Freitag, 6. Juli 2012

Gastbeitrag von Alan Winkleman als Antwort auf Singulus

Eine sehr gute Analyse, Singulus !

Alles was man entscheidet birgt Risiken und keine® weiß wo das endet. Im
Schachspiel nennt man so eine Position 'Zugzwang'. Man möchte eigentlich
alles so stehen lassen, aber das geht eben nicht.

Wir erleben Geschichte ....... und die bleibt eben nie still. Ganz kleine
Spannungen fürhren langsam und unaufhörlich zu Situationen, wo die
aufgestaute Spannungen sich in einem Beben entladen.

Überall wo man hinschaut, steigern sich die Spannungen - eine Experte
sagte vor 3 Tagen, daß er vermutet, Chinas Wachstum läge eher bei 0% als
die offizielle Statistiken (7 bis 8%). Vor ein paar Monaten hat Chinas
Regierung verfügt, daß Beamte keine ausländische Autos mehr kaufen
dürfen - ein Desaster für BMW usw.

Japan - laut deren Finanzminister ist in 10 Wochen zahlungsunfähig, wenn
die Anleihe-Gesetze nicht geändert werden.

http://derstandard.at/1341526711298/Blockade-Japan-drohen-Zahlungsschwierigkeiten

Die Probleme Europas und der USA sind bekannt.

Die globalisierte Weltwirtschaft sitzt in *einem *überschuldeten Boot,
das leck geworden ist. Man versucht überall die Löcher zu stopfen
........
Bloß kein Panik !

Alan Winkleman
Hannover

Gastbeitrag von Singulus zur Eurozonenkrise

Ohne Abwertungsmöglichkeit und Strukturreformen werden Länder wie Griechenland nicht auf eigene Beine kommen bzw. die Arbeitslosigkeit wird sich weiter steigern (in Spanien Jugendarbeitslosigkeit jetzt 54%!).

Während die Politiker das Gesicht wahren wollen und aus politischen Gründen ("Frieden für Europa") am Euro festhalten wollen, wird die öffentliche Meinung in den Krisenländern früher oder später erkennen, daß die Probleme nicht an Deutschland liegen (wie man zu ca. 70% heute annimmt), sondern an der Euro-bedingten fehlenden eigenen Wettbewerbsfähigkeit. Da notwendige Lohnsenkungen von ca. 20-30% politisch nicht durchsetzbar sind, wird sich das Arbeitslosenproblem so lange verschärfen, bis die
Arbeitnehmer erkennen werden, daß die simple Frage lautet: Will man den Euro oder will man wieder einen Arbeitsplatz? Damit dürfte sich das Schicksal des Euros von dieser Seite her entscheiden, so daß es voraussichtlich in zwei bis drei Jahren den Euro in seiner heutigen Form nicht mehr geben wird.
Die volkswirtschaftlich wohl beste Lösung wäre ein deutscher Euro-Austritt (Artikel am 02. Juli in der britischen "Financial Times": "A Euro crisis solution – a German exit"), dies wird aber aus politischen Gründen nicht stattfinden. Es ist also eher wahrscheinlich, daß die Mittelmeerländer nach und nach in den nächsten zwei bis drei Jahren austreten werden. Bis dahin können sich allerdings erhebliche weitere Verschuldungsberge auftürmen.
Bis zu einer marktwirtschaftlischen Lösung gibt es im Grunde nur zwei Wege, den praktisch schon seit Dezember nicht mehr selbständig lebenden Euro zu erhalten: Die Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen in den Mittelmeerländern kann einerseits durch – im wesentlichen – Gelder aus Deutschland, andererseits durch neu gedrucktes Geld geschlossen werden. Zunehmend wird die zweite Alternative (EZB-Gelddrucken) notwendig werden, da, die Club Med-Probleme Deutschlands Finanzkraft
weit übersteigen. Dies hieße am Schluß dann auch deutlich mehr Inflation ....

Mittwoch, 4. Juli 2012

Bundestag und ESM


Mit dem Einknicken der Bundeskanzlerin beim EU-Gipfel letzten Donnerstag und der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates zum ESM und zum Fiskalpakt haben die wichtigsten bundesdeutschen politischen Institutionen der Exekutive (Bundessregierung) und der Legislative (Bundestag, Bundesrat) versagt insofern, dass sie die Interessen des Souveräns sehr schlecht vertreten haben. 

In der historischen Perspektive ist Deutschland nicht das Land, das sich durch eine hohe Qualität von demokratischen Institutionen auszeichnet. England, die Schweiz aber auch Frankreich und die Niederlande haben da eine weitaus längere und bessere Tradition. 

Wenn die These von Acemolgu und Robinson in ihrem Buch „Why nations fail“ stimmt, dass für den langfristigen Wohlstand einer Gesellschaft weniger deren Wirtschaftspolitik oder kulturelle Faktoren sondern die demokratische Qualität ihrer politischen Institutionen zählt, dann ist es eigentlich nur konsequent, dass Deutschland mit diesen aktuellen Entscheidungen einen erheblichen Anteil seines Wohlstandes an die europäischen Nachbarn und/oder an weltweit agierende Finanzinteressen abgibt und in seinem Wohlstandsniveau zurückfallen wird.

