir
verweigern uns Veränderungen nicht grundsätzlich, sondern prüfen
Änderungsimpulse sorgfältig und fassen sie als konstruktive
Beiträge auf und integrieren sie in gemeinschaftlich getragene
Veränderungen im Sinne unserer Ziele.
14. Dem Aufsichstrat kommt hierbei als
Interessenvertretung der Mitglieder gegenüber dem Vorstand eine
besondere Verantwortung zu. Neben der Begleitung des operativen
Geschäfts durch Kontrolle und Beratung des Vorstandes legt der
Aufsichtsrat deshalb sein besonderes Augenmerk auf die Formulierung
der Grundaspekte der Unternehmensstrategie bzw. der
Unternehmenspolitik zum Beispiel mit Hilfe von Leitsätzen für die
Bereiche Bauen, Wohnen und gegebenenfalls Sparen. Er ist gemeinsam
mit dem Vorstand aktiv beteiligt an der Formulierung und
Fortschreibung der Unternehmensstrategie und sucht dazu auch das
Gespräch mit interessierten Mitgliedern und Vertretern/innen.
15. Soweit in der Vergangenheit Fehler
gemacht wurden, sehen wir sie als die damals im besten Wissen und
Gewissen von unserer Organisation getroffenen Entscheidungen an und
als sinnvolle Schritte des Lernens.
Wir Mitglieder streben gemeinsam zu besseren Lösungen und gestalten
gemeinsam die Gegenwart und die Zukunft unserer Baugenossenschaft.
Autor: Frank Giebel, Stand 29.08.2019;
kann unter Quellenangabe frankgiebel(at)web.de weiter verbreitet
werden
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