Es bleibt abzuwarten, ob die Judikative (das Bundesverfassungsgericht) so stark ist, dass sie das Versagen der anderen Institutionen ausgleichen kann. Wie auch immer, letztlich ist es Aufgabe des Souveräns, also von uns allen, an der Qualität seiner Institutionen zu arbeiten und sich so einzubringen, dass sie in Zukunft besser werden. Für noch nicht etablierte Parteien in Deutschland, die es diesbezüglich besser machen wollen, könnte es derzeit keine besseren Voraussetzungen geben.

Sonntag, 1. Juli 2012

Tipp einer Neuenjährigen


Gestern abend versuchte ich meiner Tochter in einem Satz die aktuelle Eurozonenkrise zu erklären: Das Problem sei, dass unsere Steuergelder in die schwächeren Euroländer flössen und deshalb dort weniger Anreize entstünden, selbst effizienter zu wirtschaften. Die Antwort meiner Tochter erstaunte mich: Immer würde über Geld geredet und gestritten. Es wäre doch klar, dass wir in Europa einander helfen wollen. Wir sollten einfach den schwächeren Ländern dabei helfen, dass sie diese Dinge hinbekommen aber eben ohne Geld. Das erinnert mich an die Hinweise von Nils Minkmar in seinem FAZ-Artikel, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-methode-merkel-ich-bin-doch-hier-was-wollt-ihr-mehr-11804172.html : Außenminister Genscher hätte in dieser Situation seinen 2. Wohnsitz in Athen genommen und sich erst einmal mit dem griechischen Außenminister angefreundet und der amerikanische Stil von public diplomacy wäre es gewesen, Bill Clinton oder Bush Senior mit Kraftwerken oder Krankenhäusern im Gepäck hinzuschicken. 

Millionen als Mutmacher unter Freunden statt Milliarden.

"Währung" das falsche Wort für den Euro ?


Erstaunlich wie viel Wahrheit in der tieferen Bedeutung eines Wortes liegen kann:

Das Wort „Währung“ stammt vom mittelhochdeutschen „Werunge“ ab. „Werunge“ ist mit dem Wortstamm „Wert“ und „Wahr“ verwandt. Das Englisch/Amerikanische „currency“ stammt vom mittleralter-lateinischen „currentia“ ab, was widerum vom lateinischen „currens“ abstammt. „currens“ bedeutet „rennend“. Im lateinischen und englisch/amerikanischen Kulturraum stand und steht also die Funktion des Geldes umzulaufen im Vordergrund, also den Warenverkehr zu erleichtern. Im deutschen Kulturraum war die Funktion des Geldes als Wertaufbewahrungsmittel wortbildend. Beide Funktionen sind wichtige Geldfunktionen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es in der jeweiligen Gewichtung tatsächlich unterschiedliche Vorlieben gibt, die sich nicht nur in der Wortwahl, sondern auch in der Wertentwicklung einer Währung auswirken. Außerdem könnte man auch umgekehrt argumentieren, dass die mehr oder weniger unbewußt wahrgenommene Wortbedeutung die kulturellen Präferenzen einer Gesellschaft beeinflussen, ob sie eher eine stabile Währung entwickelt oder eher die Funktion eines flüssigen Warenaustausches im Vordergrund steht und der Werterhalt der genutzten Währung zweitrangig ist.
Im heutigen europäischen Zusammenhang schätze ich, dass die „lateinische“ Sichtweise dominierend ist und sich relativ schnell durchsetzen wird, auch und gerade in bezug auf den Euro. Dies konnte nicht deutlicher werden, als mit dem Ergebnis des EU-Gipfels vom Donnerstag. Die Idee Geld auf dem Sparbuch liegen zu lassen, wird wohl bald verschwinden. Deutschland ist seit einigen Jahren bereits in diesem Lernprozess wie der Anstieg der Immobilienpreise zeigt. Ich vermute, wenn wir Deutsche Europa wollen, sollten wir uns dieser Entwicklung öffnen. Vielleicht sollten wir nicht mehr von Währung sprechen, das wäre zu frustrierend, sondern, von „Lauferli“ ;-)? Wer hat eine gute Idee?

Mittwoch, 20. Juni 2012

Klasse statt Masse

Zur Frage wie die Zukunft der Europäischen Union zu gestalten ist, ist eine Möglichkeit noch mal neu zu schauen, wie auf europäischer Ebene Institutionen geschaffen werden könnten, die so gestaltet sind, dass sie sich durch außergewöhnlich große demokatische Qualität auszeichnen. Bei dem Prozess, dies im Einzelnen festzulegen, sollten wir gerade die Länder beteiligen, die hier die größte Erfahrung also die längste demokratische Tradition in Europa aufweisen. Das sind wohl Grossbritannien und die Schweiz. Letztlich wäre es gut, die europäischen Länder mit der höchsten institutionellen Qualität für diese europäsiche Union zu gewinnen bzw. von diesen abzufragen, wie sie sich die demokratische und institutionelle Gestaltung einer europäischen Union mit eigener Verfassung vorstellen, dass sie für sie attraktiv wäre. Der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International könnte für die institutionelle Qualität ein Indiz sein. Länder mit einem guten Korruptionswahrnehmungsindex in Europa sind Dänemark, Finnland, Schweden, Niederlande, Schweiz und Norwegen. http://www.transparency.de/Corruption-Perceptions-Index-2.1742.0.html

Für welche Politikbereiche bestünde denn die Aussicht, dass für alle diese Länder bei außergewöhnlich guten demokratischen Verfahren und Institutionen die europäische Union eine attraktive Ebene für die politischen Gewalten Exekutive, Legislative und Judikative wäre?

Möglicherweise nicht für viele aber lieber wenig und das richtig gut zusammen erledigen, eben Klasse satt Masse.

Ich persönlich könnte mir aus deutscher Sicht hier gut die Außen-und äußere Sicherheitspolitik auch mit einer gemeinsamen Armee vorstellen, sowie die Bereiche Umwelt, Wettbewerb, Verkehr und Gesundheit. Bei der Fiskalpolitik, Geldpolitik, Konjunkturpolitik, Arbeitsmarktpolitik, Sozialpolitik, Familienpolitik  und der Energiepolitik, wäre ich da vorsichtiger. Die Bildungspolitk und Kulturpolitik und die innere Sicherheit würde ich weiterhin auf der Ebene der Bundesländer ansiedeln.



Freitag, 15. Juni 2012

Frage zu Europa

Bisher besteht in Europa Konsens, dass die europäische Union wichtig ist, um mögliche militärische  Konflikte zwischen Nationalstaaten zu verhindern. Das ist bei der Erfahrung des zweiten Weltkrieges verständlich.

Kann es sein, daß die Angst vor einem Rückfall in zu starkes nationalstaatliches Denken eine Generationenfrage ist?

Kann es sein, daß die jüngere Generation da entspannter ist und die europäische Integration mehr und mehr Teil des Selbstverständnisses ist?

Kann es sein, daß wir uns deshalb entspannt in Europa in Richtung einer demokratischen Union souveräner Staaten weiterentwickeln können?

Vielleicht kann die Piratenpartei aufgrund ihres Altersmixes und ihres grundsätzlichen Potentials in der Vernetzung mit den anderen europäischen Piratenparteien dazu den Diskurs zu gestalten hier eine Vorreiterrolle spielen.

Dienstag, 12. Juni 2012

Gefahr für die Demokratie

Mit der weiteren Zuspitzung der Eurozonenkrise/Staatsschuldenkrise nehmen die Bemühungen der europäischen Regierungen und  Institutionen zu, durch weitreichende Veränderungen das bisherige System doch noch zu retten. Nachdem ESM und Fiskalpakt die Lage nicht beruhigen konnten, steht jetzt eine Bankenunion, eine Fiskalunion http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/spiegel-eu-plan-fuer-eine-echte-fiskalunion-a-837949.html und eine politische Union  http://www.focus.de/politik/ausland/eu/arbeitsplan-fuer-politische-union-merkel-sieht-europa-der-zwei-geschwindigkeiten_aid_763650.html auf der Agenda. Ganz deutlich bringt es der laut unterrichteten Kreisen weithin anerkannte grüne EU-Parlamentarier Sven Giegold auf den Punkt: " "Es geht um ein Bekenntnis zum Euro", sagt der Grünen-Abgeordnete Giegold. "Wir müssen uns endlich entscheiden, ob wir unsere Währung aufgeben wollen oder einen Teil unserer nationalen Souveränität." " gefunden hier: http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-06/euro-banken-regulierung/seite-1
Meine persönliche Meinung ist, daß ich zwar für Europa und eine weitere Integration bin, dass ich aber immer skeptischer geworden bin, ob dabei der Euro hilfreich ist sowohl für Deutschland als auch für alle anderen Euro-Länder. 
Nicht nur bei mir schlagen dabei die Alarmglocken. Medien, Parteien und Personen, denen ich sonst  nicht nahe stehe, geht es ähnlich, siehe hier:
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article106488386/Deutschlands-neue-Rolle-als-Krisen-Suendenbock.html
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/schuldenkrise-europa-in-not-deutschland-in-gefahr-11781892.html
Wie in meinem Blogbeitrag zur sunk cost fallacy
http://liberalundkooperativ.blogspot.de/2012_03_01_archive.html  beschrieben, glaube ich, dass die etablierten Politiker aus Angst vor dem Scheitern ihres Projektes und damit ihrem eigenen Scheitern immer größere Geschütze auffahren. Ich habe keine grundsätzlichen Vorbehalte gegenüber einer politischen Union, wobei ich noch gar keine Debatte darüber erkenne ob wir einen Bundesstaat oder einen Staatenbund wollen. Was es auch sein soll, es muß jedoch aus sich heraus Sinn machen und nicht geschaffen werden, um den Euro zu retten. Die aktuellen EU-Institutionen EU-Kommission und EU-Ratspräsidentschaft sind demokratisch unzureichend legitimiert. Dies müßte zunächst verbessert werden. Außerdem müßte die Möglichkeit von Volksentscheiden gestärkt werden. Es wäre auch zu prüfen, ob es neben dem EU-Parlament eine zweite Kammer wie in den USA oder in Deutschland geben sollte.
Grundsätzlich denke ich, daß die Qualität der politischen Institutionen eines Landes oder eines Staatenbundes/Bundesstaates entscheidend für den langfristigen Wohlstand seiner Bürger ist, wie es in dem Buch "Why nations fail" von Acemoglu und Robinson dargelegt wurde. http://www.amazon.de/Why-Nations-Fail-Origins-Prosperity/dp/0307719219/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1339484282&sr=8-1 Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, daß dies langfrisitg wichtiger ist als eine mehr oder weniger gute Wirtschaftspolitik. Man muß sich nur einmal den exorbitanten Wohlstand der Schweiz im Detail anschauen inklusive der ausgeglicheneren Verteilung des Wohlstandes im Vergleich zu den meisten anderen Ländern. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen lag in der Schweiz in 2009 schon über 9000 Franken, siehe z.B. Seite 11 von http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/publikationen.html?publicationID=4800 Der GINI-Index scheint dabei weitgehend stabil (siehe Seite 27).

Mein aktueller Stand noch sehr grober Stand ist, dass folgende Regeln formuliert werden sollten:

1. keine zusätzliche Übertragung von politischen Entscheidungsbefugnissen von nationaler Ebene auf europäische Ebene, bei der die europäische Ebene nicht mindestens genauso stark demokratisch legitimiert wird wie die nationale Ebene (z.B. direkte Wahl und Abwahl der Mandatsträger durch die Bevölkerung)
2. Analyse in wie weit dies in der Vergangenheit bereits falsch gelaufen ist
3. Messung der Qualität der wichtigsten politischen Institutionen auf nationaler und europäischer Ebene (dazu Entwicklung von Meßkriterien in einem demokratischen Verfahren)
4. keine zusätzliche Übertragung von politischen Entscheidungsbefugnissen von nationaler Ebene auf europäische Ebene, bei der die europäische Ebene über einen verlässlichen Zeitraum qualitativ nicht mindestens genauso gut gemessen wurde wie die abgebende Institution auf nationaler Ebene.
5. Analyse in wie weit dies in der Vergangenheit bereits falsch gelaufen ist

Freitag, 25. Mai 2012

Situationsbetrachtung Staatsschulden/Währungskrise

1. Staatsverschuldung hoch in USA, UK, Japan, in vielen Euroländern in % vom GDP + aktuell in vielen dieser Länder voraussichtlich weitere Staatsdefizite in 2012 und 2013, also erst mal kein Abbau möglich in % vom GDP

http://www.tradingeconomics.com/germany/government-debt-to-gdp (Basis Eurostat)

gov.d. in% GDP                   2009            2010             2011            2012 (est.?)

Deutschland:                              66,7          74,4              83,0            81,2
Griechenland                            113           129,4            145             165,3
Portugal                                     71,6         83,1              93,3          107,8
Spanien                                     40,2         53,9              61,2            68,5
Italien                                      105,7       116,0            118,6          120,1
Frankreich                                 68,2         79,2              82,3            85,8
USA                                          69,4          84,2             93,2           107      Bureau of Public Debt, 2012:NZZ/IMF
UK                                            54,4          69,6             79,6             85,7
Japan                                       195,0        216,3           220,3                        IMF

2. im Hinblick auf 1. möglicherweise zu niedriges reales Wachstum bzw Rezession. Es ist fraglich wo und ob geldpolitische und/oder fiskalpolitische Impulse noch einsetzbar sind (Inflationsgefahr, Vertrauensverluste ggü. Staatsdefiziten) bzw. etwas bringen würden (bei mangelndem Verbrauchervertrauen bleibt der Konsum niedrig, bei mangelndem Unternehmensvertrauen bleiben die Investitionen niedrig). ABER: Es ist möglich, daß das hohe Wirtschaftswachstum der Schwellenländer und Wohlstandssteigerungen durch Innovationen (systeminhärentes Wachstumspotential der freien Marktwirtschaft) einzeln oder in Summe aussreichen, daß das GDP in obigen Ländern trotzdem real über viele Jahre so weiter wächst, daß die Staatsverschuldung in % vom GDP deutlich abgebaut werden kann (ich persönlich bin diesbezüglich skeptisch, kann diese Effekte aber nicht quantifizieren. Irgendwo habe ich gelesen, dass vor Einführung des Buchdrucks, das handschriftliche Anfertigen einer Bibel den Gegenwert von 2 Fachwerkhäusern hatte. Seitdem denke ich, daß man den Wohlstandseffekt durch technische Innovationen nicht unterschätzen sollte.)

GDP annual growth rate    2011       2012
Deutschland:                    ca 3%      ca. 2%   Bundesamt für Statistik http://www.tradingeconomics.com/germany/gdp-growth-annual
Griechenland                   < - 5%     < - 5%   Hellenic Statistic. http://www.tradingeconomics.com/greece/gdp-growth-annual
Portugal                         ca. - 2%   ca. - 2%   Instit.Nat.de.St. http://www.tradingeconomics.com/portugal/gdp-growth-annual
Spanien                            < 1%    negativ      INE http://www.tradingeconomics.com/spain/gdp-growth-annual
Italien                              < 2%     negativ      ISTAT http://www.tradingeconomics.com/italy/gdp-growth-annual
Frankreich                   ca. 1,8%    ca. 0,2%   INSEE http://www.tradingeconomics.com/france/gdp-growth-annual
USA                           ca. 2%         ca. 2%      Bureau of econom.analysis http://www.tradingeconomics.com/united-states/gdp-growth-annual
UK                              ca. 2%        ca. 2%      wie usa http://www.tradingeconomics.com/united-kingdom/gdp-growth-annual
Japan                           ca. 0%        ca 2%      The Cabinet office http://www.tradingeconomics.com/japan/gdp-growth-annual

Konsumentenvertrauen
Deutschland   leicht über mittel http://www.tradingeconomics.com/germany/consumer-confidence
Spain              sehr niedrig http://www.tradingeconomics.com/spain/consumer-confidence
Italien             niedrig  http://www.tradingeconomics.com/italy/consumer-confidence
Japan              mittel  http://www.tradingeconomics.com/japan/consumer-confidence
UK                 sehr niedrig http://www.tradingeconomics.com/united-kingdom/consumer-confidence
US                  relativ niedrig http://www.tradingeconomics.com/united-states/consumer-confidence
China              relativ niedrig http://www.tradingeconomics.com/china/consumer-confidence
Brasilien         sehr hoch ! http://www.tradingeconomics.com/china/consumer-confidence
Mexico           ziemlich hoch http://www.tradingeconomics.com/mexico/consumer-confidence
Indonesien      relat.hoch http://www.tradingeconomics.com/indonesia/consumer-confidence

3. Leistungsbilanzdefizite in USA und Südeuropa können zahlungsbilanztechnisch nur über Kapitalimporte ausgeglichen werden. (Wenn diese aber plötzlich ausbleiben muss auch das Leistungsbilanzdefizit abgebaut werden: Falls nicht mehr exportiert werden kann muß weniger importiert werden oder FRAGE falls das nicht geht, ganz schnell ganz viel zusätzliches Geld geschaffen werden [Kauf von Staatsanleihen durch die FED/Inflationsgefahr]) Hintergrund: Bezüglich der USA (auch Europa?) kauft China Devisen um exportieren zu können, indem es die eigene Währung künstlich schwächt. Außerdem gibt es Länder wie Saudiarabien, die ebenfalls nicht aus volkswirtschaftlichen sondern aus politischem Kalkül Kapital in die USA exportieren. Damit kann ein volkswirtschaftlicher Regelmechanismus/Zusammenhang gestört werden aber nach meiner Einschätzung nicht dauerhaft ignoriert werden. Die Frage ist ob es aus dieser Störung eine moderate Korrektur geben kann. China würde peu a peu aufwerten und sein Wirtschaftswachstum mehr und mehr aus internem Konsum ziehen. (die USA abwerten und mehr exportieren). Oder ob es zu einem Kollaps kommt. China würde aprupt US Staatsanleihen verkaufen (oder die USA Staatsanleih. in chinesicher Hand offiziell nicht zurückzahlen), in Saudiarabien käme es doch zu einem Politikwechsel.

Current account by country (Leistungsbilanz)

Griechenland     neg.        http://www.tradingeconomics.com/portugal/balance-of-trade
Portugal             neg.        http://www.tradingeconomics.com/portugal/current-account
Spanien             neg.         http://www.tradingeconomics.com/spain/current-account
Italien                neg.        http://www.tradingeconomics.com/italy/current-account
Frankreich         neg.!        http://www.tradingeconomics.com/france/current-account
USA                  neg.         http://www.tradingeconomics.com/united-states/current-account
UK                    neg.         http://www.tradingeconomics.com/united-kingdom/current-account
Japan               positiv      http://www.tradingeconomics.com/japan/current-account

Balance of trade by country (Handelsbilanz)

Griechenland     neg.      http://www.tradingeconomics.com/portugal/balance-of-trade
Portugal        leicht neg.  http://www.tradingeconomics.com/portugal/balance-of-trade
Spanien             neg.        http://www.tradingeconomics.com/spain/balance-of-trade
Italien                pos.        http://www.tradingeconomics.com/italy/balance-of-trade
Frankreich         neg.       http://www.tradingeconomics.com/france/balance-of-trade
USA                  neg.       http://www.tradingeconomics.com/united-states/balance-of-trade
UK                    neg.       http://www.tradingeconomics.com/united-kingdom/balance-of-trade
Japan             ca. 0          http://www.tradingeconomics.com/japan/balance-of-trade

4. In Südeuropa besteht die Problematik, daß im Vergleich zu Kerneuropa geringe Wettbewerbsfähigkeit nicht durch eine Währungsabwertung ausgeglichen werden kann. (Der Euro kann aber insgesamt nach aussen abwerten). Alternativen wäre Senkung der Produktionskosten in Südeuropa durch massive Lohnsenkungen - dem stünde massiver Widerstand der Bevölkerung entgegen - und/oder massive Lohnerhöhungen bei uns mit gleichzeitiger Abwertung des Euro: Wir würden quasi in den allgemeinen Abwertungswettlauf einsteigen. Auch dies könnte wohl in der Praxis nur moderat eingesetzt werden. Eine dauerhafte Transferunion läßt sich ebenfalls politisch wohl kaum durchsetzen (zum Glück). Falls diese drei parallel nutzbaren Optionen scheitern, bliebe für die betroffenen Länder nur die vierte Möglichkeit der Wiedereinführung von nationalen Währungen parallel zum Euro. Intuitiv bin ich mir ziemlich sicher, dass es dazu kommen wird und zwar nicht nur in Griechenland sondern auch in Portugal und ich vermute ebenfalls in Spanien.

Wirtschaftspolitisch hiese das:
- keine zusätzlichen Bailoutprogramme durch Deutschland,
- Beibehaltung der Ziele mittelfristig die Staatsverschuldung in Deutschland auf das
Niveau der Maastrichtkriterien zurückzuführen (60%)
- Befürwortung von moderaten Lohnsteigerungen wie sie derzeit von den Tarifparteien
angegangen werden, fairen Löhnen im Bereich Zeitarbeit
- allenfalls moderate Konjukturprogramme
- ggf. nutzen des ESM statt für Kauf von Staatsanleihen strauchelnder Staaten zur Finanzausstattung von wichtigen insolventen Banken mit öffentlichem Interesse (Kreditgeber für den Mittelstand), siehe Artikel Professor Harald Hau und Professor Bernd Lucke http://www.wiso.uni-hamburg.de/lucke/wp-content/uploads/2011/04/Hau-Lucke-Alternative-zum-Rettungsschirm-FAZ-16.9.11.pdf.

außerdem schlage ich vor:
- Förderung von Wirtschaftswachstum über Innovation durch gute Bildungssysteme, Förderung von Grundlagenforschung und Förderung von Technologie-Start-Ups mit Kapital wie in der Schweiz
- die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wie im ZEIT-Artikelhttp://www.zeit.de/2012/07/Finanzmarkt-Steuer beschrieben

Alternative Deutschland geht raus aus dem Euro:
Dies scheint mir aus politischen Gründen nicht sinnvoll. Dadurch würden wir uns von unserem wichtigsten Partner Frankreich aber auch den Interessen unsere anderen wichtigen Partner in Europa und USA isolieren. Volkswirtschaftlich überwögen die Vorteile die Nachteile nach meiner Einschätzung wenn es so gestaltet werden kann, dass die bisher aufgelaufenen Staatsschulden einschließlich der Rettungsprogramme weiter in Euro lauten: dauerhaft stabile Währung, zwar Rückgang des Handelsbilanzüberschusses aber Möglichkeit dies bei den Produktionskosten und im Konsum durch niedrigere Importpreise abzufedern (Energie). (Vorbild, Schweiz, Norwegen, Dänemark, Neuseeland). Folgt man der Argumentation Professor Flassbecks http://www.zeit.de/2012/07/Finanzmarkt-Steuer, dass Südeuropa nur geholfen werden kann, wenn Deutschland um circa 20-30% aufwertet, würde dies sehr schnell erreicht.

Insgesamt hilfreich finde ich neben dem Vortrag von Professor Flassbeck den Vortrag von Professor Hans-Werner Sinn http://www.youtube.com/watch?v=OGGDl_eJte8&feature=related und den Monatsbericht Mai der Deutschen Bundewsbank http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichte/2012/2012_05_monatsbericht.pdf?__blob=publicationFile

5. Weiterhin problematisch sind die zunehmenden Unterschiede in der Einkommens-und Vermögensverteilung in Deutschland (insgesamt aber siehe auch Billiglöhne, 1-Euro-Jobber), siehe auch Reichtumsforschung. Vielverspechend n.m.E. die Verbesserung der Löhne im Bereich Zeitarbeit http://www.tagesschau.de/wirtschaft/leiharbeiter108.html; hier würde ich bei der Erbschaftsteuer ansetzen und die Freibeträge an die Inflation anpassen, darüber hinaus aber die Sätze erhöhen und dafür werben, dass Nachbarländer in eine ähnliche Richtung gehen (Österreich bisher keine Erb.steuer).

6. Ich halte es für sehr gut möglich, daß es langfristige Zyklen von ca. 70-100 Jahren gibt, in denen sich Phasen von Wachstum und Verfall, ausgeprägtem Individualismus und stärkerem Zusammenhalt etc. abwechseln, und dass die Menschen instinktiv spüren, wenn ein Wechsel kommt bzw. sogar das Gefühl haben, dass er an der Zeit ist.

7. Darüber hinaus ist es ebenfalls möglich, dass wir an einer noch langfristigeren Zeitenwende stehen und sich nach den Phasen des Feudalismus, der kapitalistischen Bürgergesellschaft eine neues Gesellschaftssystem ausbildet, dass z.B. kooperativer, basisdemokratischer und bewusster ist. Geht BGE in diese Richtung?
Zwischenstand Finanzmärkte 13. Mai 2012

Bezüglich der Entwicklung von Euro, Dollar, Immobilien, Aktien und Rohstoffen scheint mir vieles offen. Die Staatsschuldenkrise in Europa scheint noch nicht ausgestanden, auch die USA, England und Japan haben weiter hohe Staatsschulden. Die Anlagemärkte Aktien und Rohstoffe befinden sich im Rückgang, die Immobilienmärkte in Südeuropa sowieso. In den Großstädten in Deutschland sind die Preise bei Wohnimmobilien dagegen auf einem sehr hohen Niveau angelangt. Bei Gewerbeimmobilien wurde diese Woche entschieden, daß der offene Immobilienfonds SEB Immoinvest liquidiert wird und damit Gewerbeimmobilien mit einen Marktwert von 17 Milliarden Euro in den nächsten Jahren auf den Markt gelangen.
Wie würde ich mich derzeit als Privatanleger positionieren?:
Ich halte weitere Turbulenzen auf den Finanzmärkten für wahrscheinlich in 2012/2013, circa 3:1, und eine Währungskollaps von € und/oder, $, YEN und Britischem Pfund ebenfalls bis 2015, circa 2:1. Letztlich ist eine Rückgang der Anlagemärkte wie in 2008/2009 möglich, als der DAX und Silber um circa 50% korrigierten, Gold um circa 25%. Geht man von den Höchstständen 2011 aus, wäre eine Korrektur beim DAX auf 4000-5000, bei Gold auf unter 1500 $ je Unze, und bei Silber auf 25$ möglich. In einem inflationären Scenario oder bei einem Währungskollaps würden die Preise dann wieder ansteigen und die bisherigen Höchststände überschreiten. Eine sinnvolle Gewichtung von Vermögen wäre 1/4 Immobilien, 1/4 Aktien und 1/4 Edelmetalle und 1/4 Geld. Bei ersteren würde ich derzeit nur in Wohnimmobilien und ohne Hebel (Kredit) investieren und nur wenn das Preis/Ertragsverhältnis attraktiv ist.  Bei letzerem würde ich keine Rentenpapiere kaufen, sondern am ehesten Devisen wie dem Schweizer Franken oder Norwegischen Kronen. Denkbar ist dass im Rohstoffsektor Lebensmittel weniger stark korrigieren als Edelmetalle oder Industriemetalle, da in den Konsumentenmärkten bereits jetzt Inflation zu verzeichnen ist.
Das Gegensenario wäre, dass die Wachstumsraten in Europa wieder zunehmen, evtl. gezogen vom Wachstum der Schwellenländer und/oder Innovationen und sich die Staatshaushalte fangen. Dann würden Edelmetalle dauerhaft deutlich sinken, nach meiner Schätzung um 60% -80%.

Donnerstag, 1. März 2012

sunk cost fallacy / Warum Politiker am Euro festhalten

Es ist erstaunlich, der Bundestag beschließt mit großer Mehrheit am 27.02.2012 einen zweites Rettungspaket für Griechenland und die große Mehrheit der Bevölkerung ist dagegen.

Darauf paßt sehr gut einer von 52 von Rolf Dobelli in seinem Buch „Die Kunst des klaren Denkens“ beschriebenen Denkfehlern: die sunk cost fallacy: Er schreibt unter anderem: „Jede Entscheidung, ob privat oder geschäftlich, geschieht stets unter Unsicherheit. Was wir uns ausmalen, mag eintreffen oder nicht. Zu jedem Zeitpunkt könnte man den eingeschlagenen Pfad verlassen, zum Beispiel das Projekt abbrechen und mit den Konsequenzen leben. Diese Abwägung unter Unsicherheit ist rationales Verhalten. Die sunk cost fallacy schnappt dann zu, wenn wir schon besonders viel Zeit, Geld, Energie,... investiert haben. Das investierte Geld wird dann zur Begründung, weiterzumachen, selbst wenn es objektiv keinen Sinn macht. Je mehr investiert wurde, also je größer die sunk costs sind, desto stärker ist der Drang, das Projekt fortzuführen.“

Weiter schreibt Dobelli: „Warum dieses irrationale Verhalten? Menschen streben danach, konsistent zu erscheinen. Mit Konsistenz signalisieren wir Glaubwürdigkeit. Widersprüche sind uns ein Gräuel. Entscheiden wir, ein Projekt in der Mitte abzubrechen, generieren wir Widerspruch: Wir geben zu, früher anders gedacht zu haben als heute. Ein sinnloses Projekt weiterzuführen, zögert diese schmerzliche Realisierung heraus. Wir erscheinen dann länger konsistent.“

Ich vermute, das erklärt die große Diskrepanz zwischen Politikern und Bürgern. Die Politiker haben sich nicht nur mehr mit dem Europrojekt beschäftigt. Sie sind Akteure dabei gewesen im deutlichem Gegensatz zur normalen Bevölkerung. Möglicherweise gilt dies sogar in etwas abgeschwächter Form für viele Journalisten, die diese Entwicklung seit den 1980er und 1990er Jahren begleitet haben.

Mittwoch, 29. Februar 2012

Wie war das damals bei der Euroeinführung ?

Gestern las ich weiter in dem Buch von Rolf Dobelli über verschiedene Denkfehler, insgesamt eine ernüchternde und verwirrende Lektüre für mich.
Nebenbei sei dazu angemerkt, daß so viele Irrtumsmöglichkeiten in nicht streng naturwissenschaftlichen Bereichen die Vermutung bestärken, daß allein mit dem Verstand viele Fehlurteile zustande kommen und dass es besser ist, eine tiefere, nur intuitiv zugängliche Weisheit zusätzlich zu nutzen, wie es zum Beispiel Eckhart Tolle in seinem Buch "Jetzt" anspricht. Aber dies muß jeder für sich selbst entscheiden.
Ein Fehler, den Dobelli anspricht, ist die Überschätzung der eigenen Vorhersagemöglichkeiten und die Tendenz alles im Nachhinein gut erklären zu können, aber anzunehmen, dass man dazu auch im Vorwege in der Lage gewesen wäre. Er schlägt deshalb vor, eher Tagebuchaufzeichnungen oder Zeitdokumente statt historische Betrachtungen zu lesen. Ich habe gestern angefangen zu googeln um herauszufinden, wie denn das war mit der Euroeinführung, warum wollten wir denn das? [Hintergrund ist die Überlegung, daß man zur Vermeidung der sunk cost fallacy (siehe extra Eintrag kommt noch) noch mal ganz neu ganz nüchtern schauen sollte, warum man den Euro möchte, in welcher Form und unter welchen Bedingungen und ohne Berücksichtigung der bisher aufgelaufenen Kosten oder Erträge. Da mir selbst wenig Gründe einfielen, wollte ich sehen, warum wir ihn früher einführen wollten.]
So lag beispielsweise Helmut Schmidt 1996 in vielem daneben, erwähnte damals aber auch schon Griechenland, Portugal und Spanien http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8871275.html. Stoiber soll damals ein Euroskeptiker gewesen sein, ich habe leider nichts konkretes gefunden, aber vielleicht ahnte er doch mehr als viele andere.
Erstaunlich für mich kam dabei heraus, daß es wohl viele Skeptiker gab und dass es wenig volkswirtschaftliche Gründe sondern eher politische Gründe waren, wie das Argument, den europäischen Einigungsprozeß zu unterstützen. Besonders fiel mir auf, daß im Maastrichtvertrag zwar Konvergenzkriterien als Bedingungen für einen Beitritt definiert wurden, daß aber keine Meßgröße definiert wurde, die festgelegt hätte, wann das Projekt als gescheitert zu betrachten wäre. Ich weiß nicht ob der Vergleich trägt, aber wenn ich an der Börse unter Unsicherheit ein Spekulationsgeschäft eingehe und dabei eine bestimmte Erwartungshaltung zugrunde lege, wie sich etwas entwickelt, sollte ich auch eine Gegenentwicklung antizipieren und im vorhinein defineren, wann ich meine Spekulation als gescheitert betrachte, wann ich aussteige und wie hoch die Kosten dafür maximal sein werden. Ich sollte in der Lage sein, diesen Maximalverlust zu tragen und dafür die Verantwortung zu übernehmen. Sinn macht das Spekulationsgeschäft dann, wenn ich beiden Fällen eine so unterschiedliche Wahrscheinlichkeit zuweise, daß sich wahrscheinlichkeitsgewichtet ein Gewinn errechnet, der für mich das Risko lohnt. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, daß man im Negativfall aus dem Trade herauskommt ohne unkalkulierbare Verluste oder einen Totalverlust tragen zu müssen.
Im Fall des Euro ist mir von einem solchen Versagenscenario nichts bekannt. Wäre es erstellt worden, wäre es zumindest in Bezug auf Griechenland nach meiner Einschätzung bereits erreicht. Dann wäre man auch möglicherweise in der Lage, die Diszilpin für einen Ausstieg aufzubringen und dies gerade nicht wie Frau Merkel in ihrer Erklärung zur Griechenlandhilfe vor dem deutschen Bundestag vom 27.02.2012 als ein Abenteuer zu bezeichnen.
Dazu paßt auch, daß im neuen Fiskalpakt die Strafen bei Fehlverhalten sehr gering ausfallen. Ich hielte es für angebrachter, ein Ausschluß aus der Währungsunion als Folge sehr wahrscheinlich werden zu lassen.